Quer durch Deutschland Vater und Sohn mit grenzenloser Wanderlust

Homburg/St. Ingbert · Arno Meyer ist mit Sohn Fabio die Tour vom Saarland bis nach Polen gewandert. Nach 1000 Kilometern sind beide gut angekommen.

 Nach zehn Etappen, die sich über fast fünf Jahre zogen, erreichten Fabio und Arno Meyer in den Sommerferien nach 1100 Kilometern glücklich das Ziel ihre Wanderung – das polnische Stettin.

Nach zehn Etappen, die sich über fast fünf Jahre zogen, erreichten Fabio und Arno Meyer in den Sommerferien nach 1100 Kilometern glücklich das Ziel ihre Wanderung – das polnische Stettin.

Foto: Cornelia Jung

Wenn die Sommerferien zu Ende sind, heißt das Thema für den ersten Schulaufsatz meist „Mein schönstes Ferienerlebnis“. Waren früher noch Urlaube an Nord- und Ostsee oder in Italien das Ferienziel von zahlreichen Schülern und deren Eltern, geht es heute mit dem Flieger in den Urlaub und damit tausende Kilometer weit weg von der saarländischen Heimat. Dass auch ein Wanderurlaub in Deutschland neben der Anstrengung jede Menge Spaß, Abenteuer und viele neue Eindrücke bringen kann, bewiesen Arno Meyer und sein Sohn Fabio mit einer heimatlichen Ferntour der sehr besonderen Art.

Arno Meyer, der in St. Ingbert arbeitet und in Illingen lebt, ist gerne per pedes unterwegs, nicht nur in Sachen Müllsammeln in der Mittagspause (wir berichteten). In einem Urlaub 2014, sein Sohn Fabio war da gerade mal acht Jahre alt, schmiedeten die beiden bei einer Strandwanderung einen Plan und setzten für dessen garantierte Durchführung auch gleich einen exklusiven Vertrag auf. Sie wollten gemeinsam wandern, nur Papa und Sohn. In ein Land, in dem beide noch nie waren. So wurde Polen zum Ziel erkoren, genauer gesagt Stettin, die nächste größerer Ostsee-Stadt hinter der Grenze zwischen Deutschland und Polen.

Eigentlich sei Fabio gar nicht so der Wanderfan, verrät Arno Meyer, aber die Aussicht, seinen Vater mehr als 1100 Kilometer für sich zu haben, ließ ihn den Vertrag besiegeln. Außerdem stand in ihm auf Antrag des Jungen, dass auch mal eine Fastfoodkette angesteuert werden müsse, was dann doch nicht in Anspruch genommen wurde. Das Unternehmen, das in den Herbstferien 2014 begann und nach zehn „Einheiten“ zu je einer Woche mit insgesamt 51 Etappen nun im Sommer mit der Ankunft in Polen seinen Abschluss fand, war sehr vorbereitungsintensiv. Rund zehn Stunden habe Arno Meyer pro Etappe investiert. Er plante die Route mit einer App, die er je nach Attraktivität und Verfügbarkeit von Unterkünften in Pensionen, einem Bürgerhaus, „air bnb“-Angeboten, Hotels und vor allem Jugendherbergen modifizierte. Allein das kostete Tage.

„Ich wandere schon sehr gerne, aber solch ein Projekt habe ich noch nicht gemacht“, sagt der Software-Entwickler, der froh ist, dieses Erlebnis mit seinem nun 13-jährigen Sohn über die Jahre geteilt zu haben. „Ich bin kein besonders mutiger Mensch, aber beharrlich“, meint der 47-Jährige nach gelungener Tour, die die beiden Meyers in fast zwei Monaten vom äußersten Westen Deutschlands in dessen östlichste Ecke und darüber hinaus führte.

Vater und Sohn seien unterwegs auch mal uneins gewesen, aber das tiefe Vertrauen ineinander und das Ziel zogen sie immer wieder vorwärts. Auf der Wanderung, bei der es auch eine Einzelstrecke von 34 Kilometern gab, sahen die beiden jede Menge Interessantes. Sie erlebten bei ihrem Weg durch neun Bundesländer Tiere wie Schwarzspechte, See- und Fischadler, Kraniche, viele Reptilien, besuchten aber auch eine Einsiedelei bei Bad Kreuznach, überschritten den 50. Breitengrad und streiften mehrere Burgen. Es war aber auch eine Reise mit deutscher Symbolik. Arno zeigte Fabio, der eine chinesische Mutter hat, Point Alpha bei Fulda in Hessen, wo die deutsche Trennung und Wiedervereinigung in einem Museum dokumentiert ist.

Aber auch Weimar werden sie nicht vergessen. Wollte Arno Meyer mit Rücksicht auf das Alter seines Sohnes ursprünglich nur bis zum Denkmal auf dem Ettersberg, legte der Zwölfjährige Wert darauf, auch das benachbarte Konzentrationslager Buchenwald zu besuchen. Mit bleibenden Eindrücken für den Erwachsenen und das Kind. Mit der Zeit seien die Rucksäcke immer leichter geworden, in denen Blasenpflaster und eine Powerbank fürs Handy nicht fehlen durften, denn die WanderApp auf GPS-Basis zog jede Menge Energie. Nicht immer wies die App den richtigen Weg – einmal führte sie die Wanderer in einen Sumpf. Aber selbst wenn sie auf Kurs waren, sei die Strecke nicht immer ein Zuckerschlecken gewesen.

Meist war den Fernwanderern das Wetter hold, bis auf Orkan „Niklas“ im Jahr 2015, einen Sandsturm und eine megaheiße Etappe auf Asphalt und Schotter in Thüringen, auf der sie von stechwütigen Insekten förmlich „ausgebremst“ wurden. „Wir hätten mehrmals Grund gehabt abzubrechen, haben es dann aber trotzdem nicht gemacht“, sagt Arno Meyer und ergänzt, dass es auch Belohnungen wie ein einfaches Essen und natürlich das ersehnte Ziel waren, die sie in diesen Fällen nicht aufgeben ließen. Nun ist die Tour, nach der sie von Freunden und Mutter Miao und Schwester Alia im polnischen Stettin standesgemäß mit eigens für diesen Anlass bedruckten T-Shirts empfangen wurden, vorbei.

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