Anwalt blättert in Ermittlungsakten

St Ingbert · Zur Bläse-Stiftung habe OB Hans Wagner nicht die ganze Wahrheit gesagt, meint Prof. Guido Britz. Der Anwalt von Georg Jung erläutert zudem, in welche Ermittlungsverfahren sein Mandant seit fast zwei Jahren verstrickt ist. Schwerpunkt der Ermittlungen ist dabei der sogenannte Spendenverein.

. Am Entscheid der Aufsichtsbehörde zur Bläse-Stiftung für Wohlfahrtspflege in St. Ingbert besteht auch für Prof. Guido Britz kein Zweifel. Deren rechtmäßiger Vorsitzender sei Oberbürgermeister Hans Wagner. Dennoch ist aus Sicht des Strafverteidigers, der Ex-OB Georg Jung vertritt, Wagners öffentliche Darstellung des Bläse-Beschlusses zu hinterfragen. So habe Wagner den Aufsichtsentscheid von Anfang Juli erst Ende August 2013 dem Stiftungsvorstand vorgelegt. "Da war aber die vierwöchige Widerspruchsfrist, von der auch Georg Jung als Vorsitzender zum Zeitpunkt der umstrittenen Satzungsänderung hätte informiert werden müssen, schon abgelaufen", so Britz.

Und auch mit einer Strafanzeige habe Hans Wagner selbst genauso gehandelt, wie er es Jung vorwerfe. "Diese Anzeige wegen vermeintlicher Veruntreuung von Stiftungsgeldern durch ein Gutachten wurde bereits im Juni 2013 über eine Saarbrücker Anwaltskanzlei gestellt. Die beauftragte der OB ohne Vorstandsbeschluss", sagt Britz. Der strafrechtlichen Prüfung des Gutachtens habe der Stiftungsvorstand erst drei Monate später mehrheitlich zugestimmt. Strafrechtlich ist für Jungs Anwalt das für über 30 000 Euro bei einer Münchner Kanzlei eingeholte Gutachten zu einer geplanten Satzungsänderung nicht zu beanstanden, "weil kein Schaden entstanden ist". Das Gutachten sei vom zuständigen Ministerium verlangt worden und liege ja auch vor - unabhängig von dessen späterer Bewertung.

Etwas Licht ins juristische Dunkel versuchte Guido Britz auf Nachfrage der SZ in die Ermittlungsverfahren zu bringen, die gegen Ex-OB Jung laufen. Ermittelt wurde demnach wegen etlicher Anzeigen, die Britz als "Kleinverfahren" wertet - die Vorwürfe reichten von Jungs Spatensammlung bis zur Urkundenfälschung bei Hans Wagners Amtseinführung. Britz sieht daneben allerdings ein "Riesenverfahren". Dabei gehe es um den "Verein zur Förderung der sozialen und kulturellen Belange der Mittelstadt". Wegen dieses sogenannten Spendenvereins habe OB Hans Wagner bereits im Juni 2012 gegen Jung und andere Vorstandsmitglieder Strafanzeige erstattet. Der Vorwurf der Vorteilsnahme hat umfängliche Ermittlungen ausgelöst. "Die Vernehmungsakten umfassen inzwischen fast 20 Leitz-Ordner", so Britz. Denn auch alle Spender des Vereins, der eine finanzielle Grundlage für eine St. Ingberter Bürgerstiftung schaffen soll, bekamen es wegen möglicher Vorteilsnahme mit der Staatsanwaltschaft zu tun. Für Britz ein fatales Signal: "Kein Sponsor wird in St. Ingbert mehr soziale Zwecke bedenken, wenn das sofort als juristisch anrüchig gilt."

Auch wenn Jung nach Einschätzung seines Anwalts keinerlei materiellen Vorteil durch den Spendenverein hatte, werde diese Sache - im Unterschied zu den anderen Strafanzeigen - "streitig" ausgehen, sprich vor Gericht landen. Und mehr noch. Der Strafverteidiger prophezeit einen jahrelangen Rechtsstreit durch alle Instanzen - bis zum Bundesgerichtshof. "Die Vorwürfe beim Spendenverein berühren strafrechtlich ganz grundsätzliche Fragen rund um den inzwischen weit gefassten Begriff der Korruption."

Beim Spendenverein ist noch ein zweiter Streit anhängig. Wer nämlich nach dem Auflösungsbeschluss dessen Liquidator sein darf. Auch hier geht es um die Frage Jung oder Wagner? Und aus Britz' Sicht überflüssigerweise wieder ums Prinzip. "In der Satzung des Spendenvereins ist klar geregelt: Wird der Verein liquidiert, fällt das Vereinsvermögen für eine Stiftungsgründung an die Stadt", betont der Anwalt. Ob Jung oder Wagner das als Liquidator veranlasse, sei letztlich egal.

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