Konzert Münchner Pianistin spielte sich in die Herzen der St. Ingberter

St. Ingbert · Anna Handler hatte am Mittwoch Bachelorprüfung in München. Ihr Konzert in der Christuskirche in St. Ingbert war dafür eine Art „Generalprobe“.

 Anna Handler aus München spielte in der Christuskirche.

Anna Handler aus München spielte in der Christuskirche.

Foto: Cornelia Jung

Wer das Konzert mit der Pianistin Anna Handler am Sonntag in der Christuskirche erlebte, dürfte sich noch lange an diesen wunderbar intensiven und informativen Abend erinnern. Denn der Auftritt der 22-jährigen Musikerin aus München, den die Zuhörer dem Förderverein für Kirchenmusik an der Martin-Luther- und an der Christuskirche zu verdanken hatten, war in vielerlei Hinsicht einzigartig.

Da steht eine junge Frau, die aus einem deutsch-kolumbianischen Elternhaus stammt und erst in dieser Woche an der Münchner Musikhoschschule ihre Bachelorprüfung ablegt, souverän vor ihrem Publikum und erzählt mit solcher Leidenschaft von den Komponisten und ihrer Musik, als hätte sie die Entstehungsgeschichte der Stücke von Robert Schumann, Johann Sebastian Bach, Joseph Haydn und Alexander Skrjabin selbst erlebt. Ein großer Teil ihres Studiums habe der Klaviergeschichte gegolten. Ein Lehrinhalt, der die junge Frau nachhaltig geprägt zu haben scheint.

Denn sie wünsche sich von ihren Konzertzuhörern, sie mögen „im Wissen hören“. Mit den nötigen Hintergrundinformationen hört man tatsächlich intensiver, meint selbst Teil der Musik zu sein, versucht, Stimmungen zu ergründen, träumt sich „weg“ – Bilder entstehen im Kopf. Während die Besucher „wissend hören“, spielt sie im Wissen um die Gedanken der Komponisten, im Wissen um die Personen, denen die Stücke gewidmet sind, oder im Wissen um die musikalische Vorlage. Sie forderte die Besucher auf, beispielsweise Robert Schumanns acht Fantasiestücke op.12 (1837) mit Titeln wie „Des Abends“, „Warum“, „In der Nacht“, Fabel, „Traumes Wirren“ oder „Ende vom Lied“ in Kombination mit dem von ihr vorgetragenen Eichendorff-Gedicht „Der Abend“ sowie dem Text des Volksliedes „Es waren zwei Königskinder“ auf sich wirken zu lassen. Klatschen während des ersten Teils sei daher nicht erwünscht. Doch so wie sie es sagte, fühlte man sich nicht bevormundet sondern gut eingeführt. Und schnell wurde deutlich, warum die Bitte erging. Die Zuhörer konnten sich ganz auf diese Fantasiereise konzentrieren und ihre Gedanken schweifen lassen, schauten auf die Finger der Pianistin und in deren Gesicht, wo sie nichts als Hingabe sahen. Der letzte Ton des ersten Teils klang noch lange nach und der begeisterte Applaus brach sich Bahn. „Nun wissen Sie, warum ich die junge Dame im September 2018 in Meiningen vom Fleck weg engagieren musste“, sagte Christoph Jakobi. Dort in Thüringen hatte Handler am internationalen Hans von Bülow-Wettbewerb teilgenommen, aus dem sie als Preisträgerin in der Kategorie Dirigieren vom Klavier hervorging, einer Musizierform, wie sie zu Mozarts Zeiten üblich war.

Vor dem Bach-Stück Präludium und Fuge b-moll gab es für die Musikinteressierten noch Wissenswertes zur Entstehung und dem Aufbau eines solch „bipolaren Zyklus“, bei dem die Reihenfolge, im Gegensatz zu Schumanns gespielten Fantasien, festgelegt ist. „Der nächste Komponist ist der Grund, warum ich hier bin“, sagte Handler über Joseph Haydn, den sie als ihren Lieblingskomponisten bezeichnet. Nicht immer sei ihr „Verhältnis“ zu ihm solch ein inniges gewesen, doch „wenn ich ihn heute spiele, dann spüre ich nicht so einen Druck wie beispielsweise bei Mozart“. Sie finde immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen sich und ihm. Das Vivace assai, ein „ziemlich lebendiger“ Satz der Sonate D-Dur Nr.56, sei fast so etwas wie ein Hüpftanz. „Mal sehen, wie schnell meine Finger hüpfen können“, sagte Handler im Wissen, dass die Gäste ihr Spiel noch aufmerksamer verfolgen würden. Nach Skrjabins Klaviersonate gab es angesichts des stürmischen Applaus noch ein Chopin-Stück als Zugabe.

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