Als Rentner in der modernen Welt unterwegs

St Ingbert · Matthias Stolz, Redakteur beim Zeit-Magazin, stellte auf Einladung des St. Ingberter Literaturforums in der voll besetzten Stadtbücherei in St. Ingbert sein Buch „Sehr geehrtes Facebook“ vor. Dieses thematisiert ein Experiment: Welche Probleme haben Rentner in der modernen Welt?

Als Rentner mit unserer modernen Welt klarzukommen, ist gewiss eine nicht unerhebliche Herausforderung. Vieles nimmt man im Alltag als gegeben hin. Wenn sich jedoch jemand dazu aufmacht, alle Segnungen wie Facebook, Kaffeepads oder Smartphones zu hinterfragen, kann das mehr als unterhaltend werden. Matthias Stolz, Redakteur beim Zeit-Magazin, hat ein gewagtes Experiment hinter sich. Der in St. Ingbert geborene Schriftsteller hat sich rund 140 Mal in die Rolle des fiktiven Rentners Hans-Hermann Stolze begeben und auf eine charmant-naive Art und Weise Firmen und Institutionen angeschrieben, und um Hilfe bei - vermeintlich - banalen Problemen gebeten. Auf der Schreibmaschine und nicht auf dem Computer. Denn der mal 82, mal 84 und zuweilen auch 87 Jahre alte Mann hat es nicht so mit der Technik. Herausgekommen ist das Buch "Sehr geehrtes Facebook", welches Matthias Stolz am Montagabend auf Einladung des St. Ingberter Literaturforums in der voll besetzten Stadtbücherei vorstellte. Ein Jahr lang hat er in seiner Rolle Briefe geschrieben. Etwa 80 Antworten bekam er. Dabei fühlt er sich beim Benutzen der Schreibmaschine schnell auch wie ein Senior, gab der 1973 Geborene bei der ersten Lesung seines Buches in Deutschland überhaupt unumwunden zu. Sein bekanntester Brief ist der an das soziale Netzwerk facebook, der auch dem Buch den Titel lieh. Rentner Stolze will die Mitgliedschaft beantragen. Natürlich per Brief und vollkommen ohne Internet. Das hat er nämlich nicht. Am Besten käme ein Techniker gleich mit vorbei und richte ihm das Ganze in der Zeit zwischen 7.30 und 10.30 Uhr ein. Da passe es ihm am Besten. Höflich ist die Antwort von Facebook. Man rät ihm, einfach einen Volkshochschulkurs zu besuchen. Dann doch besser einen "Smartfön" bei einer Elektromarke bestellen. Oder die @-Taste bei der Schreibmaschinenfirma. Dafür würde er gar seinen Accent aigu freiwillig im Tausch herausrücken. Und die Antwort: Einfach eine Typenrad-Schreibmaschine kaufen. Damit können zwar keine Mails verschickt werden, aber die @-Taste ist drauf. Gelächter war so selten wie lange nicht mehr bei der Lesung zu vernehmen. Wie auch dann, als er der Suchmaschine Google wegen seiner angeblichen Stasi-Vergangenheit die Kooperation anbot. Manchmal habe er den Eindruck, dass die Firmen seine Veräpplerei merken, sagte Matthias Stolz. Die Antworten wirken dann so, als wollten sie noch lustiger sein, als er selbst. Antworten auf die Antwort schrieb er aber nicht. Obwohl es ihm schon oft juckte, gab er zu.

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