Abschied nehmen von Tradition
St Ingbert · Er könne seinen Helfern die Strapazen nicht länger zumuten, meinte Germania-Chef Hans-Werner Jungbär zur Begründung: Das traditionsreiche Sommerfest der St. Ingberter Sänger ist Geschichte.
. Es zählt seit langen Jahren zu den Traditionsveranstaltungen eines jeden Sommers in St. Ingbert : Das Sommerfest des Gesangvereins (GV) Germania 1900 St. Ingbert . Dabei ist das Rezept nicht vollkommen außergewöhnlich. Freunde des Chorgesanges kommen zum gemütlichen Beisammensein und zu gutem Essen im Freien zusammen. So war es auch am vergangenen Wochenende, als auf dem Hundeplatz In der Au an der Oststraße der GV Germania wieder zu seinem Sommerfest eingeladen hatte. "Der Samstag war sehr schlecht", bilanzierte Hans-Werner Jungbär am Sonntagnachmittag.
Der Germania-Vorsitzende führt etliche Parallelveranstaltungen wie das Alt-Rohrbachfest und die Parade, beziehungsweise das Konzert der Bergkapelle als Gründe für die ausgebliebenen Besucher an. Hinzu käme, dass die Stammbesucher meist reiferen Jahrgangs sind. "Die bleiben bei dem schwül-heißen Wetter im Zweifelsfall lieber zu Hause", ist sich Jungbär sicher. Und das, obwohl auf dem Platz In der Au für gewöhnlich eher eine angenehme Kühle im Hochsommer herrsche. Da war der Sonntag völlig anders. Nach dem Frühschoppen, den der Männergesangverein Josefstal, der Männergesangverein Sangesfreunde Oberwürzbach und die Leermoser durch Liedbeiträge umrahmten, stand eine saarländische Spezialität im Vordergrund: Hoorische in Specksoße. "Innerhalb von 30 Minuten waren die 100 Essen weg", berichtete Germania-Chef Jungbär freudig.
Seine Helfer waren beinahe ausnahmslos damit beschäftigt, Geschirr zu spülen. Die Organisatoren zeigten sich mehr als zufrieden. Wer zu spät kam, konnte auf das Germania-Steak ausweichen. Ein würziges Bratwurstbrät mit Zwiebeln auf einem Brötchen. Doch das zurückliegende Fest wird auch im Jahre 115 des Bestehens bei der Germania eine Wegemarke darstellen: Es wird das Letzte überhaupt gewesen sein. 50 Helfer, die Kuchenbäcker mitgerechnet, sind an den beiden Tagen im Einsatz. Das Gros der Helfer ist um die 75 Jahre alt. Viele sind gar über 85. Das sei nicht mehr zu stemmen, bedauerte Hans-Werner Jungbär im SZ-Gespräch. Er könne diese Strapazen seinen Helfern nicht mehr zumuten. Schon jetzt waren viele Familienmitglieder und Verwandte von Sängern eingebunden.
"Die meisten sind gar keine Mitglieder", so das Vereinsoberhaupt. Er könne sich eine Alternativveranstaltung für die Zukunft gut vorstellen. Aber das müsse erst noch im Vorstand diskutiert und auch beschlossen werden. Auch die Überlegung, statt zwei Tage nur einen Tag zu feiern, stand schon im Raum. Doch mit jeweils einem weiteren Tag für den Auf- und Abbau komme man so auch auf den gleichen Aufwand und könne auch bei den zwei Tagen Fest bleiben. Schon in den vergangenen Jahren hätte man ohne die Unterstützung des Hundevereins das Sommerfest nicht durchführen können. Die Vereins- und Festlandschaft in der Mittelstadt ist dabei, sich zu verändern.