Ab auf den Scheiterhaufen

Reinheim · Wo könnte man „Eine Nacht im August“ besser spielen als auf der Grenze? Das Herxheimer Chawwerusch-Theater spielte ein Stück, in dem es um eine deutsch-französische Liaison geht. Die vier Sprachen sorgten im Kulturpark Reinheim zusätzlich für lustige Momente.

 Szene aus dem „Chawwerusch“-Gastspiel im Europäischen Kulturpark (von links): Philosophie-Studentin Martine (Camille Hohlweger), der französische Zöllner (Ben Hergl), der deutsche Zöllner (Thomas Kölsch) und Studentin Klara (Miriam Grimm). Foto: Jörg Martin

Szene aus dem „Chawwerusch“-Gastspiel im Europäischen Kulturpark (von links): Philosophie-Studentin Martine (Camille Hohlweger), der französische Zöllner (Ben Hergl), der deutsche Zöllner (Thomas Kölsch) und Studentin Klara (Miriam Grimm). Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

Für junge Leute von etwa Anfang 20 ist es heute etwas vollkommen Normales, eine offene Grenze zu passieren. Schlagbäume sind ihnen dabei ebenso fremd, wie der Grenzbeamte oder die Deklaration von Waren. Das war nicht immer so. Der Generation Facebook dies zu verdeutlichen, ist gewiss keine leichte Aufgabe. Am Vorabend des französischen Nationalfeiertages hatte sich das Herxheimer Chawwerusch-Theater im Europäischen Kulturpark mit seinem aktuellen Stück "Eine Nacht im August" (Verfasser Danilo Fioriti) an diesem Stoff versucht. 50 Jahre nach den Élysée-Verträgen war dies mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Sollte man meinen. Doch die Pfälzer schafften die Umsetzung des nicht ganz untrockenen Stoffes. Das 81. Stück der 30. Sommertournee der Truppe befasst sich mit einer deutsch-französischen Liaison. Von daher gab es hinsichtlich des Ortes, direkt auf der deutsch-französischen Grenze, und auch in Sachen Zeitpunkt - wenige Stunden vor dem 14. Juli - wohl keine bessere Gelegenheit. Wer nun einen Abend trockenen Volkshochschultheaters erwartet hatte, wurde mehr als angenehm überrascht. Denn in dem Stück wird gelacht. Vieles kommt angesichts der verschiedenen Sprachen - Deutsch, Französisch, Pfälzisch und Elsässisch - mehr als drollig daher. Da sind die beiden Grenzer: Der Franzose (Ben Hergl) sieht alles mehr als locker, was den ordnungsliebenden Deutschen (Thomas Kölsch) mehr als auf die Palme bringt.

Leben in die Bude

Doch es kommt Leben in die Bude, als die Straßburger Philosophie-Studentin Martine (Camille Hohlweger) und der aus dem Elsass stammende Pariser Journalist Jacques (Arthur Gander) zusammen mit der Heidelberger Studentin Klara (Miriam Grimm) um dem Ex-Flakhelfer Martin (Stephan Wriecz) auf beiden Seiten für Protest sorgen. Martine sollte eigentlich den Zöllner ablenken. Doch da hat sie die Rechnung ohne die Pfälzer Helfer gemacht, deren Uhr stehen blieb. So kommt es, dass der Journalist am Ende mit dem Gewehr in der Hand dasteht und die beiden verfeindeten Zöllner sich gekidnappt im viel zu engen französischen Zollhäuschen wiederfinden. Auf dem Scheiterhaufen verbrennen die Demonstranten anschließend den Schlagbaum. Damit nicht genug: Da tauchen plötzlich auch der deutsche Michel und die französische Marianne auf. Auch Klara wird von ihrer Mutter (Felix S. Felix) gesucht. Heute würde man zur Story wohl Flashmob sagen. Am 6. August 1950 war es für die rund 300 Studenten am St. Germanshof nahe Wissembourg eine politisch motivierte Aktion und ein wichtiger historischer Stoff. Dank glasklaren Gesangs, authentischen Tanzes und des humorvollen Spiels ein kurzweiliger Abend.

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