SV Rohrbach Gedenken an eine furchtbare Tragödie

Homburg/Rohrbach · Der 14. November 1948 geht als tragischer Tag in die Geschichte des Saar-Fußballs ein. Spieler des SV Rohrbach starben auf dem Weg zu einem Spiel.

  Heinz Michaeli ist der letzte Überlebende des Dramas.

 Heinz Michaeli ist der letzte Überlebende des Dramas.

Foto: Wolfgang Degott

„Zunächst herrschte einen Moment Totenstille, dann begann im Innern des Laderaumes ein panischer Überlebenskampf. Es wurde geboxt, getreten, getrampelt. Wer sich nicht befreien konnte, musste sterben“, beschreibt der 89-jährige heutige Ehrenvorsitzende des SV Rohrbach, Heinz Michaeli, die ersten Sekunden des größten Unglücks, das sich auf saarländischen Straßen ereignete.

Am Sonntag, 14. November 1948, verloren 20 Spieler und Schlachtenbummler des SV Rohrbachs auf tragische Weise ihr Leben. Sie befanden sich auf dem Weg nach Herbitzheim, wo ein Pflichtspiel der ersten Mannschaft stattfinden sollte. Im Gespräch mit unserer Zeitung konnte sich der damals 19-jährige Michaeli noch gut an den Tag erinnern. In der Morgenmesse predigte Pfarrer Johannes Drauden zum Thema „Wenn heute der letzte Sonntag wäre“, ohne zu wissen, dass die mahnenden Worte über die Vergänglichkeit des irdischen Lebens Stunden später grausame Bestätigung finden sollte. Der Pfarrer war es auch, der als erster Rohrbacher am frühen Nachmittag zum Unfallort kam, wo sich ihm ein Bild des Grauens bot.

„Wir starteten in der Ortsmitte am heutigen Gasthaus zur Sonne, ein Lokal, das von Alois Jakob bewirtschaftet wurde“, erinnert sich Michaeli, als wäre es gestern gewesen. Jakob, damals Mitglied des Vorstandes, hatte erstmals einen Lastwagen besorgt, der die Fahrt zum Auswärtsspiel im Bliesgau ermöglichte. Eigentlich hatte das Spiel in Rohrbach stattfinden sollen, doch wegen der an diesem Wochenende stattfindenden Kirmes, hatte der SV Herbitzheim um Spielverlegung gebeten. 43 Menschen, darunter die komplette erste Fußallmannschaft, setzten sich auf der Ladefläche, die mit einer Plane überspannt war, gehalten von Eichenholz-Spriegeln, auf eigens aufgestellten, nicht befestigten Bänken. Fünf weitere befanden sich im Führerhaus. „Ich saß in der zweitletzten Reihe mit dem Rücken zur Öffnung. Das war mein Glück,“ so Michaeli. Kurz vor dem Breitfurter Ortseingang, gegen 13 Uhr, brach ein Steuerungssegment, wodurch Lenkung und Bremsen ausfielen. Das Fahrzeug kam von der Straße ab, stürzte die etwa drei Meter tiefe Böschung hinunter und versank direkt in der Blies. Die Bänke rutschten zusammen, klemmten viele Mitfahrer ein. So wurde der Raum, in dem wenige Minuten zuvor noch fröhlich einem schönen Fest entgegengefiebert wurde, zur tödlichen Falle. Jüngstes Opfer war damals der 17-jährige Hans Kessler. Michaeli verlor mit Edmund Müller und Peter Stuppi zwei Klassenkameraden. Die Hilfe der Spieler der Breitfurter Mannschaft, die kurz nach dem Unglück auf ihrem Weg nach Einöd vorbeikam, konnten das Drama trotz intensiver Bemühungen nicht verhindern.

Pfarrer Drauden spendete den Toten an der Unfallstelle die Sterbesakramente, bevor sie, wie auch alle Überlebenden, ins Kreiskrankenhaus nach St. Ingbert transportiert wurden. „Es war grauenhaft, so die Ehefrau von Heinz Michaeli, die die Lastwagen, auf denen sich die Leichen befanden, vom ersten Stock ihres Elternhauses in der Kaiserstraße vorbeifahren sah. Drei Tage später fand die Trauerfeier statt. Tausende säumten den Schulhof der Pestalozzistraße, darunter der damalige Ministerpräsident Johannes Hoffmann, der Hohe Kommissar der Französischen Republik, Gilbert Grandval, eine Delegation des 1. FC Kaiserslautern mit den Walter-Brüdern Fritz und Ottmar.

Der SV Rohrbach hatte an dem Novembersonntag binnen weniger Minuten den Kern seiner Mannschaft verloren und wurde durch den Saarländischen Fußballverband mit der Zusicherung des Nichtabstiegs vom Spielbetrieb frei gesetzt. In der darauf folgenden Saison 1949/50 nahmen die restlichen Spieler, aufgestockt von aktiven „gemachten“ Jugendlichen, den Spielbetrieb wieder auf, stiegen jedoch in die unterste Klasse ab. Anschließend folgten erfolgreiche Jahre, so Michaeli, der von einer „goldenen Generation“ sprach, die fast ein Jahrzehnt Fußballgeschichte geschrieben hatte und bis in die Bezirksliga aufgestiegen war.

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