Saarpfalz-Kreis Das Homburger Bündnis für Zusammenhalt und Frieden
Homburg · Der Saarpfalz-Kreis pflegt seit Jahren enge Beziehungen zu Partnern in Frankreich, Polen, den USA und der Ukraine. Das gemeinsame Wirken wurde nun mit einem Bündnis besiegelt. Zum Krieg in der Ukraine wurden dabei klare Worte gefunden.
Die Übersetzer haben in ihren schmalen Kabinen bereits Stellung bezogen. „Kanal 1 Deutsch, Kanal 2 Französisch, Kanal 3 Ukrainisch, Kanal 4 Polnisch“, steht auf einem Aushang. Die Gäste aus den genannten Ländern lauschen derweil dem Gesang von Noel Walterthum: „J’ai vu mourir des frères...“. Ein Beamer wirft Bilder freundschaftlicher Treffen an die Wand: Landrat Theophil Gallo zu Besuch in Polen, Gallo und sein amerikanischer Amtskollege John A. Vithoulkas aus Henrico County, die sich lächelnd die Hände schütteln.
Aus allen Partnerlandkreisen sind Repräsentanten in die saarpfälzische Kreisverwaltung gekommen, um in Homburg ein Bündnis zu schließen, das in Europa seines Gleichen sucht: ein Internationales Bündnis für Frieden und Zusammenhalt in Europa. „Der Saarpfalz-Kreis pflegt seit Jahren enge Freundschaften mit zahlreichen Partnern“, sagt Gallo.
Die älteste partnerschaftliche Verbindung besteht zu Henrico County im us-amerikanischen Virgina. „Am 5. Mai dieses Jahres bestand sie seit 25 Jahren.“ Die Partnerschaft mit dem französischen Departement de la Moselle sei im April dieses Jahres 20 Jahre alt geworden. „Und unsere Partnerschaft mit dem polnischen Landkreis Przemyśl in der Woiwodschaft [Amtsbezirk] Podkarpackie wurde letztes Jahr zehn Jahre alt“, sagt Gallo.
2018 wurde eine Partnerschaft mit dem ukrainischen Rajon (Landkreis) Pustomyty begründet, der später infolge einer Kommunalreform Teil des Rajon Lemberg wurde. Und im Oktober 2021 wurde eine zweite Partnerschaft mit einem polnischen Landkreis eingegangen, dem Kreis Łańcut. „Insofern ist das Pflänzchen der internationalen Beziehungen gut gediehen“, sagt Gallo.
Die Partnerschaften hätten sich bewährt. Das internationale Bündnis, das sie alle nun schlössen, es sei das Ergebnis der partnerschaftlichen Bemühungen des Saarpfalz-Kreises und es sei die Würdigung der langjährigen grenzüberschreitenden Kooperationen. „Die Partnerschaften haben sich bewährt. Nur so war es uns allen möglich, mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine am 24. Februar, gemeinsam und geordnet in den Krisenmodus zu schalten.“
Das Bündnis sei eine Dokumentation dessen, was die Partner-Kommunen und Landkreise auch seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine an Hilfe zu leisten vermochten. Zugleich sei es ein untrügliches Signal des Zusammenhalts. Das betonte auch Vithoulkas In seiner Videobotschaft an die Versammelten: „Auch wenn uns tausende Kilometer trennen, wir haben dieselben Ziele. Wir setzen uns für Frieden und Wohlstand in der Welt ein.“
Gilbert Schuh, der Vize-Präsident des Departement Moselle, geht in seiner Rede auf Grenzen ein. Menschengemacht seien sie, teilweise durch Krieg und aus Feindschaft entstanden. Die Kraft der deutsch-französischen Einigung und die eines integrierenden Europas wirkten hingegen grenzenlos. Letztere sei eine Kraft der Tat, die in den Kommunen durch gemeinsame Vorhaben entstehe – etwa der grenzüberschreitende Nutzung von Verkehrsmitteln oder Gesundheitskooperationen. „Als Mosellaner bin ich stolz, mit meinen Freunden aus den Partnerlandkreisen die europäischen Werte zu verteidigen. Es lebe Europa. Es lebe die Ukraine“, sagt Schuh.
Viele Projekte hätten sie als Partner gemeinsam verwirklicht, sagt Jan Pączek, Landrat des polnischen Landkreises Przemyśl. Mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine und mehr als zwei Millionen Kriegsflüchtlingen, seien die Herausforderungen immens. „Wir werden die Menschen in der Ukraine weiter unterstützen.“ An dieser Stelle wolle er den Text eines polnischen Liedes aus den 1960er Jahren in Erinnerung rufen: Wie seltsam ist doch diese Welt, in der es noch so viel Böses gibt. „Meine, nein unsere Antwort ist, es gibt mehr Menschen, die guten Willens sind. Dieses Bündnis ist unser Beitrag zu einem – bald – dauerhaften Frieden in Europa.“
Es folgen zwei live gespielte Lieder. In einem singt Walterthum von der Freiheit – „c’est toi qui m’a aidé.“ Der Refrain des folgenden Songs beginnt mit „Inschallah“ (so Gott will). Seine kurze Rede endet der Vertreter des Präsidenten des polnischen Landkreistages, Adam Krzysztoń, mit den Worten: „Lieber Gott, bringe uns Frieden.“
Es gebe ein Leben vor und eines nach dem Kriegsausbruch, sagt Sergii Chernov, Präsident des Ukrainischen Verbands der Bezirks- und Regionalräte. „Wir Ukrainer sind ein friedliebendes Volk, das in Freiheit leben möchte.“ Jetzt aber tobe in seinem Heimatland ein Krieg zwischen zwei Weltanschauungen, in dem es die Freiheit und Demokratie zu verteidigen gelte.
„Nicht alles in diesem Krieg hängt vom Handeln der Regierenden ab. Es beginnt bei den Menschen in den Kommunen“, sagt Chernov. Für die Zukunft der Ukraine sei es deshalb wichtig, dass die Fortentwicklung der Demokratie in und aus der Bevölkerung geschehe. „Ich danke ihnen und allen, die die Ukraine unterstützen und verbeuge mich vor den Helfenden.“ Vom geplanten Ablauf abweichend, überreicht Chernov Landrat Gallo das Bild eines abendlichen Kiew. „Kiew ist eine friedliebende Stadt“, sagt Chernov und entschuldigt sich vom Protokoll abgewichen zu sein. „Es war mir wichtig, ihnen aufrichtig zu sagen, was ich fühle. Hoch lebe die Ukraine!“
Erst in der Not lerne man wahre Freunde kennen, sagt Igor Pilko. Pilko ist Mitglied des Ukrainischen Verbands der Bezirks- und Regionalräte. Auch er dankt für die Hilfe der befreundeten Landkreise. „Russland hat seine Wahl getroffen, die Wiederherstellung eines Imperiums. Die Ukraine hat ihre Wahl getroffen, ihr Land zu verteidigen. Und Landrat Gallo hat ebenfalls eine Wahl getroffen, statt auf Reden auf Hilfstaten zu setzen.“ Die Ukraine gehöre zur europäischen Familie. „Wir werden siegen, wenn wir zusammenstehen.“
Der Saarpfalz-Kreis sei ein historischer Ort für das Internationale Bündnis, sagt Jean-Paul Dondelinger, Präsident von Euregio Saarlorlux+. „Das Saarland und das Departement Moselle waren schon einst Vorreiter der Zusammenarbeit, der deutsch-französischen.“ Die Region Saarlorlux mit ihren tausenden täglichen Grenzgängern zeige die Notwendigkeit von Zusammenarbeit deutlich. „Wenn die Waffen ruhen, wird die Zusammenarbeit der Verwaltungen entscheidend sein“, sagt Dondelinger. Das Bündnis belege, dass der Samen künftig weiterer Zusammenarbeit in Europa gepflanzt sei und gedeihe.
Wie notwendig gemeinsames Wirken ist, zeige der Blick in die Welt, sagt Christine Streichert-Clivot (SPD), Ministerin für Bildung und Kultur des Saarlandes. „Wir müssen gemeinsam europäische Strukturen stärken, um Frieden zu erhalten.“ Es sei der saarländischen Landesregierung ein Anliegen, den kriegsbetroffenen Menschen in der Ukraine Hoffnung zu geben, indem man die Menschen nachhaltig unterstütze. „Auf viele Jahre guten Engagements. Glück auf!“
Musik setzt ein, „Oh, Champs-Élysées!“. Am langen Pult werden die Bündnisurkunden – ausgefertigt in den Landessprachen – gezeichnet. Auf den Urkunden prangt ein Zitat von Willi Graf, der zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gehörte: „Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.“