Solidarische Landwirtschaft Nicht nur Gemüse mit Mehrwert

Limbach · Gut 200 Menschen kamen zur Gründungsver- sammlung der Solidarischen Landwirt- schaft in Limbach.

 Gemüse vom Biolandhof-Hock. Was angebaut wird, können die Solawi-Mitglieder mitbestimmen.

Gemüse vom Biolandhof-Hock. Was angebaut wird, können die Solawi-Mitglieder mitbestimmen.

Foto: Jennifer Klein

Auf dem Biolandhof Hock in Limbach hat sich eine Initiative Solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi, gegründet (wir berichteten). Wer für ein Jahr Mitglied in der Solawi wird, kauft einen oder mehrere „Ernteanteile“ – je nach Bedarf – und trägt damit seinen Teil zur Finanzierung der Betriebskosten bei. Davon haben beide Seiten etwas: Für die Landwirte bedeutet es wirtschaftliche Sicherheit. Die Menschen, die die Erzeugnisse abnehmen, stellen ihre Versorgung mit Lebensmitteln sicher – regional, ökologisch, nachhaltig, unabhängig vom Markt, sie wissen und haben Einfluss darauf, wie, wo und unter welchen Bedingungen ihre Lebensmittel produziert werden.

Bärbel und Rouven Hock, unterstützt von Bärbels Mutter, betreiben den rund 120 Hektar großen Hof - davon rund 30 Hektar Wiesen, 90 Hektar Ackerland; dazu gehören auch drei Hühnermobile à je 225 Hühner und 12 Glanrinder. Bereits 2006 hat die Familie Hock den Hof auf Bioanbau umgestellt. Nun soll der Gemüseanbau breiteren Raum einnehmen. Mischkultur statt Monokultur ist das Stichwort: „Angebaut wird die bunte gesunde Vielfalt, die auf den Teller soll: Gemüsevielfalt soll nach dem Prinzip biologischer Hotspots die Mais- und Getreide-Monokulturbestände wiederbeleben. Das Gemüse wird aus ursprünglichem und ökologisch gezüchtetem samenfesten Saatgut erzeugt, das hat einen höheren Trockensubstanzgehalt, liefert mehr Nährstoffe und schmeckt intensiver“, erklärt Bärbel Hock.

Dass das Interesse an einem solchen Modell da ist, hatte bereits die erste Infoveranstaltung im Januar auf dem Hof gezeigt. Wegen des erwarteten großen Andrangs hatte die Familie Hock die Gründungsversammlung schon ins Theobald-Hock-Haus verlegt. Und auch das platzte schier aus allen Nähten. Musikalisch eingestimmt wurden die Teilnehmer mit dem „Solawi“-Song von Siggi Becker vom Wallbacher Hof bei Contwig. Aufbruchsstimmung und reges Interesse, auch an Detailfragen, prägten denn auch die anschließende Frage- und Diskussionsrunde, bei der sich zeigte, dass eine Solawi am Anfang vor allem eins ist: Kommunikation und Organisation.

Was unterscheidet die Solawi denn von einer Gemüsekiste, wie man sie von vielen Bioläden kennt?, war eine Frage. „Marktstände und die meisten Gemüsekisten haben Zukaufsware drin, auch Trockensortiment. Bei uns in der Solawi bemühen wir uns unsere Wintervorräte wieder selbst zu konservieren, zum Beispiel Sauerkraut, Chutneys und Marmeladen oder getrocknete Kräuter“, erklärt Bärbel Hock.

Was wird angebaut, wann wird angebaut, wann und wie wird geerntet? Kann man beim Pflanzen und bei der Ernte mithelfen, muss man mithelfen? Letzteres war ganz klar zu beantworten: „Jeder kann, keiner muss“, erklärte Bärbel Hock. Die Familie Hock wird unterstützt von Teilzeitkräften und freiwilligen Helfern. Wer also keine Zeit hat, sich einzubringen, aber trotzdem bei der Solawi mitmachen will und biologisch erzeugte Lebensmittel aus der Region haben möchte, um sich und seiner Familie etwas Gutes zu tun, kann auch einfach nur seinen Ernteanteil beitragen und dafür seine Kiste abholen. Für viele ist aber, das war aus der Diskussion eindeutig herauszuhören, gerade das eigene Mittun und Miterleben ein ausschlaggebender Punkt. Erde unter den Fingern zu fühlen, mit der Natur zu leben, zu erleben, wie das, was man pflanzt und aussät, wächst und gedeiht, „dazu haben viele im modernen Leben ja gar keine Gelegenheit mehr“, erklärte Bärbel Hock.

„Eine alternative Wirtschaftsform darf und sollte auch alternativ gedacht werden - auch im Punkt ,freiwillige Mitarbeit’. Auch ein nichtmonetärer Gegenwert kann trotzdem eine große Bereicherung bieten. Genau dies erfahren wir: Der Hof wird belebt von vielen Menschen mit den unterschiedlichsten Vorstellungen und Ideen, und es ist bereits jetzt eine Welle von Synergien spürbar, die erahnen lässt, dass in der Solawi nicht nur dem Gemüse ein Mehrwert zukommen wird.“

Nach der ausgiebigen Fragerunde ging es dann „ans Eingemachte“ sprich, zur Bieterrunde. In einer Übersicht waren die Kosten und das benötigte Jahresbudget aufgelistet, sprich, die Summe, die von den Solawi-Mitgliedern aufgebracht werden muss, damit der Betrieb laufen kann.

Bis zu 500 Ernteanteile könnte der Hof tragen, Ziel für den Start waren 120. Wer Mitglied in der Solawi wird, erwirbt einen oder auch mehrere Ernteanteile, je nach Wunsch – zur Wahl stehen drei Varianten: Gemüse (Richtwert 80 Euro/Monat), Gemüse, Getreide, Eier, Suppenhuhn (110 Euro), Gemüse, Getreide, Eier, Suppenhuhn, Fleisch (130 Euro). Ein Anteil sollte im Schnitt für zwei bis vier Personen reichen – je nach Koch- und Essgewohnheiten. Die Richtwerte orientieren sich an Erfahrungswerten aus anderen Solawis.

In der Bieterrunde erhielt also jeder einen Zettel, auf den er anonym die Anzahl der gewünschten Ernteanteile notierte sowie die Summe, die er monatlich bereit war, dafür zu zahlen. Danach hieß es für die Initiatoren erstmal rechnen – „und wenn dann weißer Rauch aufsteigt, wissen Sie, wir haben es geschafft, und das Jahresbudget ist gedeckt“, erklärte Phillip Weber von der Solawi-Initiative St. Ingbert. Nach der ersten Runde war klar: Es fehlen noch 42 000 Euro. Eine zweite Bieterrunde folgte, danach standen 22 000 Euro mehr auf der Haben-Seite – der jetzt noch fehlende Betrag soll über das Anwerben weiterer Interessenten gedeckt werden. Auf jeden Fall kann die Solawi nun ihre Arbeit aufnehmen.

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