Geschenktes aus Ormesheim „Verschenkheisje“ ist eine Oase für Sammler
Ormesheim · Von Adamo-Platten bis zum Bierkrug mit Klingel: Auf dem Gelände des EVS-Wertstoffhofes in Ormesheim hat sich ein Trödelmarkt etabliert.
Was zu schade ist, um es auf den Müll zu werfen, aber trotzdem im heimischen Haushalt keinen Platz mehr findet, das kann man im Verschenkheisje des Enrsorgungsverbandes Saar (EVS) abgeben. Andere freuen sich vielleicht genau über diesen Artikel. Jedenfalls ist das kleine Häuschen auf dem Ormesheimer Wertstoffhof ein richtiger Renner. Es wird so stark angenommen, dass es aus allen Nähten platzt.
Da hat ein früherer Adamo-Fan wohl mit dem Lieblings-Chansonnier seiner Jugend gebrochen. Schluss mit der Träne, die auf Reisen geht. Auf Vinyl gepresst, sichtlich zeitlebens sorgsam gepflegt, lagert das Liedgut im Verschenkheisje. Adamo nimmt breiten Platz ein in der Musiksammlung des bunt dekorierten Containers auf dem Wertstoffhof. Immerhin, Adamo ganz auf den Müll zu schmeißen – das blieb den Platten des in die Jahre gekommenen Sängers erspart. Vielleicht findet sich unter den vielen Besuchern des Verschenkheisje ja doch noch ein später Fan.
Wer kennt nicht die Situation: Gut gemeinte Geschenke werden überreicht, der Beschenkte lächelt eher verlegen, denn so richtig den Geschmack zu treffen, das klappt nicht immer. Was wird aus solchen Geschenken? Oft genug landen sie noch in liebevoller Verpackung im Verschenkheisje. Dann kommt ein anderer Besucher und rastet fast aus, weil er schon immer ganz genau so etwas gesucht hat. Ein kleines Häuschen für solche Glücksmomente hat der EVS da auf dem sonst eher nüchtern angelegten Wertstoffhof aufgestellt. Da trifft sich ein schreiend grell bemalter Clown mit einer sinnlich dreinblickenden Puppe im Käthe-Kruse-Stil, da glotzt eine zahnlose Hexe in Richtung eines verklärten Engels, während Pierrot sorgenvoll gebeugt die Szenerie im Auge hat. Was manche als Kitsch empfinden, andere als Kunst, und wieder andere als so schlimmen Kitsch, dass er absolut unter Kult fällt – hier werden alle fündig. Puppensammler werden im Verschenkheisje ihre Offenbarung erleben.
Musikfans vielleicht auch. Erst recht, wenn sie mit dem konturlosen Mainstream abgeschlossen haben und schon mal bei einem Radetzkymarsch aufblühen. Oder Heinos Heimatbegriff etwas abgewinnen können. Selbst Raritäten auf CD liegen hier herum, Zarah Leanders Welterfolge auf CD. Dagegen ist Peter Alexander seinen goldenen Schlagerjahren schon weit entrückt. Aber hier sind sie noch präsent. Was dem Besucher zu denken gibt – in Mandelbachtal scheint sich’s ausgekuschelt zu haben. Kuschelrock-CDs in jeder Variante, ganze Bündel davon lagern hier. Keiner wollte sie mehr, und offensichtlich gibt es auch heutzutage nicht mehr den großen Drang zum Kuscheln bei einschmeichelnder Musik.
Der DVD-Player ist in die Jahre gekommen. Wohl eine der Ursachen, aus denen das DVD-Regal im Verschenkheisje überquillt. Hier gibt es die Cranberrys live, „La vie en rose“ gleich neben dem „Thrill to kill“. Sogar vor kurzem noch aktuelle Scheiben, wie die „Zweiohrküken“ finden sich hier, in friedlicher Eintracht mit Schinken wie „Anna Karenina“, nur noch zu toppen vom „Schuh des Manitu“, oder – wir leben in einer pferdefreundlichen Gemeinde – von der „Freude mit Gangpferden“. Das Schöne dabei: Man kann sich einfach mitnehmen, was interessiert. Gefällt’s nicht, einfach nochmal zurückbringen ins Verschenkheisje.
Adi Czarny ist beim EVS beschäftigt und kümmert sich um den Wertstoffhof. Am Anfang war er mächtig skeptisch, als die EVS-Marketingleute mit der Idee des Verschenkheisje kamen. Neumodisches Zeug, das noch mehr Arbeit macht, wo ohnehin hier oben im Wertstoffzentrum eine Menge zu tun ist. Aber heute hat er eine ganz andere Meinung, blüht regelrecht auf, wenn er durch die Regale im Verschenkheisje führt. Kennt Geschichten zu manchen Dingen, die hier stehen. Oft hilft er Besuchern, die nicht schlüssig sind, ob sie mitgebrachte Stilentgleisungen dem Müllcontainer oder dem Verschenkheisje überantworten sollen. Czarny geht liebevoll mit den kleinen Dingen im Heisje um, er hat hier den Überblick. Erzählt, dass ein weiterer Container, den der EVS erübrigen konnte, als Zwischenlager dient. Schließlich kann man jetzt im Frühjahr doch nicht die Weihnachtsdeko und die klassischen Wintergeschenke im Verschenkheisje lagern. Die kommen im Herbst nochmal in die Regale, und dann kann ganz Mandelbachtal sich um Fondueschalen setzen, so viele lagern derzeit in Warteschleife auf die nächste kalte Jahreszeit.
Geschirr, Gläser – sie machen einen Großteil der Artikel im Verschenkheisje aus. Richtig stilvolle Kaffeeservice, daneben ein Bierkrug mit Fahrradklingel. Zum Vierzigsten bekam den wohl ein Biertrinker, das lässt die Aufschrift auf dem Krug erraten. Daneben eine ganze Fülle an Bildern. Die klassischen Landschaften im Abendnebel, röhrende Hirsche und Stillleben völlig zu Recht unbekannt gebliebener Künstler. Aber vielleicht finden auch sie ihren Liebhaber.
Betriebsleiter Armin Walle ist ebenfalls begeistert von der Idee des Verschenkheisje. Für ihn ist es ein Stück gelebter Nachhaltigkeit, wenn nicht alles gleich weggeworfen wird, nur weil es nicht mehr gefällt. Geschmäcker sind glücklicherweise unterschiedlich, und der stilistische Albtraum des einen ist die Offenbarung schlechthin für den anderen. Walle berichtet davon, dass immer mehr Menschen eigens das Geschenkheisje besuchen kommen. Am Anfang war es ein wenig schleppend, aber heute ist der knallbunte Container buchstäblich das Zentrum des Wertstoffhofs.