Naturbühne Gräfinthal Ein überaus launiges Verwirrspiel um Verwirrte

Gräfinthal · Das Erwachsenenstück auf der Naturbühne Gräfinthal hatte Premiere. Diesmal führte es die Zuschauer in die „Pension Schöller“.

 Der verkannte Schöngeist Eugen (Michael Nagel, links) beweist Philipp Klapproth (Thomas Kohl) seine Schauspielkompetenz.

Der verkannte Schöngeist Eugen (Michael Nagel, links) beweist Philipp Klapproth (Thomas Kohl) seine Schauspielkompetenz.

Foto: Jörg Martin

„Das Einzige, was heute noch Zukunft hat, sind Nerven!“, philosophierte Philipp Klapproth (Thomas Kohl) am Samstagabend bei der Premiere des diesjährigen Erwachsenenstücks auf der Naturbühne Gräfinthal. Der Mann hat ein Ziel: die „Pension Schöller“. Sie wurde ihm, beziehungsweise seinem Neffen Alfred (Felix Lauer), von Oberkellner Josef (Martin Birster) empfohlen. Dort soll an diesem Abend eine Soirée stattfinden. Klapproth hingegen hält die Herberge für eine geschlossene Nervenheilanstalt und will sich intensiver mit ihr beschäftigen, da er sich vorstellen kann, selbst eine solche in einer Immobilie, die er geerbt hat, zu betreiben. Mit Frauen hat er nicht viel am Hut. „In der ersten Hälfte deines Lebens fragt dich deine Mutter ‚Wohin gehst du?‘ und in der Zweiten deine Frau ‚Woher kommst du?‘ schoss ihm da durch den Kopf. Philipp macht aus seiner Ungeduld keinen Hehl. „Wo sind denn die Bekloppten?“, will er von Alfred wissen. Er ist total hibbelig und fragt sich gar, ob die Wände aus Gummi sind.

Doch er hat die Rechnung ohne Josephine Zillertal (Christa Heinen) gemacht. Die Schriftstellerin ist regelrecht süchtig nach Drama für ihre neuen Romane. So kommt es, dass er ihr ein Märchen auftischt: Er sei Halbwaise und komme aus „Portugisien“. Sein Hang zu Übertreibungen und zum Fantasieren wird ihm später noch beinahe zum Verhängnis. Dem Publikum gefiel es, denn es gab zahlreiche Zwischenlacher. Teilweise interagierte der Hauptdarsteller regelrecht, indem er das Handeln der vermeintlichen Irren kommentierte und richtig „Gas gab“, wenn es zu Lachern kam. Die Story steigert sich. Denn es kommt der Möchtegern-Globetrotter und Weltenbummler Bernardi (Peter Bachmann) ins Spiel. Mit ihm will er in die Region Tibet. Jetzt schon schenkt dieser ihm drei Löwen und ein Rhinozeros. Gleichzeitig ist Pensionswirtin Amalie Schöller (Kristina Plitt) der Meinung, dass Philipp Klapproth eine klasse Partie für ihre Tochter Frieda (Lisa Dahlem) abgeben würde. Es wird stressig für den Klappsenbeobachter. Und der Haken: Die Eigenarten gehen nach und nach teilweise auch auf ihn über. So spricht er Worte, die ein „l“ haben mit einem „n“ aus. Eine Macke, an der seit 30 Jahren auch Schöllers (Christian Mischo) Bruder Eugen (Michael Nagel) leidet. Der verkannte Schöngeist und Möchtegern-Schauspieler ist mehr als drollig und leidet an diesem Trauma. Bei der Soirée – es gibt übrigens Live-Musik, die auch schon vorher zu hören ist – übertreibt es Philipp und äfft die Sängerin Agatha Scheiberl (Irmtraud Stiller) während ihres Auftritts nach. Sie hat vorher schon mit dem ständigen Zwischenruf „Bin ich schon dran?“ für Lacher gesorgt. Es kommt richtig Fahrt auf, als sich Bernardi in Philipps Nichte Franziska (Luzie Flieger) verliebt. Das torpediert die Reisepläne der beiden Herren, die bereits vom Tibet in den Wilden Westen verlegt wurden. Doch es kommt alles anders. Alle vermeintlichen Irren landen im Haus von Philipp, wo ihm auch der nervige Major von Mühlen (Uwe Heinen), der seine Vergangenheit nicht bewältigen kann, zum Duell auffordert. Alle werden einzeln versteckt. Philipp kommt so was von in die Bredouille. Doch Alfred klärt alles auf. Und am Ende finden Menschen ihre Sprache wieder, während andere ihre beinahe verlieren.

Weitere Mitwirkende: Diener Hans (Uwe Biehl), Schwester Ulrike (Alexandra Biehl) und Tochter Ida (Miriam Kulz) sowie die Musiker Manuel Gorius (Piano) und Taras Marynevych (Saxophon).

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