Naturbühne Gräfinthal Eine Theatergenuss – nicht nur für Spinatfans

Bliesmengen-Bolchen · Bei schönstem Sonnenschein gab es am Samstag die Premiere des Kinderstückes „Popeye“ auf der Naturbühne Gräfinthal.

 Action und Komik bietet das Kinderstück „Popeye“ in dieser Saison auf der Natürbühne in Gräfinthal.

Action und Komik bietet das Kinderstück „Popeye“ in dieser Saison auf der Natürbühne in Gräfinthal.

Foto: Cornelia Jung

Auch wenn Spinat bekanntermaßen doch nicht soviel Eisen enthält wie noch vor einem Jahrhundert gedacht, muss er wohl extrem lustig und schlagfertig machen. Diesen Eindruck konnte man zumindest bei der Premiere des Stückes „Popeye und die unkaputtbare Schatzkiste“ am Samstag auf der Naturbühne Gräfinthal gewinnen. Im Mittelpunkt stand eben jener Seemann Popeye, der als Comicfigur vor 90 Jahren das Licht der Welt erblickte und schon damals durch seinen Wortwitz, aber auch seine Kraft bestach. Eben jenes Stoffes nahm sich die Schauspieltruppe der Naturbühne an und lag damit goldrichtig, wie die Reaktionen des Publikums zeigten.

Es ist eine Geschichte wie sie nicht nur Kinder begeistert, denn auch die Erwachsenen hatten sichtlich Spaß und erinnerten sich daran, dass sie sich Popeye und Olivia genau so vorgestellt und in Erinnerung haben. Popeye, der nach einer 96,5-tägigen Weltreise von Plünder-Eiland aus dem achten Weltmeer zurückkam und sehnsüchtig von Freundin Olivia erwartet wurde, sorgte mit einer bei den Seehexen geklauten Schatztruhe für arge Verwirrung. Keiner wusste, was in ihr war. Nicht mal Seehexe Sibylle, die Popeye nach Hause gefolgt war, um ihrem Job als Bewacherin der unkaputtbaren Schatzkiste gerecht zu werden und sie wieder zurückzuholen. Schließlich wollte sie sich von ihre Chefin nicht zur Seeschnecke machen lassen. „Mir ging es nicht darum, die Kiste zu haben, sondern darum, sie zu finden“, wie Popeye erklärte. Nachdem sein Nebenbuhler Brutus den Schatz zum zweiten Mal stahl und hinter einem Busch versteckte, kam der Liebhaber der (Koch-)Kunst und Fresssack Wimpy an die Truhe, weil seine schwerhörige Mutter genau so eine für ihre Wäsche suchte.

Das ganze Stück über ging es um besagte Truhe, von der zum Schluss der Aufführung immer noch keiner wusste, was sie enthält. Aber das ist und war auch egal, denn die Musik, die quietschfidele und schwer verliebte Olivia mit ihrer kieksigen Stimme, die hinreißenden, Rasen määääähenden Schafe, die musikalisch eine Möhrendiät empfahlen, die herrlich missverstehende Oma, der in Liebesdingen bemühte Brutus und natürlich Seehexe Sibylle und ihre Kolleginnen waren einfach grandios. Da würde es sich sogar lohnen, das Stück ein zweites Mal zu schauen, weil zum Teil Gags in rasantem Tempo aufeinander folgten, die sich vielleicht auch erst beim zweiten Hinhören wirklich offenbaren. 90 Minuten waren für das Erlebnis definitiv zu kurz. Es hätte gern noch weitergehen können und dafür ist zum einen natürlich die Story verantwortlich, aber vor allem die Schauspieler und Choreografie. Popeye stand seinen Mann und war der Protagonist, aber gerade Olivia, die Heidschnuckenherde, die Witze über Lam(m)borghins und Lam(m)etta riss, und Sibylle waren nicht minder Symphatieträger und einfach nur herzerfrischend. Man redet oft von Spielfreude, wenn Akteure auf der Bühne mit ihrer Präsenz ein überzeugendes Ergebnis abliefern, aber die Zuschauer hatten vor allem die „Sehfreude“. Soviel „dumm Zeich“ wie den Gästen in Form von Flüchen, Anekdötchen und Sprüchen geboten wurde, hat man selten bei einem Stück gehört und gesehen. Schon allein die Tatsache, dass bei der Suche der Truhe hinter einem Kunstbusch eine (Plüsch-)Ratte und ein Topf statt des erhofften Schatzes gefunden wurden, machte die einzelnen Szenen immer wieder überraschend.

„Popeye“ lebte von seiner großen Schauspielleistung und den netten Kleinigkeiten am Rande. Hut ab vor den Schauspielern, die die sicher lernintensiven Rollen als Figuren so souverän und locker rüberbrachten, dass der Zuschauer wirklich komplett in die Geschichte eintauchen konnte. Popeye, den „Spinat so stark macht, wie eine Abrissbirne“ konnte so manchen Kampfsportler blass werden lassen.

Das alles war ganz großes Theater. „Die spielen immer so schöne Stücke. Richtig klasse“, so das Urteil eines Besuchers, der vor 20 Jahren das letzte Mal bei einer Aufführung auf der Naturbühne gewesen war, die aber in dieser Zeit für ihn nicht an Anziehungskraft verloren hat. „Toll“, „voll lustig“, „kein bißchen langweilig, da passiert immer irgendwas anderes“ waren nur einige der lobenden Worte, die begeisterte Gäste fanden. Tja, die Schatztruhe interessierte am Schluss keinen mehr, weder im Stück selbst noch die Besucher vor der Bühne. Denn was wirklich zählt sind nicht die Besitztümer, sondern die Freundschaft. „Darauf trinken wir“, hätte Popeye wohl gesagt und mit einem Spinatsaft angestoßen.

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