Der Mann vom Zoll hat Interessantes viel zu erzählen Alles begann mit einem Schlagbaum

Habkirchen · Die B 423 nimmt ihren Anfang an der deutsch-französischen Grenze. Dort beginnt auch unsere neue Serie.

 Bis 1993 markierte eine rund um die Uhr besetzte Grenzstation den Übergang von Frankreich nach Deutschland über die B 423 bei Habkirchen. Franz-Josef Fries tat hier oft Dienst, heute leitet er das Zollmuseum.

Bis 1993 markierte eine rund um die Uhr besetzte Grenzstation den Übergang von Frankreich nach Deutschland über die B 423 bei Habkirchen. Franz-Josef Fries tat hier oft Dienst, heute leitet er das Zollmuseum.

Foto: Peter Gaschott

Wenn Franz-Josef Fries anfängt zu erzählen, leuchten ihm die Augen. Wenige haben so intensiv wie er das Zusammenwachsen Europas im eigenen Berufsalltag erlebt. Als Zollbeamter tat er oft Dienst in Habkirchen an der B 423, und er kennt die Geschichte dieses Grenzübergangs. Er kennt sie so gut, dass er vor Jahren vom früheren Habkircher Ortsvorsteher Manfred Nagel die Betreuung des Zollmuseums übernahm. Dabei muss Franz-Josef Fries nicht lange erzählen, bis auch seinen Zuhörern die Augen leuchten. Hier treffen wir am Rand der B 423 einen, der Zollgeschichte und deutsch-französische Freundschaft lebt.

Der Grenzübergang bei Habkirchen, den heute alle Nutzer der B 423 kennen, ist nicht der ursprüngliche Zollposten gewesen. Der befand sich im Dorf, unweit der Freundschaftsbrücke zwischen Habkirchen und Frauenberg. Franz-Josef Fries: „Hier tobte früher das Leben. In dieser Straße gab es nicht nur den Zoll, es gab Kneipen, Geschäfte, Tankstellen. Heute ist es eine Sackgasse in einem Wohngebiet.“ Zu Fuß gelangt man nach Frauenberg. Vorbei am Zollmuseum. Unbedingt besuchen sollte man es, denn es ist alles andere als ein nüchterner Ort der Dokumentation. Es ist Geschichte, so bunt wie das Leben. Und wer dann Franz-Josef Fries auf seine Erlebnisse anspricht, der erlebt die Vergangenheit neu und aufregend.

Der mittlerweile pensionierte Zollbeamte stammt aus Dillingen, kam „der Liebe wegen“ in den Bliesgau, baute sein Haus schräg gegenüber der früheren Grenzstation. Dort tat er nur zeitweise Dienst. Meistens war er unterwegs, um die „grüne Grenze“ zu kontrollieren. Lange gehörte er auch einer Einheit an, die als mobiler Kontrolltrupp im Saarland und in der angrenzenden Pfalz Heizölkontrollen machte. Weil Dieselmotoren mit dem steuerlich erheblich günstigeren Heizöl ebenfalls laufen, kontrollierten die Beamten, wer davon zu profitieren versuchte. Denn Heizöl im Diesel zu verfeuern ist auch heute noch eine Straftat, da man dem Staat eine Menge Steuern hinterzieht. Weil seit den siebziger Jahren Heizöl genau aus diesem Grund rot gefärbt ist, fällt man recht schnell auf, wenn der Zoll den Tank kontrolliert.

Aufgefallen sind auch ganz andere Steuerhinterzieher, berichtet Franz-Josef Fries von seinem Arbeitsalltag an der B 423. „Zigarettenstangen, die in Brot eingebacken waren, jede Menge Drogen in den unterschiedlichsten Verstecken, Geld, das außer Landes gebracht wurde – es gibt kaum etwas, was wir am Zoll nicht erlebt haben.“ Von 1971 bis 2016 war er Beamter beim Zoll. Seit 1988 nur noch im Saarland. Als dann im Jahr 1993 der Grenzübergang in Habkirchen endgültig die Schranke öffnete, hatten viele seiner Kollegen Existenzängste. Schließlich waren wenige Jahre zuvor Tausende von Grenzbeamten mit dem Wegfall der innerdeutschen Grenze auf andere Stellen versetzt worden. Viele Grenzer aus dem Saarland mussten nach dem Schengen-Abkommen dann an die polnische Grenze. „Arbeitslos wurde keiner von uns, schließlich sind wir alle Beamte. Aber keiner wollte gerne weg,“ berichtet Fries.

Heute erinnert wenig am früheren Grenzübergang an das Europa der Nationalstaaten. Auf französischer Seite verkündet gerade noch ein Schild den Ortsausgang von Frauenberg, bevor auf der Bliesbrücke vor Habkirchen im europäischen Sternenkreis die Bundesrepublik ihr Revier markiert. Der Verkehrsstrom zwischen Deutschland und Frankreich verlagerte sich von der hölzernen Freundschaftsbrücke weg, nachdem die Umgehungsstraße gebaut worden war. Immerhin ist der Grenzübergang in Habkirchen auch in den letzten Jahren seines Betriebs wichtig für die Region gewesen. Er war rund um die Uhr besetzt, während die übrigen Übergänge im Bliesgau nur tagsüber zur Verfügung standen. Zwölf Beamte taten in der Regel hier Dienst auf der deutschen Seite. Ungefähr ebenso viele Franzosen. „Wir hatten ein ungeheuer gutes, kollegiales Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen. Als dann der Grenzübergang wegfiel, kontrollierten wir gemeinsam, deutsche und französische Grenzbeamte, in den Zügen. Zwischen Paris und Frankfurt waren wir gemeinsam unterwegs,“ so Franz-Josef Fries, der sich offenkundig gerne an die damalige Zeit erinnert.