SZ-Serie Unser täglich Brot... Wo Brot-Teig noch Zeit zum Reifen hat

Bliesmengen-Bolchen · Brot bildet stets auch regionale Identität ab. Das haben sich auch die Brüder Albrecht und Reinhard Ackermann auf die Fahne geschrieben.

 Etwas abgekämpft nach einer arbeitsreichen Nacht die Brüder Albrecht (links) und Reinhard Ackermann. Aus dem Ofen kommt gerade der Verkaufsschlager – die Spitzweck mit dem Namen „Ackermänner“.

Etwas abgekämpft nach einer arbeitsreichen Nacht die Brüder Albrecht (links) und Reinhard Ackermann. Aus dem Ofen kommt gerade der Verkaufsschlager – die Spitzweck mit dem Namen „Ackermänner“.

Foto: Peter Gaschott

Brot – die meisten essen es täglich. Es ist eines unserer wichtigsten Lebensmittel. Wobei es bei kaum einem Lebensmittel so große Qualitätsunterschiede gibt, je nachdem, wie es produziert wird. Schließlich bildet Brot stets auch regionale Identität ab – das weiß letztlich ganz besonders derjenige, der nach langem Auslandsaufenthalt Sehnsucht entwickelt nach einem herzhaften Brot aus der Heimat. Wir haben uns umgesehen in den handwerklich arbeitenden Bäckereien unserer Region. In Bäckereien, die ihren Teig selber machen, die nicht zu Aufbackstationen national agierender Hersteller von tiefgekühlten Teiglingen geworden sind. Von diesen handwerklichen Bäckereien gibt es erstaunlich viele. Jede von ihnen hat ihre eigene Geschmackslinie, ihre eigene Philosophie. Auch die Bäckerei Ackermann in Bliesmengen-Bolchen.

Sie sehen etwas abgekämpft aus, die Brüder Albrecht und Reinhard Ackermann, als wir sie am frühen Morgen besuchen. Um zwei Uhr nachts startete der Arbeitsbetrieb in der geräumigen Backstube. Rund 20 Mitarbeiter hat die Dorfbäckerei. Trotz des Maschinenparks dominiert die Handarbeit. Reinhard Ackermann: „Die Maschinen helfen uns zum Beispiel, nicht mehr schwer heben zu müssen. Sie bestimmen aber nicht die Produktion. Die hat der Mensch in der Hand. Ob man 100 Kilo Teig mit zwei Mann von Hand stemmt, oder ob uns eine Maschine diese Arbeit abnimmt, spielt für den Teig keine Rolle. Aber die Zusammensetzung des Teigs und die Zeit, die wir ihm lassen, das ist entscheidend.“ Großbäckereien arbeiten mit gefriergetrockneten Körnern. Die gehen auf, kaum dass Wasser an sie kommt. Anders im traditionellen Bäckerhandwerk. „Bei uns haben Körner Zeit, um zu quellen, denn nur so entwickeln sie richtig guten Geschmack“, so Reinhard Ackermann.

Die Brüder haben sich auf eine Palette an Backwaren beschränkt, die ihnen Platz lässt, alles mit viel Sorgfalt zu machen. „Wir arbeiten bei unseren Brotbackwaren völlig ohne die Verwendung von Backmischungen“, so Albrecht Ackermann. Viel Feingefühl erfordert dies. Beim Umgang mit dem Sauerteig etwa, der in einem großen Behälter lagert. Er sorgt mit der Milchsäure für eine gute Konsistenz des Teigs, die enthaltene Essigsäure gibt Geschmack. Backmalz gibt der Hefe Nahrung, und die wichtigste Zutat für ein gutes Brot ist die Zeit, die man dem Teig zum Reifen lässt. In dieser Zeit werden Eiweiße aufgespalten, das Brot wird besser verträglich.

Die beiden Brüder haben gerade so viel in ihrer Backstube mechanisiert, dass sie eine gleichbleibende Qualität gewährleisten können. Ihr Mehl beziehen sie aus der Region, von der Bliesmühle in Breitfurt, von der Mühle Schuwer in Ormesheim, und ab und an noch Mehl aus einer pfälzischen Mühle. Insgesamt fünf Meister gehören zum Team der Ackermänner, mitgerechnet Seniorchef Hermann Ackermann, der ab und an sogar noch hinter der Ladentheke steht.

„Wir backen den ganzen Tag“, erzählt Albrecht Ackermann. Im heimelig anmutenden Verkaufsraum steht ebenfalls ein Backofen. In einem Kühlraum fertiger Teig, der lange Zeit zum Reifen hatte und in dem Zustand, in dem er die besten Backergebnisse liefern kann, gekühlt wird. „Wir können auf diese Art schnell auf Nachfrageschwankungen reagieren, das führt auch dazu, dass wir weniger Überschuss produzieren und wenig wegwerfen müssen. Auch das ist ein Stückchen Nachhaltigkeit für uns“, sagt Reinhard Ackermann.

Die Nachfrage nach den Backwaren der Ackermänner ist gewaltig. Am Samstagvormittag etwa reicht die Schlange von der Theke bis einige Meter auf den Bürgersteig. Diese Schlange baut sich aber schnell ab, denn hinter der Theke wird mit Hochdruck gearbeitet. Da sind dann die Renner im Sortiment der Bäckerei besonders gefragt. Allen voran die Ackermänner – so heißen die Spitzweck, die vor Jahrzehnten Großvater Oskar Ackermann von der Walz aus dem Rheinland für seine Bäckerei entdeckt hatte. Großvater Oskar lebt auch im Namen des Spitzenreiters auf der Brot-Verkaufsliste weiter. Mischbrot Oskar besteht aus 80 Prozent Dinkel und 20 Prozent Roggen. Der Teig des Brotes hat ganze zwei Tage Zeit, sein unvergleichliches Aroma zu entwickeln. Und Vierpfünder Oskar wird gefolgt vom Dorfkranz der Ackermänner, ebenfalls ein Frühstücks-Klassiker.

 Hier entstehen die Ackermänner. Benjamin Böttcher formt in einer Maschine aus großen Teig-Laiben die kleinen Spitzweck.  Foto: Peter Gaschott

Hier entstehen die Ackermänner. Benjamin Böttcher formt in einer Maschine aus großen Teig-Laiben die kleinen Spitzweck. Foto: Peter Gaschott

Foto: Peter Gaschott

Croissants werden gerade im hinteren Bereich der Backstube gemacht. Da hat man eine Maschine, die aus einer Teigbahn die Grundform ausschneidet. Alles Weitere wird von Hand erledigt. Während Benjamin Böttcher nebenan den Teig für die Ackermänner portioniert, um ihn dann in eine Maschine zu geben, die perfekt die Spitzweck formt. Die Ackermann-Brüder nehmen sich derweil den Sauerteig vor. Der will gepflegt sein. Er ist stets Grundsubstanz der Roggenbrote, und die Sauerteigkultur wird für eine sehr lange Zeit immer weiter vermehrt. Auch wenn man, wie es bei den Ackermännern ab und zu gemacht wird, den Sauerteig erneuert, wird immer ein kleiner Teil des vorherigen Teigs mit eingearbeitet. Auch dies gewährleistet, dass das Brot ein wie das andere Mal schmeckt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort