Mandelbachtaler Vierjahreszeiten Lieder mit Themen aus allen Lebenslagen

Ormesheim · Die Songwriterin Miss Allie war bei den „Mandelbachtaler Vierjahreszeiten“ zu erleben. Der erste kulturelle Auftritt in der Gemeinde nach der Corona-Pause fand im Saal Niederländer statt.

 Die Hamburger Singer-Songwriterin Miss Allie war bei den Mandelbachtaler Vierjahreszeiten im Ormesheimer Saal Niederländer zu Gast.

Die Hamburger Singer-Songwriterin Miss Allie war bei den Mandelbachtaler Vierjahreszeiten im Ormesheimer Saal Niederländer zu Gast.

Foto: Jörg Martin

Beinahe lief der Vorsitzende des Mandelbachtaler Verkehrsvereins am Freitagabend Gefahr, dem Künstler des Abends die Show zu stehlen. Aber eben nur beinahe. Denn als Manfred Pfeiffer mit „Ich darf sie ganz herzlich begrüßen im April 2020 bei den Mandelbachtaler Vierjahreszeiten“ zum Publikum sprach, wusste im Saal Niederländer so ziemlich jeder, was er damit meinte. Denn der Auftritt der Hamburger Singer-Songwriterin Miss Allie war tatsächlich für das Frühjahr letztes Jahr geplant gewesen und bedurfte wegen der Corona-Pandemie immer wieder einer Verschiebung, bis das Gastspiel endlich stattfinden konnte.

Eine Verlegung, um die Sitzabstände einzuhalten, war von Gräfinthal, wo die Reihe sonst immer stattfindet, erforderlich, da im dortigen Haus Wulfinghoff der Platz nicht ausreichend gewesen wäre. Das Publikum hielt sich hinsichtlich des Besuchs noch etwas zurück. Alles erscheint, was Veranstaltungen anbelangt, noch etwa unwirklich und doch vertraut. Für Miss Allie war es der zweite Auftritt im Saarland und erst der vierte seit den aktuellen Lockerungen.

Man konnte schon zu Beginn ahnen, dass der Abend etwas Besonderes wird. Da steht die Gewinnerin des Deutschen Kleinkunstpreises 2021 leicht abgedunkelt im Schattenlicht und kommt singend, während sie Gitarre spielt, barfuß nach vorne. Dabei singt sie von echten Gefühlen und ist gleichzeitig überrascht, wieder „echtes Publikum“ vor sich zu haben. Das sei phänomenal. Und damit meint sie nicht nur den Song „Ich hab‘ Gefühle“.

Immer wieder bezieht sie das Publikum mit ein. „Wer war auf einer Kulturveranstaltung dieses Jahr?“, will sie etwa wissen. An anderer Stelle wird das Publikum in zwei Gruppen eingeteilt und darf dann mitsingen. Ihr Herz sprang ins Klo und sie hinterher, gestand sie und spielt auf den Text des Liedes an. Da ist viel trockener Humor mit bei. Den spürt man auch, wenn sie erzählt, wie sie zum Singen kam. Sie lebte in Australien, lernte einen Mann kennen und schrieb englische Alben. Als es irgendwann nicht mehr gut lief, schrieb sie deutsche Lieder, damit er sie nicht verstehen konnte. Dann war die Beziehung rum, und sie kehrte nach Deutschland zurück.

Mit dem Singer-Songwriter-Thematik kennt sich die Frau, die auf St. Pauli lebt, gut aus. Denn Elisa Hantsch, wie die 31-Jährige bürgerlich heißt, hat nicht nur Kulturwissenschaften studiert, sondern ihren Master über Singer-Songwriter im 21. Jahrhundert geschrieben.

Vielleicht weiß sie auch deshalb so gut mit der mehr als platten Anmache eines Schlossermeisters in einem Irish Pub umzugehen. Darüber hat sie gleich einen Song geschrieben: „Du kleine Süße“. „So, jetzt schließt mal alle eure Augen. Denkt an einen Spaziergang in Rostock am Meer“, gibt sie dem Publikum auf den Weg. An einer anderen Stelle soll man an einen Mann denken, der mit nacktem Oberkörper den Rasen eines Schrebergartens mäht. „Du bist wunderschön“, beschreibt nicht nur die Sehnsüchte und Gelüste von Frauen, sondern auch von Männern nach muskulösen Schrebergärtnern. Inklusive Mitmach-Grummelstelle und Hüftschwung. Nachmachen, bitte. Na, also. Geht doch.

Und dann hatte sie brandneue Songs im Gepäck, die von ihr, wie sie sagt, „entjungfert“ werden, da sie in Ormesheim Premiere hatten. Darunter auch „Luftschloss“. Doch die Miss kann auch nachdenklich. Etwa, wenn sie mit „Der Alte“ liebevoll ihrem Vater einen Titel widmet, da der sie zur Musik gebracht hat. „Macht euch auf sehr viel Unwohlsein in den nächsten sechs Minuten gefasst“, kündigte sie etwa den Tampon-Song an. Ja, da werden auch Tabus angesprochen. So auch bei Dieter und seinem Regel-Tagebuch. Man soll den Song mal als Hausaufgabe mit nach Hause nehmen und darüber diskutieren, regte Miss Allie grinsend an.

Und dann waren da noch Corona und die Kultur. Depression habe sich bei vielen Berufskollegen breitgemacht, weil die Berufung wegfallen musste. „Sieh‘ mich nicht so an“, lautet der Song, der die Auswirkungen des Wortes mit „C“ beschreibt. Im September wird es ein neues Musik-Video geben.

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