Hier könnte jeder verrückt sein

Ormesheim · Den tosenden Applaus zum Ende seiner Vorführung hat sich der Kultur- und Theaterverein Ormesheim redlich verdient. So sympathisch die Macken der Figuren waren, so gefährlich wurde es für den Hauptcharakter.

 Eine Szene aus der Komödie „Pension Schöller“ mit Major Kloss (Axel Schweizer, links) und Kellner Emil (Alexander Niederländer). Foto: Jörg Martin

Eine Szene aus der Komödie „Pension Schöller“ mit Major Kloss (Axel Schweizer, links) und Kellner Emil (Alexander Niederländer). Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

. "Das Einzige, was heute Zukunft hat, sind die Nerven" - dieser Satz ist heute so brandaktuell wie nie zuvor. Er ist jedoch weit über 100 Jahre alt und entstammt dem Lustspiel Pension Schöller, das der Kultur- und Theaterverein Ormesheim am Wochenende an drei Abenden vor ausverkauften Haus im Saal Niederländer zum Besten gab.

Der Satz aus dem Drei-Akter entstammt Philip Lenzmeier (Mike Braun). Der Onkel wohnt in Kyritz und hat dort ein Haus geerbt, das er zu einer Nervenheilanstalt machen möchte. Die schaut er sich quasi als Muster in Berlin an. Das glaubt er jedenfalls. Der Haken: Sein Neffe Alfred (Massimo Uhrig), dessen Selbständigkeit er finanzieren wird, hat ihm stattdessen kurzer Hand eine Privatpension untergejubelt. Nämlich die Pension Schöller, zu deren Gesellschaftsabend Alfreds Freund Robert (Michael Klein) eingeladen ist. Philipp findet Gefallen an den Gestalten, die ihm bei Schöller (Thomas May) begegnen. Ob der durchgeknallte Major Kloss (Axel Schweizer), der Möchtegern-Schauspieler mit Sprachfehler Leo Schöller (Benjamin Engelbert), Sensations-Schriftstellerin Sophie Malzpichler (Sarah Bubel) oder Weltenbummler Bernhardi (Patrick Staub) sowie Gesangs-Diva Agatha Scheiber (Silvia Bohr): Jeder könnte verrückt sein. Ist es aber nicht, sondern man hat nur so eine sympathische Eigenart wie Leo. Der erlitt in der Schule einen Schock und kann seither statt einem "L" nur ein "N" aussprechen. Und das trotz 30 Jahre Sprachunterricht.

Doch es wird auch gefährlich für die Hauptfigur: Die Macken der vermeintlich Verrückten färben auf Philipp selbst ab. Man hält ihn selbst für gaga. Doch Mike Braun scheint die Paraderolle mehr als auf den Leib geschrieben. Er dreht so richtig auf, als alle nach und nach bei ihm zu Hause in Kyritz auftauchen und es so richtig brenzlig wird. Doch es löst sich alles auf. Die Nichten finden Partner, und der Weltenbummler wird sesshaft. Sogar Leos Sprachfehler geht wieder weg. Robert entschuldigt sich und gibt sich geläutert. "Wenn man seine Mitmenschen als verrückt ansehen will, machen sie es einem nicht schwer", gab er zu bedenken. Selbst der Major sieht von den Plänen eines Duells mit Philipp ab, nachdem dieser meinte, "lieber fünf Minuten feig als ein Leben lang tot" zu sein.

Der tosende Applaus des Publikums am Ende kam nicht von ungefähr. Auf das Stück Pension Schöller habe man seit langen Jahren ungeduldig gewartet und dann zielstrebig hingearbeitet, berichtete am Ende Regisseurin Silvia Bohr. Nie hatte nämlich die Anzahl der Schauspieler für das umfangreiche Stück gereicht. Da man in diesem Jahr vier Neuzugänge registrieren konnte, war der langersehnte Wunsch umsetzbar.

Weitere Mitwirkende Nichte Paula (Miriam Diehl), Nichte Ida (Sarah Bauer), Philips Schwester Ulrike (Nicole Weinrank), Kellner Emil (Alexander Niederländer), Frieda Lenzmeier (Tasja Kempf), Amelie Schöller (Bianca Wiesmeier), Geheimrat (Marco Santomero), Jutta Bohn (Souffleuse) und Martina Molter (Maske).

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