Mandelbachtal Vom Spaß, die Grenzen auszutesten

Homburg/Ormesheim · Extremsportler Tristan Vinzent war in Ormesheim zu Gast. Gut 50 Menschen lauschten ihm beim Vortrag im Saal der Kreuzkirche.

 Extremsportler Tristan Vinzent hielt in der Ormesheimer Kreuzkirche einen Vortrag über seine Wettkämpfe.

Extremsportler Tristan Vinzent hielt in der Ormesheimer Kreuzkirche einen Vortrag über seine Wettkämpfe.

Foto: Jörg Martin

„Man lernt, den Schmerz wegzudenken.“ Als Tristan Vinzent diesen Satz leicht schmunzelnd von sich gibt, ist es für einen Augenblick völlig still. Gut 50 Menschen sind im Gemeindesaal der evangelischen Kreuzkirche. Zum zweiten Mal hält der Mann mit Wohnsitz in Wörrstadt nahe Alzey und Ormesheim beim Verkehrsverein Mandelbachtal einen Vortrag über seinen Extremsport und plaudert aus dem Nähkästchen. Irgendwann spüre man den Schmerz in den Beinen und in den Zehen nicht mehr, gibt der Mann, der hauptberuflich als Musiklehrer am Gymnasium tätig ist, unumwunden zu. „2260 Kilometer Sport Nonstop – und noch immer nicht am Ziel“, war der Abend überschrieben. Ein Satz, der die mentale Verfassung des Athleten gut auf den Punkt bringt. Wenn Vinzent spannend von den Strapazen sowie kurzweilig von den Details erzählt, merkt man, dass er Spaß daran hat, seine Grenzen auszutesten.

Ein „geht nicht“ scheint es bei ihm nicht zu geben. Er will immer weiter, das spürt man. Beim Decaman-Triathlon in New Orleans hat er im November letzten Jahres den dritten Platz belegt. Das liest sich banal. Die Spannweite wird erst klar, wenn man sich die Zahlen vor Augen führt: Nach 38 Kilometern Schwimmen ging es für 1800 Kilometer (144 Runden zu je 12,5 Kilometern) aufs Rad, um dann 422 Kilometer zu laufen. Ein unerwarteter Temperatursturz um 25 Grad bis auf null, keine Winterbekleidung und der vierte Reifen platt: All das scheint für den 56-Jährigen kein Problem. „Ich weiß, ich kann’s“, so lautet ein Satz, der beim Vortrag öfters fiel. Nach 243 Stunden und 39 Minuten war er am Ziel. Und das drei Tage vor dem offiziellen Ende. Seinen ärgsten Konkurrenten, den Engländer Dave Clamp, ließ er freundschaftlich hinter sich. Das Team von Tristan Vinzent hatte Anweisungen, ihn sofort zu wecken, wenn auch Clamp wieder weiterlief. Das bedeutete meist nur ein bis zwei Stunden Schlaf. Beim Decaman will er beim nächsten Mal mindestens Zweiter werden. Vorher aber im August dieses Jahres noch Weltmeister in Litauen. Zu hohe Ziele scheint es für den quirligen Sportler keine zu geben. Fast. Für das Radrennen Race Across America im kommenden Jahr fehlen ihm noch ein Sponsor und 50 000 Euro. Es handelt sich um das längste und härteste Radrennen der Welt, erklärte er sachlich.

„Ich weiß, dass ich’s kann“, gab er sich siegessicher. Lebensgefährtin Eva Leonardy, die den Trompeter nicht nur gesanglich und am Klavier beim Vortrag begleitete, ist auch bei seinen Wettkämpfen eng an seiner Seite. Sie gab zu, dass sie zehn Tage ununterbrochen am Kochen gewesen sei. Denn der Erfolg sei nur möglich, mit größtenteils selbst hergestellter Bio- und Vollwerternährung. So stellt Vinzent etwa seine Butter auch zu Hause selbst her und nimmt wenig tierisches Eiweiß zu sich. Wurst, Fleisch und Käse verträgt sich mit seinem Sport nicht, findet er. Ein Grund dafür, dass er in den letzten Jahren nie krank gewesen sei. Doping gebe es bei ihm auch, scherzte er. Damit meinte der Leiter verschiedener Blasorchester aber keine Medikamente, sondern Kinesiologie, eine Verfahren aus der Alternativmedizin.

 „Man lernt, den Schmerz wegzudenken“ lautet das Credo von Tristan Vinzent, hier auf der Radstrecke.

„Man lernt, den Schmerz wegzudenken“ lautet das Credo von Tristan Vinzent, hier auf der Radstrecke.

Foto: T. Vinzent

Seine Partnerin Leonardy hat sich diesem Metier verschrieben. Wie er sich motiviere, wollte ein Mann wissen: Das Lustprinzip sei ihm fremd. Er arbeite mit Gewohnheiten. Deshalb trainiere er auch an sechs Tagen die Woche. Es sei vieles machbar, wenn man mit seinem Körper einen gleichmäßigen Rhythmus finde.

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