Naturbühne Gräfinthal Ein mentaler Höllenritt erwartet die Besucher

Gräfinthal · An der Naturbühne Gräfinthal stockte den Zuschauern beim „Seelenbrecher“ der Atem. Großes Lob für darstellerische Leistung.

 Caspar (Michael Nagel, links) und Jonathan Bruck (Tobias Heinen, rechts) in einer Szene aus „Der Seelenbrecher“. Auf dem Boden liegen Dirk Bachmann (Peter Bachmann, links) und Yasmin Schiller (Louisa Lagaly, rechts).

Caspar (Michael Nagel, links) und Jonathan Bruck (Tobias Heinen, rechts) in einer Szene aus „Der Seelenbrecher“. Auf dem Boden liegen Dirk Bachmann (Peter Bachmann, links) und Yasmin Schiller (Louisa Lagaly, rechts).

Foto: Jörg Martin

„Wir hatten in den hinteren Reihen Gänsehaut. Es war total gruselig. Das müssen Sie unbedingt schreiben“, sagte die Frau am Freitagabend zum Autor dieser Zeilen. Die dunkelhaarige Brillenträgerin war auch noch in der Pause von „Der Seelenbrecher“, den die Naturbühne Gräfinthal dieses Mal beim Wintertheater im Gastraum inszeniert hat, völlig betroffen. Es ist nicht leicht, einen Psychothriller von Sebastian Fitzek szenisch umzusetzen. Ein Bedarf scheint existent, denn alle Vorstellungen sind ausverkauft.

Regie haben dieses Mal zwei Personen, die auch aktiv im Stück mitwirken: Tobias Heinen und Michael Nagel. Letzterer spielt Caspar. Ein Mann, der nicht weiß, wer er ist, nachdem er einen Unfall hatte. Retrograde Amnesie lautet die Diagnose. Heinen ist der angstverbreitende Böse in Form des Jonathan Bruck. Man konnte schon zu Beginn - angesichts der dramatischen Musik beim Öffnen des Vorhangs - ahnen, dass dieses Mal keine leichte Kost gespielt werden wird. Beim „Innenwendsisch“-Theater ist man wegen der Wohnzimmer-Atmosphäre auf Du und Du mit der Handlung und den Protagonisten. Das sorgt dieses Mal noch mehr für Dramatik in der privaten Teufelsbergklinik, die wegen eines Schneesturms von der Außenwelt abgeschnitten ist. Caspar kann sich für die Rätsel, die ihm Teilzeit-Insassin Greta Kaminski (Jennifer Heinen) stellt, nicht erwärmen. Sie ist hier, weil sie der Feiertagsdepression entfliehen will. Michael Nagel hat eine mehr als schwierige Rolle, die er gekonnt mit viel Einfühlungsvermögen und Detailliebe spielt. Ab und an träumt er und erinnert sich an Details. Als ein Unfall in der Klinik geschieht, schmiedet er Fluchtpläne. Von diesen sieht er ab, da er auf Dr. Sophia Dorn (Fabienne Jennewein) steht. Die widersetzt sich permanent den Plänen von Professor Raßfeld (Thomas Kohl).

Als der Krankenwagen beschädigt und der Schneepflug sabotiert wird, muss auch Rettungssanitäter Tom Schadeck (Felix Lauer), ein sehr aggressiver und lauter Zeitgenosse, in der Klinik übernachten. Jonathan Bruck geht auf Sophia Dorn los und ist im Klinikgebäude flüchtig.

In der Hand der im Wachkoma befindlichen Dorn findet sich ein für den Seelenbrecher typischer Zettel mit einem Rätsel. Das Shot, ein Sicherheitsgitter, wird vom Hausmeister Dirk Bachmann (Peter Bachmann) heruntergelassen, um den Täter an der Flucht zu hindern. Nach und nach liegen die Nerven blank. Ständig schreit eine andere Frau. Schwester Yasmin Schiller (Louisa Lagaly) kommt zur Hilfe. Doch irgendwann verdächtigt jeder jeden.

Raßfeld wird irgendwann tot im Leichenraum gefunden. Und dies auch nur dank eines Rätsels, das auf Umwegen gelöst werden konnte. Ein mentaler Höllenritt, so könnte man das Stück durchaus beschreiben. Und das nicht nur wegen des Blutes, das man am Fenster und auf dem Boden sieht, wenn man wegen Bruck laut gemeinsam aufschreit oder wegen der unheimlichen Geräusche aus der Haussprechanlage der Klinik.

Es stellt sich heraus, dass Caspar Arzt ist, ohne es zu wissen. Doch dann kommt alles völlig anders. Der Seelenbrecher ist jemand, mit dem niemand rechnete…

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