Ein Traditionsunternehmen in Mandelbachtal Hier steht schon die dritte Generation am Ofen

Bliesmengen-Bolchen · Seit 90 Jahren gibt es die „Ackermänner“ in Bliesmengen-Bolchen. Die Bäckerei-Produkte gehen sogar in die ganze Welt.

  Reinhard und Albrecht Ackermann (von links) führen in der dritten Generation die Dorfbäckerei Ackermann. 90 Jahre alt wurde sie am 1. Mai.

 Reinhard und Albrecht Ackermann (von links) führen in der dritten Generation die Dorfbäckerei Ackermann. 90 Jahre alt wurde sie am 1. Mai.

Foto: Peter Gaschott

„Den neunzigsten Geburtstag wollten wir ganz groß feiern. Aber Corona machte diese Pläne kaputt. Dann feiern wir halt den 91. Geburtstag!“ Reinhard Ackermann geht gelassen mit dem verpatzten Geschäftsjubiläum um. So, wie überhaupt vieles ganz gelassen vonstatten geht in der Bäckerei Ackermann in Bliesmengen-Bolchen.

Am 1. Mai waren es auf den Tag 90 Jahre, dass der Großvater der Brüder Reinhard und Albrecht Ackermann in Bliesmengen-Bolchen die ersten Brötchen aus dem Ofen nahm. Zuvor hatte Oskar Ackermann in Wittersheim in der Bäckerei seines Bruders gearbeitet. Bäcker werden zu der damaligen Zeit war anders als heute. Die Junghandwerker gingen auf die Walz. Oskar Ackermann zusammen mit dem Vater des Regionalpolitikers Helmut Kihl – der Wagner und Stellmacher war. Die beiden zogen durch Deutschland, erweiterten ihren beruflichen Horizont. Und Oskar Ackermann schmeckten die im Rheinland ganz besondere Spitzweck ausgezeichnet. Doch dazu später.

Oskar Ackermann kaufte das Haus im Bliesmenger Zentrum, wo auch heute noch die Bäckerei steht. Einen Backofen besaß er, der mit Holz befeuert wurde. Die Backwaren wurden noch nicht in einem Verkaufsraum präsentiert, sondern sie wanderten auf ein Pferdefuhrwerk, von dem aus Ackermann in den umliegenden Dörfern Brot und Brötchen verkaufte. Der Laden nahm Fahrt auf, und allmählich kamen Verkaufsraum und später auch ein Wohnhaus zur Backstube dazu. Bis 1964 standen Oskar und seine Ehefrau Sophia in der Bäckerei. Mit Hermann und Rosel Ackermann folgte dann die nächste Generation. Die Brüder Albrecht und Reinhard übernahmen die Bäckerei im Jahr 1998. Beide reden mit Engelszungen an Anna Weigel, geborene Ackermann, irgendwann der Bäckerei der Familie einen Platz in ihrer Lebensplanung zu geben.

Bis dahin allerdings haben Albrecht und Reinhard noch einiges vor. „Wir entwickeln uns ständig weiter. Immer wieder neue Produkte, immer wieder neue Ideen, die wir umsetzen. Aber wir sind uns dabei einem Prinzip treu: der Kontinuität und der Zuverlässigkeit.“ Regionale Produkte verwenden die beiden. Mehl von der Bliesmühle und von der Mühle Schuwer. Alles, was sinnvoll im Bliesgau bezogen werden kann, findet den Weg in die Backstube. Wenn auch ein hochmodernes EDV-System die Zutaten für die einzelnen Rezepte selbsttätig abwiegt und zusammenstellt. Wenn auch keiner mehr zentnerschwere Teigbottiche mehr heben muss, weil modernste Bäckereitechnik die Knochenarbeit ersetzt. Und trotzdem wird so gebacken wie früher: „Die Maschinen müssen sich nach uns richten, nicht wir uns nach den Maschinen“, sagt Albrecht Ackermann. Produktionslinien, die vollautomatisch arbeiten, nehmen dem Bäcker den Gestaltungsraum und geben ihm bestimmte Vormischungen und Teiglinge vor. Bei den Ackermännern gibt es das nicht.

„Wir haben unsere Technik so perfektioniert, dass wir ganz frisch den ganzen Tag über backen. In der Backstube, aber auch im Backofen im Verkaufsraum. So müssen wir nicht schon am Vorabend mit unserer Produktion anfangen. Der Kunde profitiert, weil alles, was er kauft, wirklich frisch ist.“ Und damit kommen wir zu den mittlerweile im Bliesgau legendären Spitzweck, die Großvater Oskar aus dem Rheinland von der Walz mitgebracht hat. Die kommen hier auch heute noch aus dem Ofen. „Ackermänner“ heißen sie, für sie stehen Menschen aus dem halben Saarland in Bliesmengen-Bolchen in der Schlange vor der Bäckerei. Denn der Ansturm auf die Backwaren der beiden Brüder ist enorm.

Beim Brot dominieren Weizen, Roggen und Dinkel die Zutatenliste. Im Kommen ist Brot aus Emmer. Das älteste Getreide auf dem Markt wird in der Schweiz angebaut. Völlig ohne Dünger, ohne Chemie. Und für Menschen, die morgens ihre frischen Ackermänner aus dem Ofen wollen, ohne nach Bliesmengen-Bolchen fahren zu müssen, gibt es die Ackermänner auch zum fertigbacken.

Ein weiterer Geschäftszweig hat durch Corona mächtig Fahrt aufgenommen. Im Online-Versand bringen die beiden Ackermänner ihre Produkte in die ganze Welt. Sorgfältig verpackt treten sie die Reise an, Stammkunden in allen Teilen Deutschlands freuen sich, ein Stück Saarland vom Paketboten ins Haus geliefert zu bekommen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort