Wanderung Holla, die Waldfee – im Kirkeler Wald

Acht Lauschtouren gibt es im Saarpfalz-Kreis. Wir stellen in loser Folge einige davon vor. Teil 2: Kirkeler Felsenpfad.

Holla, die Waldfee: Unterwegs im Kirkeler Wald
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Holla, die Waldfee: Unterwegs im Kirkeler Wald

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Foto: Jennifer Klein

Los geht’s am Naturfreundehaus in Kirkel. Vielleicht noch einen Kaffee auf den Weg? Nein, befindet der beste aller Mitwanderer kategorisch. „Wir haben doch noch was vor.“ Auch wieder wahr. Soll ja keine Schlemmer-, sondern eine Lauschtour werden. Es warten rund fünf Kilometer Wanderung durch den Kirkeler Wald mit 13 Lauschpunkten, Endstation ist an der Kirkeler Burg.

Gut gefüttert hingegen ist der Handy-Akku, der wird nämlich beansprucht werden. Also, rein in den Wald, zu mystischen Plätzen und bizarren Felsen, Feuersalamandern und Waldgeistern. Über kleine Trampelpfade geht es bergaufwärts. Angesichts des dichten Baumbestandes ist es kaum vorstellbar, dass das hier vor 250 Millionen Jahren „eine weite Wüstenlandschaft“ gewesen sein soll, wie die App verrät. „Das Klima war hier heißer als in der Sahara.“ Der Boden der Wüste waren die Sandsteinfelsen, die heute im Wald liegen, als hätte ein Riese mit ihnen Bauklötze gespielt und sie wirr verstreut fallenlassen. Bindemittel wie Kalk, Quarz und Eisenoxid haben dafür gesorgt, dass sich die Sandkörner zu dünnen Schichten verbinden. Verschiedene Metalle sorgen für die unterschiedlichen Farben des Sandsteins – meist rötliche Töne, durch den Eisenanteil. Und weil der Sandstein Wasser speichert, wie ein Schwamm, fühlt er sich sogar an trockenen Tagen im Sommer oft kühl und feucht an – optimal für die vielen Flechten und Moose, die darauf wachsen und schimmernde Grünnuancen zu dem Bild beisteuern.

Die bizarren Felsformationen haben wohl zu allen Zeiten die Phantasie der Einwohner und Wanderer angeregt. Das „Froschmaul“, Lauschpunkt 3, ist so ein Fall. Nachdem das „Pling“ der App das Erreichen des Lauschpunktes signalisiert hat (dafür muss man das GPS zuschalten), quaken denn auch gleich zur Einführung die Frösche los. Die Ausbuchtungen im Felsen dienten früher Köhlerfamilien als „Wohnung“, mit einem Bretterboden, einem schlichten Laub- und Reisiglager, und einer offenen Feuerstelle“ berichtet der Kirkeler Sagen- und Geschichtskenner Thomas Marx in einem Audiobeitrag.

 An der Hollerburg lässt sich gut eine Pause einlegen.

An der Hollerburg lässt sich gut eine Pause einlegen.

Foto: Jennifer Klein

Der Weg führt vorbei an einem imposanten Steinbruch – bis in die 1920er Jahre wurde hier Sandstein abgebaut, die Geräuschkulisse aus dem Handy verschafft einen Eindruck davon, wie laut und lebhaft es damals hier zugegangen sein mag.

Weiter geht es auf dem Pfad, der teils der Tafeltour, dann wieder dem Felsenpfad folgt. Trotz des Anstiegs geht sich der weiche Waldboden gut, ein bisschen achten muss man auf Felsen und Wurzeln.

Der höchste Punkt der Strecke ist dann die sogenannte „Hollerburg“. Eine Sinnesbank lädt dort zum Verweilen ein, heute genießt man bei gutem Wetter den Ausblick bis auf den Schaumberg. Der Name Hollerburg stammt – wie auch Hollerkanzel und Hollerlöcher (Lauschpunkt 6) wohl von der altgermanischen Göttin Hulda, im Volksmund auch bekannt als „Frau Holle“. Der Hollerfelsen fällt nicht nur durch die massiven braunen Eisenerzadern auf, die die Menschen früher herausgeschmolzen haben. In den Vertiefungen des Felsens sollen nämlich in alten Zeiten Huldas Helferinnen, die „Hulden“, gelebt haben – „Holla, die Waldfee!“, möchte man da unwillkürlich ausrufen. Aber vielleicht wäre das unklug, die holden Waldgeister könnten sich verspottet fühlen.

 Um den „Unglücksfelsen“ rankt sich eine der zahlreichen Sagen des Kirkeler Waldes.

Um den „Unglücksfelsen“ rankt sich eine der zahlreichen Sagen des Kirkeler Waldes.

Foto: Jennifer Klein

Zumal es nun, nachdem die märchenhafte Untermalung mit Harfenklängen verklungen ist, ein gutes Stück auf eigene Faust weitergeht, ohne die akustische Begleitung und Führung der App. Bis zum nächsten Lauschpunkt sind es rund 20 bis 30 Minuten, da guckt man unterwegs schon fast besorgt auf das beharrlich schweigende Smartphone. Der schmale Pfad windet sich zwischen den Bäumen und an malerischen Felsformationen vorbei; einmal ist zwischen den Bäumen ein „Hexenring“ aus Pilzen zu entdecken. Die Feuersalamander halten sich allerdings versteckt. Aber allein die Farbenspiele, die der Buntsandstein bietet, sind faszinierend.

Einige der Felsen sind auch zum Klettern freigegeben. Wo heute junge Leute im Kletterdress akrobatisch an den Steinen hängen, frönte in früheren Jahrhunderten der Adel einem anderen Hobby: der Jagd. Mit Pferd und Hund ging’s im Galopp über Stock und Stein. So geschehen auch am „Unglücksfelsen“ (Lauschpunkt 7). Hier fanden bei einer Hetzjagd Hirsch. Pferd und Reiter den Tod – allerdings fehlte von allen dreien jede Spur, so die Legende, die Sagenkenner Thomas Marx erzählt.

Weniger sagenhaft, als vielmehr naturwissenschaftlich geht es weiter über den geologischen Pfad, wo Gesteine des Saarlandes zu sehen sind, unter anderem Muschelkalk aus dem Bliesgau – entstanden aus dem Meeresboden, der vor 240 Millionen Jahren hier war.

Am Lauschpunkt 10, dem Frauenbrunnen, laden Tische und Bänke hier zum Rasten ein. Geweiht ist der Brunnen, der aus der Keltenzeit datiert, der uns schon bekannten Göttin Hulda – sie war nämlich auch für den Kindersegen zuständig und man sagt dem Wasser des „Kindchesbrunnens“ entsprechende Wirkung nach … vielleicht kein Zufall, dass der Weg kurz darauf am Waldklassenzimmer vorbeiführt, wo die Kirkeler Kinder zeitweise Unterricht im Grünen haben. Auf dem letzten Wegstück, das hinunter ins Dorf führt, sieht man dann schon linker Hand die Ruine der Kirkeler Burg. Von den Rittern von Kirkel, der Burg und warum der Burggraben etwas ganz Besonderes ist, erzählt die Archäologin Christel Bernard. Oben auf dem Burg-Plateau oder dem Turm kann man sich den Wind um die Nase wehen lassen und die Aussicht genießen. Im Handwerkerdorf am Fuß der Burg zieht beim Burgsommer oder bei Festen (wie der Burgweynacht) Leben ein. Abseits der Festtage kann sich der müde Wanderer auch in der Burgschänke stärken. Falls ihn Hulda oder die Waldfee nicht schon unterwegs mit Speis und Trank versorgt hat . . .

Fazit: Eine „sagenhafte“, abwechslungsreiche und spannende Tour mit vielen schönen Geschichten und etwas Geschichte; die bizarren Felsformationen und verwunschene Plätze lohnen eine Entdeckungstour. Die App lotst einen zuverlässig über den Weg, der Teilstücke aus verschiedenen Wanderwegen kombiniert. Wichtig: feste Schuhe und ein voller Smartphone-Akku.

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