Lieber Neues wagen als Altes aufwärmen
Unsere Woche · Die echte Ganztagsschule wird zwar von offizieller Seite und in Studien gelobt, geliebt wird sie in Homburg aber augenscheinlich nicht. Jedenfalls entsteht der Eindruck, wenn man sich mit denjenigen unterhält, die davon unmittelbar berührt sind. Es ist unter Eltern eher selten so, dass sich jemand mit flammendem Schwert dafür einsetzt. Das liegt vielleicht auch daran, dass viele mit dem derzeitigen System der freiwilligen Betreuung am Nachmittag ganz gut leben können - obwohl dies zum einen kostet, zum anderen von unterschiedlicher Qualität ist. Außerdem wird bemängelt, dass eine Betreuung in einer echten Ganztagsschule nur bis 16 Uhr gewährleistet ist, nicht wie bei den freiwilligen Angeboten üblich bis 17 Uhr. Danach braucht's eine weitere Lösung - und die muss extra bezahlt werden. Dazu kommt: Die Tradition ist hierzulande eine andere als etwa bei den französischen Nachbarn, wo verpflichtende Schule am Nachmittag dazu gehört.
Die pädagogischen Vorzüge, das andere Lernen, der Wechsel von Freizeit und Unterricht, den der echte Ganztag verspricht, müssen sich erst noch zeigen. Das funktioniert aber nur, wenn's vorgelebt wird: Da schlägt Praxis die Theorie, ein Konzept auf Papier kann selten Misstrauen überwinden.
Es ist verständlich, dass die Verantwortlichen in Homburg in Sachen gebundener Ganztagsangebote langsam machen - in Grundschulen existieren diese hier noch überhaupt nicht. Wer will schon gegen den Willen der Schule selbst und vieler Eltern angehen - die sind hier ohnehin maßgeblich? Ohne Beispiel kann's jedoch nicht funktionieren. Nur wenn es eingeführt ist, kann eine Schule zeigen, ob es sich so tatsächlich für alle angenehmer und besser lernt.
Einschnitte in die Schullandschaft sorgen immer für massive Unruhe und sehr heftige Diskussionen. Doch sollte man nicht lieber nach vorne schauen als zurück - gerade dann, wenn die etwas lauter werdende Hoffnung auf eine Wiedereröffnung der Grundschule in Jägersburg ins Spiel kommt? Wenn schon Änderung, dann lieber Neues wagen als Altes aufzuwärmen.
