Kolumne Apropos Zwei Dumme? Jedenfalls ein Gedanke

Über einen reibigen Igel, einen futuristischen Rasierer und eine variierte Rechnung.

Kolumne Apropos Saarbrücker Zeitung: Zwei Dumme? Jedenfalls ein Gedanke
Foto: Robby Lorenz

Das kann doch kein Zufall sein! Kasimir ist ein Igel, zumindest sieht er ein wenig danach aus. Denn eigentlich ist Kasimir eine Käsereibe im Design eines Igels. Erdacht hat diese Design-Perle der Küchenutensilien ein deutsches Unternehmen, das Kasimirs reibigen Rücken vert-reibt.

Doch plötzlich war da ein weiterer Kasimir. Auch er hat einen reibigen Rücken und sieht dem Kasimir aus Deutschland zum Verwechseln ähnlich. Doch Kasimir der Zweite wird in Spanien zum Verkauf angeboten, hat mit dem Kasimir aus Deutschland nichts zu tun. Kamen da zufälligerweise zwei Hersteller auf dieselbe Idee, die die Welt (nicht) braucht?

Keineswegs der einzige Fall länderübergreifenden Gedankenaustauschs. Der stählerne Rasierer „Futur 700“ wurde in Deutschland erdacht und fit für die Zukunft gemacht. Bei Guangzhou Shi Shaver hatte man den exakt selben Gedanken für einen futuristischen Rasier – im gleichen Design. Der Hersteller aus China vertrieb seinen futuristischen Rasierer über eine Online-Handelsplattform.

Bei einem parallel verlaufenden und synchronen Gedankenaustausch (oft über Landesgrenzen hinweg) sprechen „Experten“ von Plagiat. Bedeutet: die unrechtmäßige Aneignung von Gedanken (und deren Verwertung).

Das haben natürlich schon andere getan, sich Gedanken angeeignet und verwertet. Wir erinnern uns an die Eingebungen eines damals angehenden Politikers, dessen Aneignungen im GuttenPlag offengelegt und bewahrt wurden.

Zweierlei unterscheidet diese guttenbergschen gedanklichen Aneignungen von denen, deren Opfer Reibe Kasimir und Rasierer Futur wurden. Während Guttenberg die Offenlegung der Aneignungen zum Verhängnis wurde (und ihn sein politisches Amt kostete), erhielten die Plagiate Kasimir und Futur eine Auszeichnung. Sie wurden Preisträger beim Plagiats-Wettbewerb Plagiarius.

Daraus folgt: bei der Offenlegung der gedanklichen Aneignung eines hochschulgeprüften Politikers gibt es hinterher einen Dummen: den Plagiierenden. Bei der Offenlegung der gedanklichen Aneignung in der Produktwelt sind es hingegen zunächst drei Dumme: der Hersteller, dessen Gedanken geraubt wurden, der Verbraucher, der getäuscht wird und der Plagiierende, der zu unüberlegt für eigene Gedanken ist.

Wobei: Den Plagiarius-Preis eingerechnet (und damit den Verbraucher abgezogen, der nun von der Produkttäuschung weiß), ergibt die Rechnung noch zwei Dumme: Original-Hersteller und Plagiierender. Zwei Dumme, die einen Gedanken teilen. Den Glauben an das Produkt.

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