Kolumne Apropos Neulich im Zug
Über einen Bahn-Barden, keinen sommerlichen Sommer und den Wert von 9-Euro-Tickets.
Neulich im Zug. Mit diesem Satz beginnend, das weiß Otto-Normal-Zugfahrer ohne Fleiß, wird es zumindest keine der oft gehörten Verspätungs-, Ausfall- oder Wartegeschichten. Obwohl es diese Geschichten sind, die zahlreiche Beinahe-Bahnfahrten unvergessen machen.
Also, neulich IM Zug haben sich so manchem Fahrgast die Fußnägel aufgestellt, als in den Gehörgängen ungestüm Unerwartetes eintraf. „Won‘t you do this for the Summer?“, trällerte jemand unüberhörbar daneben wie falsch und in Schiefer-als-je-für-möglich-gehalten durchs Abteil.
Erster Gedanke: Flucht! Zweiter Gedanke: „Please, don‘t do this to the summer!“ Die Hitze im Fahrtwagen ist drückend. Die Gesangskünste des Troubadix-en Barden bürden der der Atmosphäre dann mit Leichtigkeit zu viel auf. Kennt er denn kein Erbarmen? Nein, er macht weiter: „You don‘t understand...!“ Doch, „we understand“ sehr wohl. Genau deshalb kann man sich das Anschauen von Gesangstalentshows mit Peinlich-Presleys, Dappel-Dylans, Murks-Michaels und Clown-Cashs getrost sparen. Neulich im Zug – gab es aber leider keinen Aus-Knopf.
„Uuh Babe...“, – und er macht weiter, dieser vom Sommer geblendete Neulich-im-Zug-Mensch. Spontaner Gedanke: Alle kratzen ihre 9-Euro-Tickets zusammen, verkaufen sie der freundlichen Schaffnerin und geben diesen aufsummierten Wert der Neunen wohlwollend und bereitwillig diesem noch unentdeckten Musikus. Es sei ihm ein Plätzchen an der Sonne vergönnt, gerne auch mit seinem Babe. Hauptsache...!
„Wenn du gehört hättest, wie ich früher noch gekrächzt habe und im Vergleich dazu jetzt singe“, sagt der tonale Tatter-Turner dann zum Nebensitzer. Nein, das will sich jetzt gewiss keiner vorstellen! Verbuchen und belassen wir das Erlebnis einfach in der Sparte „Neulich im Zug“.