Werkschau Die strenge Ordnung der Bildkomposition

Altstadt/Homburg · Werke des bekannten Homburger Künstlers Willi Spiess sind derzeit in der Galerie „Kunststall“ in Altstadt zu sehen.

 Probestück von Willi Spiess für die beiden Reliefs am Homburger Talzentrum: die Schwarzenacker „Epona“.

Probestück von Willi Spiess für die beiden Reliefs am Homburger Talzentrum: die Schwarzenacker „Epona“.

Foto: Martin Baus

Ein Pferd, das den Acker pflügt, ganz der Realität nachempfunden. Die Kathedrale Notre Dame in Paris, vintagemäßig gerahmt, im Stil der Impressionisten. Homburger Altstadtansichten, kubistisch inspiriert, dann Linien, Kreise, geometrische Formen, farbenfroh wie schwarz-weiß, Konstruktionen von Linien, die scheinbar schwerelos sind, aber in ihrer Komplexität Schwerpunkte bilden: Kunst aus bald sieben Jahrzehnten vitaler Schaffenskraft ist derzeit in Altstadt zu sehen. Von Willi Spiess stammen die Werke, dem aus Homburg stammenden Künstler, der die letzten dreieinhalb Jahrzehnte seines Lebens in seinem Atelier in der Altstadter Turmstraße arbeitete und dort am 15. April 1997 im Alter von fast 88 Jahren gestorben ist. Ihm gilt nun die umfassende retrospektive Werkschau in der von ihm gegründeten Galerie „Kunststall“.

Nachdem Willi Spiess kürzlich mit einer Ausstellung im Homburger Saalbau gewürdigt wurde (wir berichteten), präsentiert Sybille Spiess-Deckert, seine Tochter und heutige Leiterin der Galerie, nunmehr eine differenzierte wie detaillierte Retrospektive auf einen Künstler, dessen Avantgardismus auch 20 Jahre nach seinem Tod nach wie vor nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Er sei ihm als moderner Maler vorgestellt worden, „der auch richtig malen‟ könne, erinnerte sich Heinz Weinkauf in seiner Ansprache bei der Vernissage an seine erste Begegnung mit Willi Spiess. „Das war im Sommer 1960. Es dauerte nicht lange, und ich durfte entdecken, dass Willi Spiess auch dann vollendet richtig malte, wenn er vermeintlich nicht richtig malte“, skizzierte der Journalist und frühere Kulturredakteur unserer Zeitung mit ironischem Unterton. Bei aller Dynamik seiner Malerei und Grafik bestimme stets eine strenge Ordnung die Komposition, nichts sei Zufall. Seine Kunst sei stimmig, „weil Ratio und Emotio‟ sich darin glücklich vereinen“, erläuterte Weinkauf weiter.

Den zahlreichen Besuchern der Eröffnung ließ der Laudator dann auch persönliche Gespräche und Erlebnisse mit Willi Spiess’ Revue passieren: „Diese facettenreiche, starke Persönlichkeit hatte, wie könnte es anders sein, ihre Ecken und Kanten. Wenn er jemanden nicht mochte, dann verkaufte er ihm auch kein Bild“. Auf der anderen Seite habe er immer über den ethischen Wert der Kunst und das, was sie vermag, nachgedacht, ja regelrecht gegrübelt, wie er diesem gerecht werden kann.

Vom Ölgemälde bis zur Kaltnadelradierung, von der Gouache bis zur Grafik, von der dreidimensionalen Collage bis zur Emaille-Miniatur reicht die Palette der Retrospektive, die weit über 100 Werke umfasst.

Die Ausstellung in der Galerie „Kunststall“ ist noch bis einschließlich Sonntag, 2. Juni, und zwar jeweils mittwochs von 17 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung unter Telefon (0 68 41) 8 07 76 geöffnet.

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