Streit im Kirkeler Wald geht weiter

Kirkel-Neuhäusel · Der Ärger rund um die Kernzone der Biosphäre geht weiter. Nun will sich der Saarpfalz-Kreis stark machen, die Kernzone der Biosphäre vom Ortsrand wegzulegen. Damit könnten weitere Auseinandersetzungen vermieden werden, hofft Landrat Clemens Lindemann.

 Bei der Nutzung der Kletterfelsen im Kirkeler Wald konnten sich Biosphären-Zweckverband und Gemeinde trotz Kernzone auf einen Kompromiss einigen – der ist derzeit bei der Zukunft des Waldklassenzimmers nicht in Sicht. Foto: Thorsten Wolf

Bei der Nutzung der Kletterfelsen im Kirkeler Wald konnten sich Biosphären-Zweckverband und Gemeinde trotz Kernzone auf einen Kompromiss einigen – der ist derzeit bei der Zukunft des Waldklassenzimmers nicht in Sicht. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

"Ein Waldklassenzimmer gehört in den Wald!" Mit dieser Aussage stellen sich Landrat Clemens Lindemann und sein zukünftiger Nachfolger, Kreisbeigeordneter Theophil Gallo , "vorbehaltlos" an die Seite des Vorsitzenden des Heimat- und Verkehrsvereins Kirkel , Otwin Wentz. Der hatte sich in unserer Ausgabe vom Dienstag vehement gegen die Absicht des Saarforstes gewährt, das Waldklassenzimmer am Frauenbrunnen im Kirkeler Wald abzubauen.

Zum Hintergrund: Weil diese vom Heimat- und Verkehrsverein vor zehn Jahren geschaffene Einrichtung in der Kernzone der Biosphäre Bliesgau liegt, soll sie nach dem Willen der Biosphären-Verantwortlichen weichen. Dafür hatten Wentz und sein Stellvertreter Karl-Friedrich Strohmaier im Gespräch mit unserer Zeitung deutliche Worte gefunden, Wentz nannte das Vorgehen rund um die Entscheidung "konspirativ".

Nun bekommen die beiden Unterstützung von der Spitze des Saarpfalz-Kreises. "Die Biosphäre sollte in der Bevölkerung", so Lindemann, "Wurzeln schlagen, sollte bei den Mitbürgern Begeisterung und Zustimmung wecken. Durch eine Verlagerung eines Waldklassenzimmers, das seit zehn Jahren existiert und von Schulen wie Kindergärten gut angenommen ist, macht man sich in der Gemeinde kaum Freunde." Deshalb werde sich der Saarpfalz-Kreis in der nächsten Verbandsversammlung des Biosphären-Zweckverbandes auch dafür aussprechen, die Kernzone der Biosphäre vom Ortsrand wegzulegen. "Dann braucht man solche unnötigen und ärgerlichen Diskussionen einfach nicht mehr zu führen."

Der erneute Ärger rund um die Kernzone der Biosphäre in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung von Kirkel-Neuhäusel steht in einer Reihe von Auseinandersetzungen zwischen Bürgern, Vereinen und Gemeinde auf der einer Seite und den Biosphären-Verantwortlichen auf der anderen. So musste Kirkel in Verhandlungen darum kämpfen, die beliebten Kletterfelsen - ebenfalls in der Kernzone gelegen - weiternutzen zu können. Weniger Glück hatte man, als es um die Sperrung von Waldwegen ging. Hier war eine Bürgerinitiative Sturm gelaufen (wir berichteten). Gespräche sollten eine Lösung bringen, ein erster Termin sei aber abgesagt worden, so Otwin Wentz im Gespräch mit der SZ am Montag.

Kernproblem ist die Kernzone der Biosphäre. In einem solchen Bereich soll sich die Natur ungehindert entwickeln können. Allerdings bezweifelt so mancher inzwischen, ob die von vielen Kirkelern als eher kompromisslos wahrgenommene Haltung des Biosphären-Zweckverbandes überhaupt nötig ist. Denn: Nach Recherchen unserer Zeitung ist eine naturorientierte touristische Nutzung oder sanfte Freizeitnutzung von Kernzonen, so sie mit den Schutzzielen vereinbar ist, durchaus zulässig. Im Saarland definiert der Paragraf 16 des saarländischen Naturschutzgesetzes die Auflagen für die Kernzone. Dort ist in Absatz zwei zu lesen: "Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Regelung durch die Rechtsverordnung nach Absatz 1 verboten. So weit es der Schutzzweck zulässt, sollen Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden." Zumindest der letzte Satz scheint Spielraum zu geben, um die Bürger von Kirkel-Neuhäusel mit der meist ungeliebten Kernzone zu versöhnen.

Der andere, von Lindemann, Gallo und Wentz bevorzugte Weg dürfte vielen in Kirkel-Neuhäusel aber viel näher liegen als ein Kompromiss zwischen den Anforderungen einer Biosphäre und Bürgerinteressen: die Kernzone zu verlegen in einen Teil des Kirkeler Waldes, der für die Gemeinde und die Bürger weitaus weniger Bedeutung als Ort von Tourismus und Naherholung hat. Da scheint es derzeit aber keine Bewegung zu geben. Als Grund dafür vermuten viele Gegner von Waldwegesperrung und Aufgabe des Waldklassenzimmers vor allem wirtschaftliche Interessen. Die Annahme: Der Teil des Waldes, der nun mit der Kernzone belegt ist, habe für den Saarforst als Eigentümer keine wirtschaftliche Bedeutung mehr.

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HintergrundWie alle anderen Biosphärenreservate steht auch dem im Bliesgau eine Verwaltung vor, die für die Einrichtung, die Pflege und die Entwicklung der Biosphäre zuständig ist. Im Falle des Bliesgau-Biosphärenreservates nimmt diese Funktion der Biosphären-Zweckverband wahr. Im Verband haben sich die Gemeinden Gersheim, Kirkel , Kleinblittersdorf, Mandelbachtal und die Städte Blieskastel, Homburg und St. Ingbert sowie der Saarpfalz-Kreis und das Saarland zusammengeschlossen, um die Anforderungen der Unesco zu erfüllen. Zusätzlich sind in der Biosphäre auch noch die Lokale Aktionsgruppe Biosphärenreservat Bliesgau , der Biosphärenverein Bliesgau und der Verein Bliesgau Obst aktiv. Nach der Anerkennung des Bliesgaus als Biosphäre im Jahr 2009 steht im Jahr 2019 eine Überprüfung der Region an. thw

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