Beisetzung Martha S. kam nicht ins Familiengrab

Homburg · 30 Jahre lang bemühte sich die alte Dame, im Grab ihrer Eltern beigesetzt zu werden. Sie scheiterte an einem Kommunikationsproblem.

Probleme am Homburger Friedhof
Foto: dpa/Arne Dedert

Wie und wo jemand bestattet werden möchte, ist eine sehr persönliche Sache. Es gibt Menschen, die ihren Körper der Wissenschaft spenden, es gibt Menschen, die gerne im Wald unter einem Baum ruhen möchten – und es gibt Menschen, die sich wünschen, auf dem Heimatfriedhof neben lieben Verwandten beerdigt zu werden.

Dies traf auf Martha S. zu, die zwar nicht mehr in Homburg wohnte, aber deren Herzenswunsch es war, nach ihrem Tod im Grab ihrer Eltern auf dem Homburger Hauptfriedhof beigesetzt zu werden. Schon im Alter von 60 Jahren – sie hatte da noch 30 Lebensjahre vor sich, denn sie wurde über 90 – suchte sie in dieser Sache die Stadtverwaltung in Homburg auf und bat um diese Möglichkeit. Dieser Bitte kam man gerne nach, wie einem Schreiben des Homburger Grünflächenamtes aus dem Jahr 1988 zu entnehmen ist. Einzige Bedingung war, die elterliche Grabstätte auf Jahre hinaus zu pachten, was Martha S. auch tat: Sie bezahlte damals 1200 DM für das Nutzungsrecht des Grabes bis zum Jahr 2017. Allerdings hatte Martha S. wohl kaum damit gerechnet, dass sie über 90 Jahre alt würde und bezahlte ein weiteres Mal für dieselbe Grabstätte, diesmal 600 Euro, für eine Verlängerung des Nutzungsrechtes um weitere sieben Jahre.

Allerdings hatte sich die Friedhofsplanung geändert, denn Martha S. erhielt bereits im Jahr 2008 einen Brief vom damaligen Bürgermeister Roth, dass sie im Falle ihres Ablebens nur noch bis zum Juli 2011 in der Grabstätte ihrer Eltern als Leiche beigesetzt werden könne, eine Urnenbeisetzung sei „wegen der kürzeren Ruhezeit“ immerhin noch bis zum Juni 2016 möglich. Martha S. wollte aber keine Urnenbeisetzung und ihr Sohn fand es „unmöglich, eine alte Frau zu dieser Bestattungsart zu nötigen, als Bedingung, um überhaupt ins Grab ihrer Eltern zu dürfen.“

Doch auch den Urnentermin überlebte Martha S., denn sie starb erst am 16. Mai 2017 und damit hatte sie nach der Homburger Friedhofsordnung alle Möglichkeiten verwirkt, dass ihr Herzenswunsch überhaupt noch erfüllt würde, nämlich neben ihren Eltern ruhen zu dürfen.

Ihr Sohn bestellte ein Homburger Beerdigungsinstitut, das in Rücksprache mit der Stadt „bis zu fünf Alternativen“ auf dem Hauptfriedhof vorschlug, wie die Schwiegertochter berichtet. Was nicht auf der Liste stand, war die elterliche Grabstätte, die nach dem Schreiben der Stadtverwaltung ohnehin nicht mehr zur Verfügung stand. Und die dem Bestatter auch nicht als Möglichkeit genannt worden war, „obwohl der Herzenswunsch meiner Mutter durch ihre häufigen Besuche beim Friedhofsamt bekannt war“, sagt der Sohn.

Kurzum, Martha S. wurde in einer Einzelgrabstätte beigesetzt, was sie niemals wollte und „was uns als Nachkommen großen Kummer macht. Wir waren sehr traurig, dass wir den Wunsch nicht erfüllen konnten“, sagte ihr Sohn gegenüber unserer Zeitung. Um so betroffener war er, als er vor einigen Wochen bei einem Besuch auf dem Friedhof direkt neben dem elterlichen Grab seiner Mutter, ein frisch geöffnetes Familiengrab vorfand, in dem gerade eine bekannte Homburger Persönlichkeit beigesetzt worden war. „Dieser Verstorbene durfte offensichtlich ins Familiengrab, unsere Mutter nicht“, sagt der Sohn bitter, „das hat mich wirklich geschockt. 30 Jahre lang hat sich meine Mutter darum bemüht und alles unternommen, damit ihr Wunsch erfüllt würde. Wir haben sie mit sehr schlechtem Gewissen in ihrem Einzelgrab bestatten lassen. Und nun sehen wir, dass es für andere Verstorbene in Homburg offensichtlich möglich war, dort die letzte Ruhe zu finden, wo unsere Mutter es auch wollte.“

Nachfragen unserer Zeitung bei der Stadtverwaltung ergaben, dass wohl „ein Kommunikationsproblem“ bestanden habe. Wenn die Familie S. nach dem Tod von Martha S. nochmal „explizit nachgefragt“ hätte, hätte man da „sicher etwas tun können“, hieß es von der Pressestelle der Stadt. Diese Nachfrage sei aber nicht erfolgt.

Man bedaure das Missverständnis „wenn die Familie der Verstorbenen sich noch mal direkt an uns gewandt hätte, wäre sicher eine Lösung möglich gewesen“, so die offizielle Erklärung. Für die Familie der Verstorbenen ist das kein Trost: „Unsere Mutter war beim Amt bekannt. Unserem Bestatter wurden mehrere Gräber für sie vorgeschlagen, aber das Familiengrab war nicht dabei. Wir sind noch daran vorbeigegangen, aber es stand nicht auf der Liste.“ Für den Sohn ist es ein quälendes Gefühl, dass er den größten Wunsch seiner Mutter, den sie über 30 Jahre hegte, nicht erfüllen konnte. „Vermutlich hat sie einfach zu lange gelebt oder war nicht bekannt genug“, sagt er traurig.

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