Postkarten als Kriegszeugnisse

Kirkel · Auf Flohmärkten in Frankreich haben Hiltrud und Karl Lambert begonnen, Postkarten zu sammeln, die aus der Zeit des Ersten Weltkrieges stammen. Inzwischen haben sie eine sehr große Sammlung, die sie nun erstmals im Bildungszentrum der Arbeitskammer in Kirkel zeigen.

 Diese französische Weltkriegs-Postkarte preist das Giftgas Turpinit als Kampfmittel gegen die deutschen Soldaten an. Die Karte ist im Bildungszentrum in Kirkel im Original zu sehen. Foto: AK Saar

Diese französische Weltkriegs-Postkarte preist das Giftgas Turpinit als Kampfmittel gegen die deutschen Soldaten an. Die Karte ist im Bildungszentrum in Kirkel im Original zu sehen. Foto: AK Saar

Foto: AK Saar

Eine höchst interessante Ausstellung wird am Donnerstag, 11. September, ab 19 Uhr, im Bildungszentrum der Arbeitskammer in Kirkel eröffnet. Ihr Titel: "Deutsche und französische Kriegspostkarten des Ersten Weltkrieges". Zusammengestellt von Hiltrud und Karl Lambert bieten diese Karten einen besonderen Blick auf das Denken und Fühlen der Zeit vor 100 Jahren. Der Theologe und frühere Pfarrer Karl Lambert ist in unserer Region kein Unbekannter. Er war lange Jahre Lehrer am Berufsbildungszentrum (BBZ) in Homburg. Sein Frau Hiltrud war ebenfalls Lehrerin. Sie wohnen heute in Spiesen-Elversberg.

In Kirkel zeigen sie auf 35 Tafeln rund 1000 deutsche und französische Postkarten zu den unterschiedlichsten Themen: meist Propagandakarten, christliche und religiöse Themen, Karikaturen über den Feind und Bilder von Zerstörung und Verwüstung. Lambert: "Die Postkarten dokumentieren spiegelbildlich und von Feind zu Feind austauschbar, wie Mars Herzen und Hirne im Unheil gefangen hält."

Zu sehen sind auch Blätter aus "Jugend", "Der wahre Jacob", "Kladderadatsch" und "Simplicissimus". Auf Flohmärkten in Frankreich fanden die Lamberts erste Postkarten, und so begannen sie ihre Sammlung, die auf die heutige Größe angewachsen ist. Wie Lambert zu unserer Zeitung im Vorfeld der Eröffnung sagte, werde er zunächst eine Broschüre von Otto Lehmann-Russbüldt mit dem Titel "Der Krieg als Geschäft" vorstellen. Rüstungsausgaben so hoch wie der gesamte zivile Staatshaushalt, 100 bis 300 Prozent Gewinne bei der Rüstungsindustrie dokumentiert der Verfasser und in einem weiteren Buch über "die blutigen Geschäfte der Rüstungsindustrie" gibt es Hinweise, dass Schwefelkohlenstoff aus der Schweiz für die Herstellung von Giftgasen in Deutschland Verwendung fanden, um französische Soldaten zu töten. Englische Soldaten verwendeten deutsche Zünder in ihren Handgranaten, und russische Soldaten "schossen mit Gewehren aus deutscher Herstellung auf die, die sie produziert hatten". Über die Schweiz wurden große Mengen deutschen Eisens zur Granatproduktion nach Frankreich und Italien geliefert. Für Lambert ist die Ausstellung "Erinnerungsarbeit und Friedensarbeit zugleich".

Es sei Aufgabe, an das Ereignis vor 100 Jahren zu erinnern, das von vielen als "die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" bezeichnet werde, und: "Ich wünsche mir besonders viele jugendliche Besucher." Die Kriegsbegeisterung und die Bereitschaft der Soldaten, für "Ehre, Vaterland und Kaiser" zu kämpfen, galt bei allen kriegsteilnehmenden Nationen, "in der Hölle des Stellungskrieges ließen sie dann auf grausame Weise ihr Leben". Der Krieg habe über neun Millionen Soldaten das Leben gekostet, mehr als zwei Millionen davon aus Deutschland. Wer zurück kam, sei für sein Leben gezeichnet und traumatisiert gewesen. Weltweit wurden mehr als 17 Millionen Menschen getötet und 20 Millionen Soldaten verwundet. Lamberts Schlusssatz mit einem Zitat des Philosophen Hegel sagt mehr als tausend andere Worte: "Die Geschichte lehrt, dass die Völker nichts aus ihr lernen."

Die musikalische Begleitung bei der Eröffnung am 11. September übernimmt Gaby Klees.

Die Ausstellung kann bis zum Freitag, 19. Dezember, in Kirkel besichtigt werden. Wer nach dem 11. September die Ausstellung sehen will, kann sich vorher unter Tel. (0 68 49) 90 90 anmelden. Dort gibt es auch weitere Infos oder E-Mail: info.bzk@arbeitskammer.de

bildungszentrum-kirkel.de

 Diese Postkarte verherrlicht den Ersten Weltkrieg aus deutscher Sicht. Foto: AK Saar

Diese Postkarte verherrlicht den Ersten Weltkrieg aus deutscher Sicht. Foto: AK Saar

Foto: AK Saar
 Karl und Hiltrud Lambert, hier ein Archivfoto, zeigen erstmals in Kirkel ihre Weltkriegs-Postkartensammlung. Foto: F. Brabänder

Karl und Hiltrud Lambert, hier ein Archivfoto, zeigen erstmals in Kirkel ihre Weltkriegs-Postkartensammlung. Foto: F. Brabänder

Foto: F. Brabänder

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Auf einen BlickDie Friedensnobelpreisträgerin und Pazifistin Bertha von Suttner starb vor 100 Jahren, kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Ihr Konterfei ziert die österreichische Zwei-Euro-Münze. Sie hatte vor 125 Jahren, im Geburtsjahr Hitlers, 1889, mit ihrem Roman "Die Waffen nieder" ein Fanal gesetzt. Ihr wird auch im Rahmen der Ausstellung gedacht. Karl Lambert referiert am Donnerstag, 30. Oktober, 19 Uhr, zu ihrem 100. Todestag. jkn

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