Lesung Imbsweiler Ramstein-Tragödie als Roman-Gerüst

Limbach · Schriftsteller Marcus Imbsweiler las in der Limbacher Buchhandlung Hahn aus seinem neuen Werk „Achtundachzig“.

 Bei seiner Premierenlesung  gab Autor Marcus Imbsweiler einen Vorgeschmack auf seinen neuen Roman „Achtundachtzig“, der sich vor dem Hintergrund der Flugtag-Katastrophe von Ramstein im Jahr 1988 entwickelt.

Bei seiner Premierenlesung  gab Autor Marcus Imbsweiler einen Vorgeschmack auf seinen neuen Roman „Achtundachtzig“, der sich vor dem Hintergrund der Flugtag-Katastrophe von Ramstein im Jahr 1988 entwickelt.

Foto: Thorsten Wolf

Im Jahr 1988 erschütterte ein Unglück nicht nur ganz Deutschland: Bei einer Flugshow auf dem US-amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein in der benachbarten Pfalz kollidierten drei Flugzeuge der italienischen Kunstflugstaffel „Frecce Tricolori“. Eine der Maschinen raste als Feuerball in die Zuschauer. 70, so die offizielle Zahl, starben, rund 1000 wurden teils schwerst verletzt. Nun hat sich der Schriftsteller Marcus Imbsweiler dieses Themas angenommen – als Kristalisationspunkt seines neuesten Romans mit dem Titel „Achtundachtzig“.

Rund um das tragische Schicksal konstruiert Imbsweiler in zwei Zeitebenen die Geschichte der Freunde Alwin, Sascha, Andreas und Franziska, alle aus einem gemeinsamen Abiturjahrgang 1988. Der Suizid einer jungen Frau, das Klassentreffen der vier Freunde und ein zu lüftendes Geheimnis bilden einige der Eckpunkte eines Plots, den Marcus Imbsweiler mit einer gut besuchten Premierenlesung dieser Tage in den Limbacher Buchhandlung Hahn vorstellte. „Zum einen ist es eine Zeitreise in die 1980er Jahre, gespiegelt an der Gegenwart, dieser Bezug ist mir wichtig. Anonsten ist es der Versuch einer Auseinandersetzung mit dem heiklen Thema ,Flugtagunglück von Ramstein’ mit den Mitteln der Spannugsliteratur.“ Er habe gerade diesen Zugang gewählt, „weil ich glaube, dass dann mehr Interesse an diesem Thema finden“.

Dass er sich einem sensiblen und auch immer noch hochemotionalen Thema nähere, dessen ist sich der gebürtige Limbacher Marcus Imbsweiler bewusst. „Ich wollte es nicht als historisches Thema betrachten. Mir war immer wichtig, darzustellen, was es uns für heute zu sagen hat. Das versuche ich an erster Stelle anhand der Personen durchzuspielen, die jetzt 50 sind und damals junge Leute waren und deren Charaktäre und Biographien die Geschichte nachvollziehbar machen. Und dann suche ich natürlich auch nach thematischen Verbindungen. Und da bietet sich die Airbase in Ramstein an: Sie ist immer noch in Betrieb und sie ist immer noch hochumstritten“, so die Einschätzung Imbsweilers. „Für mich ist das kein Thema, das vorbei ist – nur weil keine Flugtage mehr stattfinden, die Aspekte drumherum, Waffen und Krieg, sind nachwievor aktuell.“

Auf die Idee, die Premierenlesung in der Limbacher Buchandlung Hahn stattfinden zu lassen, kam Chefin Jasmin Hahn selbst. „Marcus Imbsweiler schätzen wir schon sehr lange als Autor, als guten Bekannten und als Limbacher. Und er war einer der ersten, der hier bei uns gelesen haben.“ Beim Thema Ramstein gab Jasmin Hahn zu, sei sie am Anfang etwas skeptisch gewesen, „weil das hier jeder noch fühlt. Jeder erinnert sich, jeder hier weiß noch, was er an diesem Tag damals gemacht hat. Das ist wie 9/11 für diese Region. Und das ist ja bedrückend. Jeder kennt jemanden, er da war oder hingehen wollte.“ Nach ihrer persönlichen Einschätzung sei es Imbsweiler gelungen, sich dem Thema angemessen zu nähern. „Es ist keine Betroffenheitsliteratur, es ist kein Erfahrungsbericht – es ist aber auch kein Thriller, bei dem die emotionale Seite des Unglücks ausgeschlachtet wird, so kommt es mir nicht vor.“

Was Imbsweilers Werk auch auszeichnet: Die Vernetzung unterschiedlicher Handlungsstränge, unterschiedlicher Zeitebenen und unterschiedlicher, erzählerischer Facettierungen. Ein Nebeneffekt, der sich gerade bei der Premierenlesung zeitweise deutlich zeigte:

Für viele derer, die in den 1980ern groß geworden ist, wird das Lesen des Romans selbst und ganz unabhängig vom dramatischen Hintregrund der Geschichte zu einer eigenen Zeitreise – nicht zuletzt deswegen, weil Imbsweiler seine Protagonisten viele Ereignisse der Weltgeschichte von damals Revue passieren lässt, von Perestroika über unmögliche Frisuren bis zum Kremelflieger Rust. Doch es sind auch die schrecklichen Folgen, auch die psychischen für Opfer und Hinterbliebene, die Imbsweiler in „Achtundachtzig“ thematisiert, basierend auf Faktenrecherche, „Traumata, die über Jahrzehnte mitgeschleppt werden“.

All das in einen Einband zu bringen, habe ihn deutlich herausgefordert, „ich hatte manchmal schon Angst, dass die Geschichte zerfleddert. Es war schon eine Herausforderung, das zusammenzukriegen, da hab ich schon mehr geflucht als sonst.“

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