Erfolge in der Behandlung von Herzinsuffiziens Homburger Patienten halfen bei Studie mit

Homburg · Helfen Diabetes-Medikamente bei Herzinsuffizienz? Ja, sagt eine Studie, die Professor Böhm auch am Uniklinikum geleitet hat.

 Bluthochdruck ist einer der Auslöser für Herzkrankheiten.

Bluthochdruck ist einer der Auslöser für Herzkrankheiten.

Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Die chronische Herzschwäche, auch Herzinsuffizienz genannt, ist für mehr als 460 000 Krankenhauseinweisungen in Deutschland verantwortlich, berichtet der Homburger Herzspezialist Professor Michael Böhm, Direktor der Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum. Das seien so viele wie bei keiner anderen Krankheit.

Erkrankte Patienten erlebten außerdem eine enorme Einschränkung ihrer Lebensqualität und auch die Wahrscheinlichkeit, an der Krankheit zu versterben, sei enorm hoch. Doch eine überraschende Entwicklung macht Patienten und Ärzten seit einer Weile Hoffnung: Zwei Medikamente, die eigentlich zur Diabetes-Behandlung entwickelt wurden, haben sich als sehr wirksame Medikamente gegen die Herzinsuffizienz erwiesen.

 „Es hat zwei große Studien gegeben, bei denen Diabetesmedikamente sich als hervorragende Medikamente zur Behandlung der Herzmuskelschwäche darstellten. Dies war vor allen Dingen auch bei Patienten ohne Diabetes mellitus der Fall“, erklärt Professor Böhm,  „die Studien sind im New England Journal of Medicine publiziert worden. Die Tatsache, dass viele saarländische Patienten aus Homburg dort teilnehmen durften, hatte ich auch die Ehre, beide Studien für Deutschland zu leiten.“

Eine chronische Herzinsuffizienz entstehe meist als Folge anderer kardiovaskulärer Erkrankungen wie Bluthochdruck, einer koronaren Herzerkrankung und insbesondere nach Herzinfarkten oder Herzmuskelentzündungen. Außerdem gibt es eine genetische Vorbelastung bei manchen Formen der Herzmuskelerkrankung (genetische Kardiomyopathien).

Effiziente Medikamente zur Therapie der Herzinsuffizienz und vor allem der zugrundeliegenden Erkrankungen seien zwar mit Erfolg in den letzten Jahren entwickelt worden, dennoch blieb die Sterblichkeit und die Zahl der Krankenhausaufnahmen hoch, so Böhm weiter.

Neue Studiendaten lenken das Augenmerk von Kardiologen nun auf die ursprünglich für Diabetes mellitus entwickelten Medikamente Dapagliflozin und Empagliflozin.

 Nachdem einige orale Diabetesmedikamente in der Vergangenheit eine Erhöhung der Krankenhausaufnahme wegen einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz verursachten (sogenannte Glitazone), hatte die amerikanische Zulassungsbehörde (FDA) Sicherheitsstudien für alle neu entwickelten Antidiabetika verpflichtend gemacht.

Die Wirkung der beiden Medikamente auf die Herzschwäche wurde nun in diesen besagten zwei Studien untersucht: Kurz nacheinander wurden die Ergebnisse der Studie publiziert. Es handelte sich um große multizentrische Studien mit zusammen mehr als 8000 Patienten, die doppelblind und randomisiert behandelt wurden.

Interessanterweise wurden herzinsuffiziente Patienten mit einer eingeschränkten Ventrikelfunktion mit und ohne Diabetes eingeschlossen. Alle Studienteilnehmer wurden weiterhin mit einer optimalen Standardtherapie der Herzschwäche versorgt. Beide Studien zeigten übereinstimmend eine Abnahme des Risikos für kardiovaskuläre Todesfälle und Herzinsuffizienz-Krankenhausaufnahmen um etwa 25 Prozent. Die Effekte waren in beiden Studien unabhängig von einer modernen Begleittherapie und bei Patienten mit und ohne Diabetes mellitus vergleichbar.

Aus Diabetes-Medikamenten werden Herzinsuffizienz-Medikamente

„Beeindruckend ist die konsistente Abnahme von Herzinsuffizienzkomplikationen bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern in den Studien.“, berichtet Professor Böhm, der auch Pressesprecher der DGK und Wissenschaftlicher Leiter beider Studien für Deutschland ist. „Das zeigt, dass sich aus einem Diabetesmedikament ein effizientes Herzinsuffizienzmedikament ausweislich der Wirkung bei Nicht-Diabetikern entwickeln kann.“

Professor Andreas Zeiher, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, ergänzt: „Diese Studienergebnisse sind eine wirklich gute Nachricht für alle Patienten mit Herzschwäche. Bisher zeigte kein anderes Medikament derart überzeugende Ergebnisse, ins-besondere auch weil gleichzeitig die Nierenfunktion deutlich gebessert wird.“

 Professor Michael Böhm beim Homburger Herzseminar.

Professor Michael Böhm beim Homburger Herzseminar.

Foto: Thorsten Wolf

Böhms Fazit ist, dass die SGLT2-Hemmer in die Europäischen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz, die im Jahr 2021 erscheinen werden, höchstwahrscheinlich mit einer starken Empfehlung aufgenommen werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort