Aus der Kapelle wurde eine Kirche

Limbach · Vom persönlichen Nachruf auf den verstorbenen Publizisten Fred Oberhauser bis zum 200-jährigen Bestehen des pfälzischen Oberlandesgerichts reicht die Themenpalette der ersten Saarpfalz-Blätter-Ausgabe des Jahres 2016.

 Dass der untere Teil des Limbacher Kirchturms um 1200 als Kapelle errichtet worden war, ist Thema in der neuen „Saarpfalz“-Zeitschrift. Foto: Martin Baus

Dass der untere Teil des Limbacher Kirchturms um 1200 als Kapelle errichtet worden war, ist Thema in der neuen „Saarpfalz“-Zeitschrift. Foto: Martin Baus

Foto: Martin Baus

Dass die protestantische Kirche wahrscheinlich ein halbes Jahrhundert älter ist als bisher gedacht, zu diesem Schluss kommt Jürgen Riedinger nach ausführlicher Analyse der heute noch nachvollziehbaren Bauphasen . Keimzelle des historischen Bauwerks war demnach eine Kapelle, die um das Jahr 1200 entstanden war und die nun das Untergeschoss des Kirchturms bildet. Bis zum First knapp sechs Meter hoch, war dieser kleine Sakralbau der Ausgangspunkt für die sukzessiven Erweiterungen im Laufe der Jahrhunderte. In der neuen "Saarpfalz - Blätter für Geschichte und Volkskunde " zeichnet Riedinger die einzelnen Phasen, die sich am Bau und in seinem Inneren nachvollziehen lassen, detailliert nach. Die heimatkundliche Zeitschrift, die vom Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalz-Kreises herausgegeben wird, liegt jetzt in ihrer ersten Ausgabe für 2016 und als Band 128 insgesamt vor.

Erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde nach Riedingers Recherchen aus der Kapelle eine Kirche, die zunächst noch eine Filiale der Martinskirche in Altstadt auf dem anderen Ufer der Blies war. Nach wie vor vermittelt das Mauerwerk auf der Ostseite des Turmes in deutlicher Unterschiedlichkeit einen Eindruck von den Ausmaßen der ursprünglichen Kapelle. An gleicher Stelle ist auch gut zu erkennen, wo französische Revolutionstruppen 1793 eine Öffnung gebrochen hatten, um die Kirche als Pferdestall nutzen zu können.

"Die Öffnung wurde später wieder zugemauert, was an der Farbe der eingesetzten Sandsteine auszumachen ist", skizziert Riedinger. Veranschaulicht wird sein Beitrag auch durch Bilder, welche die im vergangenen Jahr verstorbene Künstlerin Irmgard Fell von einzelnen Bauphasen der Limbacher Kirche angefertigt hat.

Und noch ein Gotteshaus wird in seinem historischen Werdegang beleuchtet:

Die Kreuzkapelle auf dem Medelsheimer Husarenberg ist das Thema des früheren Ortsvorstehers Rainer Lagall. Unmittelbar nach dem 30-jährigen Krieg, 1656 genau, wird das weithin sichtbare Wahrzeichen der "Parr" im Südosten des Bliesgaus erstmals erwähnt. Bis zur Einweihung des Kapuzinerklosters in Blieskastel war die Kreuzkapelle regelmäßig Schauplatz großer überregionaler Wallfahrten. Zweibrücken nicht nur die Wiege der bayerischen Könige und der Demokratie, sondern auch der modernen Rechtsprechung in Deutschland: Die Zweibrücker Museumsleiterin Charlotte Glück zeichnet anlässlich des 200-jährigen Bestehens des pfälzischen Oberlandesgerichtes nach, wie fortschrittlich die höchste Instanz der pfälzischen Gerichtsbarkeit schon gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit war. Beleg dafür war vor allem der "Assisenprozess" 1833 in Landau. Siebenpfeiffer, Wirth und die übrigen Wortführer des Hambacher Festes wurden von den Geschworenen sensationell von allen Vorwürfen freigesprochen - ein Vorgang, der in anderen deutschen Staaten schlichtweg undenkbar war und den bayerischen König Ludwig I. angesichts des unabhängigen Verfahrens auf die Palme brachte. In pfälzisch-bayerischer Zeit (1816-1919) waren die heute saarpfälzischen Ortschaften der Rechtsprechung in Zweibrücken untergeordnet. Glück lässt Revue passieren, wie das pfälzische Gerichtswesen Zug um Zug Vorbild für ganz Deutschland wurde: Ihrer Meinung nach handelt es sich beim Zweibrücker Oberlandesgericht deswegen um "das älteste moderne Gericht in Deutschland".

Dem Schicksal der Bürger jüdischen Glaubens in Blieskastel widmet sich der Beitrag, den Stadtarchivar Kurt Legrum zusammen mit Jörg Künzer für die "Saarpfalz"-Blätter beigesteuert haben. Sie zeichnen dabei namentlich den Lebens- und Leidensweg von 32 Personen in der Zeit der Nazi-Barbarei nach. Eine ganze Reihe von ihnen wurde in Vernichtungslager wie Auschwitz und Buchenwald deportiert und dort ermordet. Ein Nachruf auf den im Februar verstorbenen Publizisten Fred Oberhauser von Literaturwissenschaftler Reiner Marx komplettiert die neue "Saarpfalz".

Zum Thema:

Auf einen Blick"Saarpfalz - Blätter für Geschichte und Volkskunde ", Ausgabe 1/2016, 64 Seiten, vier Beiträge, zwei Buchbesprechungen, 27 Abbildungen; Kalendarium historischer Veranstaltungen im zweiten Quartal 2016. Bezug: Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalz-Kreises, Zimmer 417, Landratsamt Homburg, Telefonnummer (0 68 41) 1 04 84 09, E-Mail: ute.klosendorf@saarpfalz-kreis.desowie im Buchhandel und bei den Kultur- und Verkehrsämtern der Städte und Gemeinden. Preis: 3,25 Euro. bam

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