Sondereinsatz der Straußbuwe und Straußmäde Wie Zufall fast die Kerb möglich macht

Kirkel-Neuhäusel · Natürlich gibt es in Kirkel-Neuhäusel im Coronajahr keine offizielle Kerb. Doch zwischen gar nicht und ein bisschen etwas ist viel möglich. Die Straußbuwe und -mäde waren da nicht untätig. Eine Baustellenkontrolle sah da plötzlich schwer nach Kerweredd aus.

 Was am Sonntag ganz zufällig aussah wie die traditionelle Kerwerredd der Kirkeler Straußbuwe und Straußmäde war „natürlich“ nur die corona-konforme Inspektion einer Dachbaustelle.

Was am Sonntag ganz zufällig aussah wie die traditionelle Kerwerredd der Kirkeler Straußbuwe und Straußmäde war „natürlich“ nur die corona-konforme Inspektion einer Dachbaustelle.

Foto: Thorsten Wolf

Wie feiert man in diesen Corona-Tagen eigentlich eine traditionelle Kerb? Wie sorgt man dafür, dass diese uralte Tradition, hier vor allem die Kerweredd als zentraler Bestandteil, nicht einem Virenbefall erliegt. Auf diese Frage haben die Kergeler Straußbuwe und Straußmäde um Kerweparrer Yannic Kessler eine fast perfekte Antwort gefunden: Man feiert sie gar nicht so richtig offiziell, sondern in Teilen eher zufällig. Zum Beispiel, wenn man als Kerwegesellschaft am Sonntagmittag seiner gesellschaftlichen Verpflichtung als Teil der Dorfgemeinschaft nachkommt und im Sinne des Allgemeinwohls die aktuellen Dach-Arbeiten an einer Scheunenanlage in der Burgstraße kontrolliert. Wenn da dann zufällig eine Leiter am Gebäude steht, dann kann man als Kerweparrer ja schon mal hochklettern und nach dem Rechten schauen. Und wenn von der gegenüberliegenden Kultkneipe „Tante Milli“ aus Bürger diese ehrenamtlichen Kontrollarbeiten der Straußbuwe und Straußmäde mit Kaltgetränken in der Hand beobachten, immerhin liegt hier ja öffentliches Interesse vor, dann sieht plötzlich alles aus wie eine traditionelle Kerweredd. So ein glücklicher Zufall.

Und Glück hatte, wer ebenso ganz zufällig die Burgstraße entlangwanderte und feststellte, dass da einer von hoch oben über das eine oder andere über die vergangenen Monate in Kergel zum Besten gab. Warum dann nicht die Chance nutzen und sich gegen die Spätsommerhitze in der regulär geöffneten Tante Milli unter Hygiene-Auflagen ein kaltes Bier holen, natürlich nicht ohne die Kontaktdaten zu hinterlassen, und eine Weile dem zu lauschen, was da so alles passiert ist.

Ortsvorsteher Hans-Dieter Sambach würdigte mit einem deutlich sichtbaren Augenzwinkern den „ehrenamtlichen Sonder-Einsatz“ der Kirkeler Straußbuwe und Straußmäde zu Gunsten der öffentlichen Sicherheit im Ort. „Im Zuge der Überprüfung der baulichen Stabilität der Dachsubstanz an dieser Baustelle halte ich es für eine gute Idee, Nützliches mit Gutem zu verbinden – wenn die Straußbuwe und Straußmäde ein wachsames Auge auf das Dach der Scheune haben und damit eine Gefährdung in diesem wilden Verkehrseck vermieden wird. Man sollte hier schon sicheren Fußes vorbeigehen können. Deswegen finde ich es sehr gut, dass die Straußbuwe und Straußmäde die Kirkeler Bauverwaltung bei diesen Kontrollrundgängen unterstützen.“

Dass die Kergeler Kerb damit nicht so stattfinden konnte, wie sie eigentlich hätte stattfinden sollen, war natürlich der Corona-Pandemie geschuldet. Immerhin die Tante Milli konnte im zulässigen und genehmigten Gaststättenbetrieb den Straußbuwe und Straußmäde den geliebten Heimathafen bieten. Wirtin Christina Kessler, Kirkels Kerwemutter, zeigte sich über diese Notlösung einigermaßen zufrieden. Und auch im Rund der Gäste, die sich unter den für den Gaststättenbetrieb geltenden Hygiene-Vorgaben bei der Kerweredd, die eigentlich ja gar keine Kerweredd war, eingefunden hatten, war die Stimmung gut. Dafür sorgte auch „Bauinspekteur“ und Kerweparre Yannic Kessler, der in seiner Rede die großen und kleinen Themen in die Welt hinaus sprach. Von Weizenbier, gereicht in viel zu kleinen Gefäßen, über sich auf kürzestem Weg verirrende Straußmäde, hier wird Straußmäde und Burgnarren-Gardemädchen Justine Boesen ganz genau zugehört haben, bis hin zur in Limbach verpennten 800-Jahr-Feier reichte das, was Yannic Kessler da zum Bier und Wein reichte. Gegen Ende gab es auch nachdenkliche Töne. So als es um das gegenwärtige Schicksal der Veranstaltungsbranche ging, für Yannics Mutter Christina Kessler ein Herzensthema, ist die Tante Milli doch auch ein Ort der Live-Kultur. Da verwunderte es nicht, dass neben dem klassischen Kerwerstrauß auch solche ganz in Rot zu sehen waren, als Solidaritätsbekundung der Straußbuwe und Straußmäde zur Aktion „Alarmstufe Rot“ der Veranstaltungsbranche.

Es war also einiges geboten am Sonntagmittag bei der Kergeler Kerweredd. Nur eines hätte man vielleicht noch an die Situation anpassen können: Die Kerwegesänge. Statt einem kernigen „Die Kergeler Kerb, sie lebe hoch“, hätte doch auch ein schmissiges „Die Kergeler Dachinspektion, sie lebe lang“ gut gepasst.

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