Zu Gast am Hof des deutschen Kaisers

Homburg. Geschichtsunterricht aus erster Hand erfuhren jetzt die Schüler der Klasse 9c des Homburger Saarpfalz-Gymnasiums. Mit Marianne Henn hatte Geschichtslehrer Eberhard Jung einen ganz interessanten Gast eingeladen

 Zeitzeugin Marianne Henn (vorne rechts sitzend mit Schülerin Alina Keßler) berichtete über ihre Begegnung mit Kaiser Wilhelm II. Rechts: Lehrer Eberhard Jung. Foto: Bernhard Reichhart

Zeitzeugin Marianne Henn (vorne rechts sitzend mit Schülerin Alina Keßler) berichtete über ihre Begegnung mit Kaiser Wilhelm II. Rechts: Lehrer Eberhard Jung. Foto: Bernhard Reichhart

Homburg. Geschichtsunterricht aus erster Hand erfuhren jetzt die Schüler der Klasse 9c des Homburger Saarpfalz-Gymnasiums. Mit Marianne Henn hatte Geschichtslehrer Eberhard Jung einen ganz interessanten Gast eingeladen. Die 89-jährige Zeitzeugin aus Homburg konnte den Jugendlichen von ihren Erlebnissen aus der Zeit des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II (1859-1941) berichten, den sie noch persönlich kennen gelernt hatte. Er entstammte der Dynastie der Hohenzollern und hieß mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen. Die dreißigjährige Regentschaft Wilhelms II im Deutschen Reich (1888 bis 1918) als letzter deutscher Kaiser und König von Preußen wird auch als die wilhelminische Epoche bezeichnet. Abgerundet wurde diese ganz besondere Geschichtsstunde, an der auch Schulleiter Jürgen Helwig teilnahm, von einem beeindruckenden Referat der Schülerin Alina Keßler. Unter dem Titel "Der Kaiser und das Hühnchen" zeichnete sie die Erinnerungen der 1921 in Gersweiler geborenen Pfarrerstochter Marianne Henn an ihre Begegnung mit Wilhelm II nach. Den schon entmachteten Kaiser habe sie durch ihren Vater Friedrich August Henn kennen gelernt, der 1927 als Pfarrer eine Stelle in Rotterdam erhielt und Frau und Tochter mit nach Holland nahm. "Dadurch kam es auch zum Kontakt mit dem im holländischen Exil in einem kleinen Schloss, dem Haus Doorn, lebenden Kaiser Wilhelm II", erzählte Marianne Henn. Ihren Vater durfte sie oft bei seinen Besuchen beim Kaiser an den Doorner Hof begleiten, so die ehemalige Gemeindediakonin sowie Religionslehrerin an der Grundschule Sonnenfeld. Der Kaiser habe sie häufig liebevoll als "das Hühnchen vom Hennchen" begrüßt, womit Seine Majestät auf die nicht eben große Statur von Pfarrer Henn anspielte, erinnerte sie sich schmunzelnd. Obwohl Wilhelm II nach seiner Abdankung im November 1918 ins niederländisches Exil in einem großen Schloss mit Park wohnte, sei er praktisch eingesperrt gewesen. "Er war damals unglücklich, aber nie verbittert", berichtete Henn. Ihre persönlichen Erinnerungen an ihn seien geprägt von einem ganz anderen Kaiser, den man sich heute noch vorstellt. Sie beschrieb ihn als sehr gebildet, religiös, demütig und als Familienmensch. "Ich kann nicht über den politischen, sondern nur über den Privatmenschen berichten", sagte Henn zu den Schülern. Aus der Begegnung mit dem Kaiser sei bis zu seinem Tod "eine wirklich verstandene innere Bindung" geworden, wies Marianne Henn auf die Freundschaft ihres Vaters mit Wilhelm II und die herzliche Atmosphäre zwischen den beiden hin. Alle Briefe und Fotos, darunter ein Bild des Kaisers mit Widmung anlässlich ihrer Konfirmation, hat die 89-Jährige aufbewahrt. re

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