Wenn ein Händedruck zum Kulturschock wird

Homburg · Das Verhalten von Migranten und Flüchtlingen besser bewerten zu können, war unter anderem das Ziel einer Schulung, die das Caritas-Zentrum Saarpfalz seinen Beschäftigen angeboten hatte.

 Migrationsberaterin Anna Schabert will beim Rollenspiel einem Flüchtling zur Begrüßung die Hand geben, der aus religiösen Gründen zögert. Im Hintergrund: Prof. Jürgen Beneke vom Interkulturellen Kompetenzzentrum Rheinland-Pfalz. Foto: Dieter Schmitt

Migrationsberaterin Anna Schabert will beim Rollenspiel einem Flüchtling zur Begrüßung die Hand geben, der aus religiösen Gründen zögert. Im Hintergrund: Prof. Jürgen Beneke vom Interkulturellen Kompetenzzentrum Rheinland-Pfalz. Foto: Dieter Schmitt

Foto: Dieter Schmitt

Über 40 Beschäftigte des Caritas-Zentrums Saarpfalz haben an einer Schulung zur Verbesserung ihrer interkulturellen Kompetenz teilgenommen. Anlass waren die gestiegenen Anforderungen und offenen Fragen in der Migrations- und Flüchtlingsarbeit. Gearbeitet wurde in drei Gruppen an jeweils zwei Vormittagen in Homburg und St. Ingbert. "Zu mir kommen viele syrische Flüchtlinge in die Beratung, die mir als Frau nicht die Hand geben", berichtet Anna Schabert aus ihrem Alltag in der Migrationsberatung. "Wie gehe ich damit um?" Die Frage stellt sie im Workshop, organisiert vom Interkulturellen Kompetenzzentrum Rheinland-Pfalz. Der wissenschaftliche Leiter des Zentrums, Prof. Jürgen Beneke, warnt, das Verhalten des Flüchtlings reflexhaft als bewussten Affront zu werten. "Der Islam verbietet den Händedruck zwischen Nicht-Verheirateten", klärt er auf. "Flüchtlinge wissen von daher nicht, wie sie mit deutschen Frauen umgehen sollen. Für sie ist es ein Schock, wenn eine Frau auf sie zugeht." Im konkreten Fall rät er zu Besonnenheit und Aufklärung im Gespräch. "Den Händedruck zu erzwingen, bringt nichts. Aber es ist wichtig, klar zu machen, dass wir hier in Deutschland leben und hierzulande Männer und Frauen ein anderes Verhältnis zueinander haben als in Syrien." Es gelte das Grundgesetz als zentrale Orientierungsgröße, das unter anderem die Gleichheit von Mann und Frau garantiert. Der Experte stellt mehrere weitere Situationen im Workshops nach. Ob Homosexualität, Blickverhalten oder Abstandsverhalten im Gespräch - immer schlagen die in der Kindheit erlernten kulturellen Muster durch, referiert Beneke. Caritas-Mitarbeiterin Anna Schabert sagte: "Flüchtlinge müssen erst lernen, welche Spielregeln hier gelten. Was als normal gilt. Was man hier erwartet." Dabei gehe es nicht darum, dass die Asylsuchenden ihre bisherige Kultur ablegen, sondern in Deutschland geltende und erwartete Verhaltensweisen erlernen. "Wichtig ist, mit den Flüchtlingen darüber offen zu sprechen und ihnen, wenn nötig, auch klarzumachen, dass sie andernfalls keine Chance haben, in einer Firma angestellt zu werden." Die Anregung zu der Fortbildung kam aus den eigenen Reihen. In einer Befragung hatten Beschäftigte Situationen beschrieben, in denen sie sich unsicher fühlten. "Es stellen sich aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Prägung immer öfter Fragen", so der Leiter des Caritas-Zentrums, Andreas Heinz. "Auf diese Fragen brauchen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Antworten."

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