„Was passierte damals in Homburg?“

Homburg · Am Volkstrauertag nahmen 14 Schüler und Schülerinnen an den Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs teil. Sie trugen 17 selbst verfasste Gedichte in der Saarbrücker Ludwigskirche vor, legten anschließend in Spichern (Frankreich) an drei Gedenkstätten jeweils einen Kranz nieder und trugen das Totengedenken in französischer, englischer und deutscher Sprache vor.

 Verena Paul zeigt den Schülern des Saarpfalz-Gymnasiums ein Gräberfeld von polnischen und sowjetischen Zwangsarbeitern auf dem Friedhof von St. Johann in Saarbrücken. Foto: SZ/Jung

Verena Paul zeigt den Schülern des Saarpfalz-Gymnasiums ein Gräberfeld von polnischen und sowjetischen Zwangsarbeitern auf dem Friedhof von St. Johann in Saarbrücken. Foto: SZ/Jung

Foto: SZ/Jung

Beim letzten Wandertag unternahmen wir mit unserem Leiter der AG Geschichte, Eberhard Jung, eine Stadtrundfahrt "Auf den Spuren der Nazi-Herrschaft in Saarbrücken ". Stationen waren unter anderem das Staatstheater, mit dessen Bau Hitler den Triumph bei der Saarabstimmung 1935 feierte, der Alte Friedhof in St. Johann mit dem Grab von Willi Graf , die wiederaufgebaute Synagoge, der Schlossplatz mit dem Historischen Museum und der ehemaligen Gestapozelle sowie der Ort des Gestapolagers auf der Neuen Bremm. Während der Stadtrundfahrt mit dem Bus wurde man außerdem auf verschiedene andere Gebäude aufmerksam gemacht, die in den zehn Jahren der Nazidiktatur an der Saar (1935-1945) eine Rolle spielten, so zum Beispiel die jüdische Volksschule (Schillerschule). Eine DVD mit Zeitzeugeninterviews bot weitere Informationen.

Wir waren überrascht von den schlimmen Vorkommnissen in unserer Landeshauptstadt während des Dritten Reichs, den Schandtaten gegenüber Zwangsarbeitern, Juden und Systemkritikern. Zugleich aber waren wir begeistert von der gründlichen Aufarbeitung dieser schrecklichen Zeit und fragten uns: Warum gibt es nichts Vergleichbares in Homburg?

Sicherlich, man kennt hier die Kostümführung von Monika Link in der Rolle von Regina Wirth auf den Spuren der Freiheitskämpfer Siebenpfeiffer und Wirth, außerdem den Stadtrundgang mit Stadtarchivar Hans-Joseph Britz auf jüdischen Spuren und mehrere interessante Themenführungen mit Klaus Friedrich. An all diesen historischen Exkursionen haben wir von der AG Geschichte schon teilgenommen. Es gibt aber bisher noch keine Überblicksveranstaltung über Homburg im Dritten Reich. Entsprechend gering ist daher auch das Wissen der meisten Homburger über die Geschehnisse vor Ort in dieser Zeit. Wer kennt schon den geheimnisumwitterten Russenfriedhof und individuelle Schicksale der Zwangsarbeiter? Wo waren die Zwangsarbeiter beschäftigt und wie gingen die Homburger mit ihnen um? Gab es auch couragierte Widerstandskämpfer in Homburg? Wenn ja, was ist mit ihnen passiert? Wie reagierten die Homburger auf den Einmarsch der Amerikaner im März 1945? Wie verlief die Entnazifizierung?

Alles "heiße" Themen, die uns interessieren und die wir nicht verdrängen wollen. Wir würden einiges gern nachlesen, aber wir kennen kein umfassendes Buch, das Auskunft über die gesamte Homburger Stadtgeschichte gibt.

Am 1. April 2015 wird man sich deutschlandweit des 200. Geburtstages von Bismarck erinnern. Wer weiß schon, dass Otto von Bismarck der erste Ehrenbürger von Homburg war? Warum eigentlich - und war diese Huldigung sinnvoll? Er war der Kanzler der Einheit (1871) und hat sich Anfang August 1870 zu Beginn des Deutsch-Französischen Krieges in Homburg kurz aufgehalten. Reicht das zum Ehrenbürger einer Kleinstadt?

Warum ist dann Helmut Kohl nicht unser Ehrenbürger geworden? Er war ja auch Kanzler der Einheit (1990) und als Pfälzer sogar noch öfter in Homburg und im Saarpfalz-Kreis als Bismarck.

Übrigens, war Hitler auch Ehrenbürger in Homburg oder anderen Orten in der Umgebung? Wie weit ging der Personenkult, dessen man sich heute oft schämt? Wer kennt heute noch die Adolf-Hitler-Straße in Homburg? Fragen über Fragen bezüglich der Homburger Geschichte!

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