Umstrittenes Sauna-Bad in Homburg Politik uneins über Umgang mit Koi-Bad

Homburg · Erschwerte Kontrolle, geschönte Zahlen, starke Informationsdefizite – die Fraktionen von Linken und Grünen sind sehr unzufrieden, wenn es ums „Koi“ geht. Ganz anders urteilen CDU und SPD, die im Aufsichtsrat der Homburger Bädergesellschaft mbH Einblicke in alle Daten haben. Zehn Jahre werde das Bad mindestens noch Miese machen, schätzt CDU-Fraktionschef Stefan Mörsdorf.

 Der Bau des Kombibades Koi hat die Sorgen um subventionierte Homburger Schwimmeinrichtungen nicht gemindert. Viereinhalb Jahre nach seinem Bau pumpt die Stadt auch ins Koi jede Menge Geld.

Der Bau des Kombibades Koi hat die Sorgen um subventionierte Homburger Schwimmeinrichtungen nicht gemindert. Viereinhalb Jahre nach seinem Bau pumpt die Stadt auch ins Koi jede Menge Geld.

Foto: dpa/dpaweb/A2800 epa AAP Julian Smith

Zukunftsversprechen oder Riesenfehler der Vergangenheit? Was die Rolle des knapp viereinhalb-jährigen Kombibads Koi angeht, urteilen die Homburger Stadtrats-Fraktionen völlig verschieden. Wir haben SPD, CDU, Grüne, Linke und FWG befragt, nachdem die Stadt eingeräumt hatte, für 2018 410 000 Euro Betriebskosten-Sonderzuschuss ins Bad pumpen zu müssen, damit es nicht wie 2017 erneut in finanzielle Schieflage gerät. Bei der letzten Stadtratssitzung wurde im Geheimen ein erneuter Zuschuss von 205 000 Euro als Abschlag verabschiedet.

Die FWG blieb eine Antwort schuldig – damit ist unklar, ob sie die Entwicklung ebenso tendenziell positiv sieht wie SPD und CDU. Die Sozialdemokraten entsenden seit dem Aus von OB Schneidewind nur noch vier Mitglieder in den nun noch achtköpfigen Aufsichtsratsrat der Homburger Bädergesellschaft mbH (HBG), über den alle Verträge zum Bau und Betrieb des Bades laufen (siehe Infoxbox). Die CDU ist mit drei Personen vertreten, die FWG mit einer.

Wilfried Bohn (SPD) erklärt, seine Partei unterstütze das Koi-Konzept weiter, denn die aktuelle Lösung belaste die Stadt weniger als die beiden separaten Bäder früher, die im Stadthaushalt mit rund einer Million Euro pro Jahr zu Buche schlugen. „Da würde ein Zuschuss von 410 000 Euro eine erhebliche Entlastung bedeuten“, schreibt Bohn in Bezug auf die erwähnte 2018er Sonderzahlung. „Uns war von Anfang an bewusst, dass für das Bad Zuschüsse benötigt werden.“ Für Bohn ist es vor allem eine Frage des Images, um das Bad erfolgreicher zu machen: „Es hat sich gezeigt, dass die Zahl der […] Besucher stieg, als die ausgesprochen negative Diskussion über das Bad in den Hintergrund verschwand. Mittlerweile werden die positiven Seiten des Bades mehr betont, was zur Folge hat, dass mehr Menschen aus dem gesamten Umfeld Saarland und Pfalz das Koi besuchen.“ Auch verweist er auf das neue Klettergerüst. Man müsse wohl länger als eine Saison warten, ehe man da den Effekt auf die Besucher messen könne. Ein Eigenbetrieb sei indes „derzeit keine Option“, denn es bestehe „zwischen Betreiber und Aufsichtsrat ein reger Kontakt, der sich bewährt hat“.

Auch Stefan Mörsdorf (CDU) will von einem Eigenbetrieb nichts wissen: „Ich bin da sehr skeptisch. Das sollen die tun, die etwas davon verstehen.“ Dann ergänzt er: „Solange es transparent läuft, ist es kein allzu großes Problem. Wenn wir jederzeit an die Zahlen kommen, können wir über die Partnerschaft mit HBG sagen, wir stellen uns das so und so vor.“ Die Stadtratsvertreter im HBG-Aufsichtsrat seien „sehr gut über aktuelle Geschehnisse informiert“. Es sei in seinen Augen nicht das Betreiben der Geschäftsführung „uns hinter die Fichte zu führen“, Daten würden keine zurückgehalten. Mörsdorf ist zwar „optimistisch, dass die Zuschüsse reduziert werden können“, er geht aber davon aus, dass das Bad-Defizit erst in zehn Jahren abgebaut sein kann – und das nur durch „Reklame und Events“. Solle es nur ein Spaßbad sein, müsse der Eintritt erhöht werden und es gäbe dann keine Stätte mehr für Schul- und Vereinssport, mahnt er. Seine Partei werde „immer stark prüfen, ob die Rechnung stimmt. Dass man uns was unterjubelt, damit ein privater Betreiber seinen Nutzen daraus zieht und wir die Rote Karte haben, das geht nicht.“ Auch dürfe es keinen Automatismus geben, wonach die Stadt jedes Jahr einen Betriebskostenzuschuss von mehreren hunderttausend Euro an die Koi-Betreiber zahlt. Der Haupt- und Finanzausschuss und der Stadtrat müssten zustimmen.

Zwar prangert auch die Linke an, dass ein Betriebskostensonderzuschuss („2017 die Insolvenz zu verhindern, war eine Ausnahmesituation“) nicht selbstverständlich werden dürfe. Gleichzeitig hat Linken-Fraktionschefin Barbara Spaniol erhebliche Zweifel, dass die Kontrolle klappt: „Die reine Diskussion im Aufsichtsrat reicht nicht – aber das ist eben das Problem dieses ÖPP-Projekts. Die Stadt ist letztlich aus dem laufenden Geschäft herausgehalten“, so Spaniol. Und: Schon bei der ersten Beinahe-Insolvenz 2017 sei der Stadtrat „mit im Vorfeld geschönten Besucherzahlen getäuscht worden“. Informationen flossen demnach nicht. Die kleineren Fraktionen wie die Linken, welche nicht im Aufsichtsrat der HBG vertreten sind, hätten erst Anfang April 2017 im Haushalts- und Finanzausschuss von Problemen erfahren, die seit Mitte 2016 bestanden hätten.

Künftig müsse „vieles auf den Prüfstand: Management- und Marketingfehler gehören dringend ausgeräumt etc“. Das Bad müsse vor allem für Familien attraktiver werden – denn diese nutzten es, wenn sie sich etwa einen Urlaub nicht leisten könnten. Die Eintrittspreise müssten „viel stärker sozial gestaffelt“, Rabatte und Preisnachlässe gewährt werden. Die Eintrittspreise seien für die Region zu hoch, viele Gäste gingen daher woanders hin. Auch müsse die Gastronomie „familienfreundlich in Angebot und Preisen sein – insgesamt können mit diesen Änderungen die Besucherzahlen steigen, was Defizit und städtische Ausgaben reduzieren wird“. Auch die Werbung („muss dringend verbessert werden“) und Anbindung für Wohnmobilfahrer sei nicht optimal: „Ein paar Parkplätze reichen nicht aus. Wohnmobilisten nutzen Schwimmen, Wellness und Stadtbesuche als Ganzes.“ Insgesamt spricht sich Spaniol für den Eigenbetrieb durch die Stadt aus – den die Linken „von Anfang an gefordert“ hätten. Schon vor dem Koi-Bau hatte sie eine öffentlich-private Partnerschaft (PPP/ÖPP-Modell) angeprangert, als „einen Schritt in Richtung Privatisierung, nur in anderer Verpackung“ kritisiert. Damit knebele sich die Stadt auf 25 Jahre in einem Vertrag mit einem privaten Betreiber – verbunden mit vielen wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken. Wenn der private Partner abspringe, habe die Stadt das Bad zwar noch inne, aber auch alle „Risiken und Nebenwirkungen“ der ÖPP.

Eine Insolvenz des ÖPP-Partners etwa würde unkalkulierbare Mehrkosten für die Stadt zur Folge haben. Zudem seien die Abschlüsse und Verträge in dem von der Stadt gewählten ÖPP-Modell intransparent. Spaniol: „Für Bürger und Ratsvertreter wird es schwierig, Einfluss auf die Vertragsgestaltung zu nehmen, etwa im Hinblick auf Eintrittspreise und die Ausstattung des Bades. Hinzu kommt die Ausgliederung der öffentlichen Aufgabe „Badkonzept“ in die städtische Bäder-GmbH, die ebenfalls Partner in der ÖPP sei. Die Kontrolle durch den Stadtrat werde damit erschwert.“

Gefragt nach Verbesserungsvorschlägen setzt auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Yvette Stoppiera-Wiebelt hier an: „Die Grünen-Fraktion ist nicht im Aufsichtsrat der Homburger Bädergesellschaft vertreten. Der Aufsichtsrat tagt nach unserem Kenntnisstand einmal im Monat und nicht öffentlich. Tagesordnungen/Inhalte der Sitzungen sind uns nicht bekannt. Aufgrund des starken Informationsdefizits ist es uns nicht möglich, Vorschläge zur Reduktion des Defizits zu unterbreiten.“ Stoppiera-Wiebelt erinnert daran, dass die Grünen 2017 eine Erhöhung des Betriebskostenzuschusses („akzeptieren keinen Automatismus“) abgelehnt und für eine geordnete Insolvenz geworben hatte, um das Koi so kurzfristig in den Eigenbetrieb zu überführen und danach „mit realistischen Zahlen“ den Betrieb erneut auszuschreiben. Die Grünen-Fraktionschefin: „Wir hatten in der Vergangenheit mehrmals drauf hingewiesen, dass aus unserer Sicht bei dem ÖPP-Projekt das wirtschaftliche Risiko bei der Stadt läge. Verwaltung und die große Koalition hatten dieses Risiko heruntergespielt und auf ‚sichere‘ Verträge, die keine Erhöhung des vertraglich fixierten Betriebskostenzuschusses ermöglichen, verwiesen. Durch die Insolvenz-Androhung des Betreibers hat sich die Stadt bezüglich des Betriebskostenzuschusses erpressbar gemacht.“ > Siehe auch: Seite C 1

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort