Johanneum Tanz um das Goldene Kalb des Kommerz

Homburg · Beim Schulprojekt „Zeitenwende“ nahmen Johanneum-Schüler die Zeit der Reformation unter die Lupe.

 Die „Dancing Queens and Kings“ inszentierten als Teil des Schulprojektes „Zeitenwende“ den Ablasshandel aus der Zeit Luthers als Tanz der Moderne um das Goldene Kalb des Kommerz.

Die „Dancing Queens and Kings“ inszentierten als Teil des Schulprojektes „Zeitenwende“ den Ablasshandel aus der Zeit Luthers als Tanz der Moderne um das Goldene Kalb des Kommerz.

Foto: Thorsten Wolf

Eigentlich ist das Luther-Jahr ja schon zu Ende. Doch am Homburger Gymnasium Johanneum hat man, quasi als Echo der zurückliegenden Feierlichkeiten, in der vergangenen Woche auf aufwendige und durchaus ungewöhnliche Art die Reformation aufgearbeitet. Dass dies an einer katholischen Schule geschah, gab dem Ganzen zudem einen eigenen Reiz. Dabei wurde schon mit dem Titel „Zeitenwende“ klar, dass das Projekt nicht schlicht eine Nachbetrachtung sein sollte. Vielmehr ging es für die Schülerinnen und Schüler aus den Klassenstufen 8 bis 11 zusammen mit ihren Lehrern darum, Luther und sein Wirken aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und auch kritisch zu beleuchten – und das tatsächlich fächerübergreifend.

Zu Beginn der vergangenen Woche wurde dazu mit zwei eigens angesetzten Projekttagen das in die Realität umgesetzt, was dann am besagten Donnerstag bei einem Präsentationsabend zu einer wahrlich multimedialen Aufarbeitung von Luther wurde. In knapp 30 völlig unterschiedlichen Projektgruppen ging es dabei nicht immer ganz direkt um den Reformator. Vielmehr wurde auch seine Zeit und Zeitgeschichtliches zum Gegenstand der perspektivischen Betrachtungen – von der Architektur über den Buchdruck und die Astronomie bis hin zu Alchemie, Hexenwahn und Zeitmessung. Es wurde getanzt, gerappt, Lebensstationen von Luther mittels Playmobil-Figuren verfilmt, Luther twitterte – das Thema „Zeitenwende“ und die damit auch verbundene Übertragung von Historischem in Aktuelles war allgegenwärtig am vergangenen Donnerstag.

Zusätzlich bot das „Silentium“ gemeinsam mit dem Mensa-Team der Schule noch „Luther-Suppe“, „Luther-Brot“ und „Luther-Stempel“ an, die einzigartige Geschichtsstunde ging also auch durch den Magen. Zu erleben war all dies zum einen in zwei Live-Bühnen-Phase, zum anderen bei einem „Museums-Rundgang“ durch viele Klassensäle des Johanneums. Initiator des Mammut-Projektes war der evangelische Schulpfarrer Franz Raquet als Ideengeber und Visionär, an seiner Seite sorgte eine wie immer energische Edith Klenner dafür, dass aus den Ideen Realität wurde.

Doch wie kommt man eigentlich auf die Idee, Luther und sein Wirken an einer grundsätzlich katholischen Schule auf diese Weise aufzuarbeiten? Hier nannte Raquet den Hintergrund als christliche Schule und die Einzigartigkeit des Jubiläums an sich als Impuls. Vor der Sommerferien habe er, so Raquet, das Projekt im Kollegium vorgestellt und dort große Unterstützung erfahren. Und im Gespräch mit unserer Zeitung ergänzte Edith Klenner: „Uns war es dabei wichtig, dass sich alle Fachschaften der Schule an dem Projekt beteiligen.“ Damit habe man, so die Lehrerin, von vorneherein vermeiden wollen, dass sich alles auf Luther und die Reformation fokussiere „und dann nur die Bereiche Geschichte und Religion an dem Projekt teilnehmen. Damit hätten wir aber den großen Teil des Kollegiums abgekoppelt. Und das wollte wir eben nicht.“

Quer über alle Fächer seien eine Vielzahl von Themen erarbeitet worden. „Damit haben alle Fachschaften einen Platz gefunden, auf dem sie sich mit ihrem Projekt ansiedeln konnten.“ Danach ging es in den beiden Projekttagen um die praktische Umsetzung, Finale war schließlich der Präsentationsabend am Donnerstag. Und der bewies schon von der ersten Minute an, was „fächerübergreifend“ bedeutet: Ganz den Naturwissenschaften verpflichtet, brachte eine Schülergruppe unter der Leitung von Lehrerin Claudia Oswald im Schulhof fünf mit Wasserstoff gefüllte Ballons, als numerischer Hinweis auf fünf Jahrhunderte Reformation, zum Explodieren – natürlich live übertragen in die Aula der Schule.

In diesem Stile ging es über den Abend hinweg weiter, so inszenierten die „Dancing Queens and Kings“ von Bärbel Hüther den Ablasshandel, also einen der wesentlichen Impulse für Luthers Reformation, als neuzeitliches und dekadent glitzerndes Tanz-Spektakel.

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