Evangelische Kantorei Homburg Stefan Ulrich und die Freude am Jazz

Homburg · Der Kantor des evangelischen Kirchenbezirks hat mit „Sonntagmorgenfrühaufstehblues“ eine eigene CD herausgebracht. Als „Corona-Projekt“.

 Bezirkskantor Stefan Ulrich hat jetzt eine CD mit zwölf eigenen Kompositionen auf der Orgel herausgebracht.

Bezirkskantor Stefan Ulrich hat jetzt eine CD mit zwölf eigenen Kompositionen auf der Orgel herausgebracht.

Foto: Sebastian Dingler

So was kommt dabei raus, wenn Kirchenmusiker Jazz studieren! Diesen Satz kann man natürlich so oder so betonen. Je nachdem wirkt die Aussage positiv oder negativ. Im Falle von Stefan Ulrich und seiner jetzt erschienenen CD „Sonntagmorgenfrühaufstehblues“ ist es aber klar – die Zuneigung eines Kirchenmusikers zum Jazz ist eine prima Sache.

Ulrich, seines Zeichens Kantor des evangelischen Kirchenbezirks, hat 2007 ein Jazzpiano-Studium in Saarbrücken abgeschlossen. Schon seit Längerem verbindet er beide Leidenschaften, den Klang der Kirchenorgel und die Liebe zum Jazz, und tritt mit dem Saxofonisten Thomas Girard in Kirchen als Jazz-Duo auf. Jetzt gibt es also Ulrichs erste Solo-CD mit jazzigen Eigenkompositionen. Wer nun unter Jazz eine Ansammlung von vielen durcheinander gespielten schrägen Tönen versteht, braucht keine Angst vor dem Album zu haben: Vieles von dem, was Ulrich da spielt, hat in anderen Musikgenres seine Heimat.

Gut, das erste Stück der CD, „Jazz am Sonntag“, könnte man sich gut in einem Bigband-Arrangement vorstellen, besitzt aber einen fröhlich-verspielten Charakter. Das zweite ist das Titelstück und ein eher träger Blues, dem man anhört, dass es wohl auch für Kirchenmusiker kein Spaß ist, sonntagmorgens früh aufzustehen. „Ich bin ja Sozialkontakten nicht abgeneigt“, erzählt Ulrich dazu, was bedeuten soll, dass es samstagabends auch mal etwas länger werden kann. „Aber während andere sich dann noch mal langstrecken, muss ich sonntagmorgens eben raus.“

Das Stück „Funk sei Dank“ wiederum versucht das nahezu Unmögliche: den durch Bass und Schlagzeug bestimmten Groove des Funk mit einem eher trägen Instrument wie der Kirchenorgel zu erzeugen. Aber was fehlt, muss man sich eben dazudenken – dann funktioniert auch dieses Stück. Das ist sogar meistens so bei den Stücken der CD. Ulrich spielt darauf zwar den Bass mit den Füßen, ergänzt die Harmonien mit der linken Hand und setzt das Thema oder die Improvisation mit der rechten. Aber das in der Barockmusik nicht nötige Schlagzeug fehlt eben. Auch enthält die CD natürlich keinen Gesang. Dabei könnte man sich den beispielsweise im „Präludium Nr. 5“ gut vorstellen: Von der Melodie und den Harmonien her könnte daraus ein Popsong entstehen, der im Radio läuft.

Darüber hinaus enthält das Album Meditatives, Rock, Musette, Prog-Rock und am Ende sogar einen Reggae. Dieser kombiniert eine liebliche Melodie mit krassen Breaks, in denen Motive des Miles-Davis-Stücks „So What“ auftauchen. Somit heißt der Song „What So Reggae“. Alle Stücke, erzählt Ulrich sind schon vor über zehn Jahren komponiert worden. 2013 hatte er sie als Notenbuch bei einem Wiener Verlag herausgebracht – was zum Beispiel dazu führte, dass es Youtube-Videos mit seinen Kompositionen gibt, an denen er gar nicht beteiligt war.

Einige der Stücke hat Ulrich auch im Repertoire seines Duos mit Thomas Girard gehabt. „Der Ansatz der Kompositionen ist ja ein jazziger. Es gibt immer Raum für Improvisation“, sagt der Organist dazu. Oftmals hat er seine Stücke in Programmen von Orgelkonzerten untergebracht. Einen Konzertabend nur mit den eigenen Kompositionen zu füllen, so weit hat er bisher aber nicht gedacht. „Das wäre gar keine schlechte Idee“, meint er dazu. Jetzt will er sich aber erstmal um seine Bandprojekte kümmern: „Luther Experience“ ist ein Sextett, das Texte und Lieder von Martin Luther in einen modernen Band-Kontext setzt. „Trashjazz“ hat dagegen keinen kirchlichen Bezug: Mit dieser Formation verjazzt Gitarrist Endi Caspar schlimme Ohrwürmer der Neunziger von Haddaway, Ace of Base oder Dr. Alban.

Ulrich hat also immer was zu tun – deswegen hat es auch so lange gedauert mit der Aufnahme seiner eigenen Kompositionen. „Das war ein Corona-Projekt“, sagt er, also eine der vielen künstlerischen Blüten der Lockdown-Zeit. Er habe das immer vor sich hergeschoben und erst im letzten Frühjahr Zeit gefunden, die Stücke in der protestantischen Stadtkirche auf der Steinmeyer-Orgel einzuspielen. Seine Frau Carola, Leiterin der städtischen Musikschule, habe nicht locker gelassen, verrät Ulrich im Begleittext der CD. Gut so.

Wer die CD „Sonntagmorgenfrühaufstehblues“ erwerben möchte, kann dies über das Kontaktformular der Webseite stefanulrich.com anfragen oder eine Mail an stefan.ulrich@evkirchepfalz.de schreiben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort