Untersuchungsausschuss des Landtags Schwere Vorwürfe gegen Uniklinik
Saarbrücken · Bei der Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses des Landtags im Falle des mutmaßlichen Missbrauchs an der Uniklinik Homburg sind die Opferanwältinnen zu Wort gekommen. Es gebe Verfahrensfehler, die nicht tragbar seien, hieß es.
Der Landtags-Untersuchungsausschuss zum Missbrauchsverdacht am Uniklinikum Saar (UKS) in Homburg ist am Mittwoch mit der Anhörung und Befragung von drei Anwältinnen mutmaßlicher Opfer in die Beweisaufnahme eingetreten.
Dabei richtete die Saarbrücker Fachanwältin für Strafrecht,
Rosetta Puma, die zwei zur Tatzeit fünfjährigen Jungen und ein seinerzeit 15-jähriges Mädchen vertritt, heftige Vorwürfe gegen Verantwortliche der Universitätsklinik. Die Klinik bestritt die Fälle mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs durch einen 2016 verstorbenen Assistenzarzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie unter Berufung auf ein neueres Gutachten. Zugleich warf die Anwältin die Frage auf, ob nicht auch bei behördlichen Instanzen Fehlverhalten vorgelegen habe. Laut ihrer Darstellung waren kinderpornografische Fotos auf Datenträgern in den Privaträumen sowie zwei Fotos in dem Büro des Beschuldigten von der Polizei sichergestellt worden.
„Ich sehe keinen Interpretationsspielraum für die UKS“, sagte die Anwältin. Vorwürfe gegen den schon 2011 in einer anonymen Anzeige wegen pädophiler Veranlagung beschuldigten Assistenzarzt seien frühzeitig bekannt gewesen, aber nicht konsequent genug weiterverfolgt worden. Auch sei in einem Fall eine Patientenakte nachweislich gefälscht worden, weil eine bei Untersuchungen aufgeführte Krankenschwester an dem bewussten Tag gar nicht im Dienst gewesen sei. Zudem erhebe sich die Frage, warum in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie von dem Assistenzarzt überhaupt in so großem Ausmaß körperliche Untersuchungen im Intimbereich der Kinder und Jugendlichen vorgenommen worden seien.
„Es gab einzelne Fälle mit bis zu neun Genitaluntersuchungen“, erklärt die Anwältin. Eine zur Tatzeit 15-Jährige sei zudem nach ihrer Aussage bei der Eintrittsuntersuchung in den Schritt gefasst und später bei einem Spaziergang in der Klinik sexuell berührt worden. Ungeklärt sei auch, warum die Staatsanwaltschaft zunächst im Juli 2016 in Absprache mit der UKS empfohlen habe, die möglichen Missbrauchsbrauchssopfer und ihre Eltern zu informieren, dann aber im Dezember 2016 entschieden habe, dies doch nicht zu tun.
Nachdem die UKS jüngst in einer Presseerklärung alle Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt hatte, es seien keine sexuellen Übergriffe feststellbar gewesen, betonte Strafrecht-Anwältin Puma: „Ich sehe keine Entlastung, sondern einen Schlag ins Gesicht der Betroffenen“. Die UKS habe „Dinge nicht offen und transparent kommuniziert“, sondern „verschleiert und abgeschwächt“. Angesichts der von ihr aufgeführten Versäumnisse und Behandlungsfehler erklärte die Anwältin: „Der Ruf der Klinik ist in Gefahr“.
Die Saarbrücker Opferanwältin Claudia Willger vertritt nach eigener Darstellung vier Kinder, bei denen die Patientenakten von 2014/15 beschlagnahmt und ausgewertet wurden. Willger zeigte sich „im Namen aller beteiligten Opfer froh, dass sich ein Untersuchungsausschuss nun mit den Dingen beschäftigt“, bat aber die Parlamentarier nach Akteneinsicht um Anonymisierung und Geheimhaltung der Namen.
„Die Eltern sind absolut empört über das Verhalten der Uniklinik“, sagte Willger: Es sei skandalös gewesen, dass betroffene Eltern erst durch Dritte erfahren hätten, dass ihre Kinder als mutmaßliche Missbrauchsopfer in Polizeiakten enthalten seien.
Die dritte am Mittwoch vom Untersuchungsausschuss angehörte und aus Karlsruhe angereiste Opferanwältin hatte in Absprache mit ihrer Mandantschaft „Ausschluss der Öffentlichkeit“ beantragt. Die Vorsitzende des parlamentarischen U-Ausschusses, Dagmar Heib (CDU), hatte zum Auftakt der 5. Sitzung seit August darauf hingewiesen, dass zunächst erst alleine die Verdachtsfälle in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der UKS und erst in späteren Sitzungen auch die in der HNO-Abteilung behandelt würden. Der mit drei CDU-,
zwei SPD- und je einem Abgeordneten von Linken und AfD besetzte Untersuchungsausschuss kommt nach Angaben von Heib am 17. Dezember zur Zeugenvernehmung des
Sonderermittlers in der Staatskanzlei zur nächsten Sitzung zusammen.