Reaktionen zur Klageerhebung gegen Homburger OB Stadtratsmehrheit fordert Konsequenzen

Homburg · Forderungen an Oberbürgermeister, nach Klageerhebung sein Amt ruhen zu lassen, werden lauter.

 Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind sieht sich Forderungen aus dem Stadtrat gegenüber, sein Amt bis zur endgültigen juristischen Klärung der Detektivaffäre ruhen zu lassen.

Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind sieht sich Forderungen aus dem Stadtrat gegenüber, sein Amt bis zur endgültigen juristischen Klärung der Detektivaffäre ruhen zu lassen.

Foto: Thorsten Wolf

Auch nach der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft in Saarbrücken gegen den Homburger Oberbürgermeister wegen Untreue hat Rüdiger Schneidewind (SPD) am Wochenende betont, im Amt bleiben zu wollen. „Ich werde mein Amt als Oberbürgermeister weiter mit aller Kraft für das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger und das Wohl unserer Stadt ausüben“, äußerte sich Schneidewind in einer Pressemitteilung (wir berichteten). Die Staatsanwaltschaft wirft dem Stadtoberhaupt vor, „seine ihm gegenüber der Stadt obliegende Treuepflicht unter Verstoß gegen das Vergaberecht sowie unter Verletzung der Zuständigkeitsvorschriften des Kommunalen Selbstverwaltungsgesetzes“ mit der Überwachungsauftrag an das Detektivbüro verstoßen zu haben. Obwohl nach den ersten Wochen der Observation von Mitarbeitern des Baubetriebshofs keine Vergehen nachgewiesen werden konnten, habe der OB die Einsatzzeit der Detektive ausgeweitet. Dabei sei der Stadt ein Schaden von 101 827,19 Euro entstanden.

Gestern bekam Schneidewind nun Rückendeckung von seiner Partei. SPD-Fraktionsvorsitzender Wilfried Bohn auf Nachfrage unserer Zeitung: „Rüdiger Schneidewind wird natürlich seine Arbeit wie bisher weitermachen. Es gibt nach der Klageerhebung keine Gründe, das Amt ruhen zu lassen.“ Außerdem sei dies, so Bohn, im Beamtenrecht sowieso nicht so einfach. Bohn: „Für uns gibt es viele offene Fragen, die im weiteren Verfahren zu klären sind.“ Das sei Sache des Verteidigers von Schneidewind. Die SPD-Fraktion im Stadtrat habe sich frühzeitig eindeutig pro Verwaltungschef positioniert, daran ändere die Klage nichts.

Anders sieht das sein Fraktionskollege von der CDU, Michael Forster. „Es ist nur schwer vorstellbar, dass der OB der drittgrößten Stadt des Landes seinen Amtsgeschäften ordnungsgemäß nachgehen kann, wenn parallel eine Klage gegen ihn wegen Untreue läuft.“ Dazu müsse er sich ja auch noch wegen Vergehen gegen den Datenschutz verantworten. Die höchste Behörde des Landes habe Schneidewind einen Bußgeldbescheid zugestellt, so Forster. Außerdem kämen wegen der Detektivaffäre und deren Kosten Regressforderungen auf den ersten Mann der Stadt zu. Deshalb fordert der CDU-Fraktionsvorsitzende: „Rüdiger Schneidewind sollte die Amtsgeschäfte bis zu endgültigen Klärung an seinen Stellvertreter, Bürgermeister Klaus Roth, übergeben.“

Der Sprecher der FWG-Ratsfraktion, Axel Ulmcke, sieht es ähnlich wie Forster. „Wir müssen jetzt schon sehen, dass die Stadt bei der Affäre nicht hintenrunter fällt.“ Auf der einen Seite sei schon wichtig, dass sich der OB in der Detektivgeschichte nicht selbst bereichert habe. Auf der anderen Seite habe er aber Fehler gemacht, „für die er nun gerade stehen muss. In welcher Form er das macht, muss er selbst entscheiden“, so Ulmcke. Der Stadtrat habe hier wenig Einflussnahme. Dass der Verwaltungschef bei gravierenden Entscheidungen, wie hier mit dem Einsatz von Detektiven, immer wieder am Stadtrat vorbei agiere, verstehe er, Ulmcke, nicht. „Der OB hätte es doch viel leichter mit einer Stadtratsmehrheit im Rücken.“

Barbara Spaniol, Ratsfraktionssprecherin der Linken, ist ebenfalls der Auffassung, „dass wir nicht so weitermachen können wie bisher. Wir schließen uns der Forderung der CDU an: Rüdiger Schneidewind sollte sich eine Auszeit nehmen und damit ein Zeichen setzen, damit das Amt des OB und die Stadt nicht weiter beschädigt werden“. Homburg steht vor zahlreichen Herausforderungen, deshalb wäre dieser Schritt des Oberbürgermeisters wichtig. Spaniol verweist auch auf die Stadtratssitzung am morgigen Mittwochabend: „Da muss sich Schneidewind erklären.“

„Zeigte der Oberbürgermeister Verantwortung für unsere Stadt, dann ließe er das Amt mit sofortiger Wirkung ruhen“, so der Vorsitzende der Homburger Grünen, Marc Piazolo, gegenüber unserer Zeitung. Nachdem die Kommunalaufsicht bereits im Januar 2017 eine klare rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes zur Detektivaffäre abgegeben habe, reichten laut Staatsanwaltschaft die Vorwürfe auf Untreue zur Anklageerhebung aus. Allein diese lese sich wie ein Krimi. „Doch es geht nicht nur um den finanziellen Schaden, für den die Bürger bisher aufkommen mussten, es geht vor allem um die Glaubwürdigkeit von Verwaltung und Politik, so Grünen-Ratsfraktionsvorsitzende Yvette Stoppiera-Wiebelt. „Der OB lässt keinerlei Einsicht in sein Fehlverhalten erkennen und klammert sich weiterhin an seinen Amtssessel.“ Um die die Verwaltung der Stadt wieder handlungsfähig zu machen, solle die Kommunalaufsicht den Ball der Staatsanwaltschaft aufgreifen und auf die sofortige Suspendierung des Oberbürgermeisters hinwirken, fordern die beiden Grünen.

Die Fraktion der „Allianz der Vernunft“ fordert, direkt an Schneidewind gerichtet: „Bitte lassen Sie das Amt des OB ruhen bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe, um weiteren Schaden von Homburg abzuwenden.“ Fraktionssprecher Georg Weisweiler weiter: „Für den Chef einer Kreis- und Universitätsstadt ist allein schon die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft eine schallende Ohrfeige – unabhängig davon, wie der Prozess letztlich ausgeht, zumal hochrangige Mitarbeiter des Rathauses den OB auf die Hürden für eine derartige Spitzelaktion vorher hingewiesen hatten.“ Der OB könne Schaden von der Stadt abwenden, wenn er – neben einer finanziellen Wiedergutmachung – sofort sein Amt ruhen ließe, so Weisweiler. Die „Allianz der Vernunft“ sehe den Stadtrat in der Verantwortung.

„Jetzt müssen auch zeitnah die Ergebnisse des vom Stadtrat bereits vor Wochen beauftragten Rechtsanwaltes präsentiert werden, damit die berechtigten Ansprüche des Rates gegen den OB geltend gemacht werden können, um nicht die Homburger Steuerzahler am Ende für das Fehlverhalten Schneidewinds zahlen zu lassen.“

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