Seniorin mit spitzer Zunge

Erbach. Schaukelstuhl war gestern, heute sind Seniorinnen superaktiv. Bestes Beispiel ist Oma Frieda. Im Nachfolge-Kabarett der spitzzüngigen "Nachtschwester Lackmeier" bekam sie als deren 89-jährige, verwitwete Oma mit "Turne bis zur Urne" ihr eigenes Soloprogramm

 Jutta Lindner gastierte mit ihrem Comedy-Kabarett "Turne bis zur Urne" als Oma Frieda im Haus der Begegnung in Erbach. Foto: Bernhard Reichhart

Jutta Lindner gastierte mit ihrem Comedy-Kabarett "Turne bis zur Urne" als Oma Frieda im Haus der Begegnung in Erbach. Foto: Bernhard Reichhart

Erbach. Schaukelstuhl war gestern, heute sind Seniorinnen superaktiv. Bestes Beispiel ist Oma Frieda. Im Nachfolge-Kabarett der spitzzüngigen "Nachtschwester Lackmeier" bekam sie als deren 89-jährige, verwitwete Oma mit "Turne bis zur Urne" ihr eigenes Soloprogramm. Ein halbes Jahr lang hatte die saarländische Kabarettistin Jutta Lindner die Ausführungen ihrer humorvollen, Spaß und Optimismus ausstrahlenden Oma Frieda getestet. Jetzt gastierte sie mit dem Comedy-Kabarett im Mehrgenerationenhaus Haus der Begegnung in Erbach. "Das neue Programm ist für Senioren, für Leute, die Senioren kennen und für Pflegekräfte, die mit Senioren arbeiten", erzählte Regisseur Jürgen Wönne am Rande der beiden Aufführungen. Beim Kaffeeklatsch präsentierte sich eine erfrischend witzige und schön aufgemachte Oma Frieda und zeigte den überwiegend älteren Besucherinnen, was man auch im Alter von fast 90 Jahren doch noch so alles auf die Beine stellen kann. Selbstkritisch, bissig, manchmal auch etwas derb, aber mit jeder Menge Humor nahm sie sich und ihre Altersgenossinnen gehörig auf die Schippe. In ihrer Eigenschaft als Chefin des Seniorenclubs "Fidele Rosinen" managt sie die Senioren-Disco, legt als D-Jane für die 80 plus-Partys "Die besten Hits der 30er" auf und organisiert einmal im Jahr das Sommer-Festival "Rock am Stock". Sie hat ja Zeit: "Wenn die Kinder aus dem Haus und der Mann auf dem Friedhof, fängt die Frau an zu leben", betont sie. Schließlich steht Oma für "Original mit Anspruch". Sie widmet sich dem Senioren-Karaoke, singt in ihrer eigenen Version "So schön, schön war die Zeit" oder "Ich will lieber Schokolade als noch einmal einen Mann, weil man diese toll vernaschen, den Rest beiseite legen kann". Sie lässt das Publikum mitschnipsen ("wenn ihr keine Gicht habt") und erklärt in ihrem eigenartigen Humor, warum ältere Frauen immer gut geheizte Räume mögen. Frieda ist immer noch fit wie ein Turnschuh, was sie vor allem der täglichen Gymnastik mit dem wunderbaren Superteufel verdankt, mit dem sie unter dem Motto "Turne bis zur Urne" den Peinlichkeitsfaktor moderner Sportarten aufs Korn nimmt. Dass sie mitten in der Übung einschläft, was soll's? Dann sind da noch die Ü-40-Jährigen und immer noch unbemannten Enkelinnen, auch die ewig kränkelnde und Tabletten testende Cousine Gertrud, die ihren Lebensabend im Seniorenstift "Erbärmliche, äh Barmherzige Engel" verbringt, während Frieda für ihre eigene Zukunft ganz andere kostengünstigere Pläne hat. Unter dem Motto "Oma Frieda auf der Aida" gedenkt sie, den Rest ihres Lebens auf dem Kreuzfahrtsschiff zu verbringen. "Das Programm ist für Senioren und Pflegekräfte." Jürgen Wönne

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