Homburger Meisterkonzert Tastengewitter des Nachwuchskünstlers

Homburg · Der 18-jährige Pianist Robert Neumann begeisterte die Zuhörer beim Homburger Meisterkonzert im Kulturzentrum Saalbau.

 In der Konzertreihe „Meister von Morgen“ präsentierte Robert Neumann hohe Kunst am Klavier.

In der Konzertreihe „Meister von Morgen“ präsentierte Robert Neumann hohe Kunst am Klavier.

Foto: Thorsten Wolf

Nun ist das Homburger Meisterkonzert-Publikum von durchreisenden Klaviervirtuosen so manchen Tastendonner gewöhnt. Aber was der 18-jährige Jungstar Robert Neumann am Donnerstagabend im Kulturzentrum Saalbau ablieferte, war auch im Vergleich mit den Größten unter ihnen unglaublich. Sein Tastengewitter in Werken von Liszt und Schumann konnte nur noch vom lautstarken Beifall des Publikums und seinen Hochrufen überboten werden.

Bereits bei seiner Vorstellung durch Markus Korselt erwies sich das aus Stuttgart stammende Ausnahmetalent so redegewandt wie zielsicher, wenn es über seine ersten Schritte im musikalisch geprägten Elternhaus erzählte, über seine spätere Ausbildung oder über die vielen gewonnenen Wettbewerbe, die es heute zwar dankbar, aber auch kritisch zu betrachten scheint. So überlegen, wie Neumann im Interview mit wenigen Strichen die klassische Kunst von Joseph Haydn in dessen Klaviersonate e-Moll jener der später zu hörenden Romantiker Liszt und Schumann gegenüberstellte, so selbstbewusst ließ er auf dem Klavierpodium nachher das Haydn-Werk erklingen.

Nach Presto-Vorschrift überzog er ihren Kopfsatz bis in die kniffligen Oktavparallelen hinein mit perlendem, hohen Anschlag und erlaubte sich vor Eintritt der Reprise eine fein ausgedachte Konzertkadenz durch mancherlei Stilwelten. Ausgehört und selbst in feinsten dynamischen Nuancen kontrolliert sang sich auch das ariose Adagio aus, sehr emotional und mit großer Gestik. Die Munterkeit des Finalsatzes im Molto-vivace-Tempo erlaubte sich nur in den auskadenzierten Fermaten kurze Ruhepausen. Doch dann öffneten sich durch das herabstürzende diabolische Intervall des Tritonus alle Tore des Infernos in der „Fantasia quasi Sonata“ von Franz Liszt nach der Göttlichen Komödie von Dante Alighieri.

Robert Neumann hatte ihre ursprüngliche Bezeichnung als „Fantaisie symphonique“ im Sinn, als er in den geschilderten Höllenqualen ein üppig besetztes Sinfonieorchester aus dem Klaviersatz zauberte, mit Tremoli, Oktavkaskaden und technischen Hexereien durch alle Register der Klaviatur. Sehr entrückt und lyrisch gestaltete er das Liebesthema der Francesca da Rimini nach, die sich in einfühlsamer Melodik auch im Inferno zu ihrer großen und doch verbotenen Liebe bekannte. Das war so grandios wie auch die elf aberwitzigen Variationen über das „Thema eines Amateurs“ in den „Symphonischen Etüden“ von Robert Schumann. Auch hier wieder schier orchestrale Klangfülle in den schwierigsten Etüden wie auch in der finalen Hymne „Du stolzes England, freue dich“.

Geschickt fügte Neumann die mehr lyrischen, in sich versunkenen Variationen aus Schumanns Nachlass ein, eine beispielsweise als Prolog vor dem Zyklus, eine andere etwa als versponnene Binnenepisode in der von Energie aufgeladenen zehnten Variation. Für den tosenden Applaus bedankte sich der Jungstar im Nachkonzert mit eigenen Kompositionen, mit einer grazilen „Aria“ im alten Stil und mit einer spukhaften „Burlesca“, die auch von Prokofiew hätte stammen können. Was für eine Begabung!

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