Reihe „Lesezeit“ Riesenansturm auf Hoger-Lesung

Homburg · Gut über 250 Besucher zählten die Macher der Lesezeit bei der Saisonpremiere am Dienstagabend. Da war Hannelore Hoger zu Gast, aus dem Fernsehen in ihrer Rolle als Kommissarin Bella Block bekannt. Sie las Werke von Oscar Wilde.

 Weit mehr als 250 Gäste wollten am Dienstagabend  den Auftritt der Schaupielerin Hannelore Hoger im Forum beim Auftakt der Homburger Lesezeit nicht verpassen.

Weit mehr als 250 Gäste wollten am Dienstagabend  den Auftritt der Schaupielerin Hannelore Hoger im Forum beim Auftakt der Homburger Lesezeit nicht verpassen.

Foto: Thorsten Wolf

Mit einem Kracher ist die Homburger Lesezeit am Dienstagabend in die Saison 2019/2020 gestartet: Keine Geringere als die bekannte Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Hannelore Hoger machte im großen Sitzungsaal des Homburger Forums den Auftakt. Dass die einem breiten Publikum vor allem durch die Verkörperung der TV-Kommissarin Bella Block bekannte Hoger viel Publikum anlocken würde, das war klar – mit dem Ansturm am Dienstagabend hatten die beiden Organisatorinnen der Lesezeit, Patricia Hans von der Akademie für Ältere und Jutta Bohn vom Frauenkulturstammtisch, aber wohl nicht rechnen können.

Irgendwo jenseits der 250 hörte man auf zu zählen, eifrig wurde vor Beginn der Lesung nachbestuhlt und nachbestuhlt. Hoger selbst beobachtete das Treiben mit stoischer Ruhe, ab und zu blitzte mal ein Lächeln auf, ansonsten war sie – zumindest an diesem Abend – von ihrer Rolle der Bella Block kaum zu unterscheiden. Mitgebracht hatte sie ihren aktuellen Bestseller „Ohne Licht trauern die Sterne“ dabei nur zum Signieren, tatsächlich las sie auf Wunsch drei Werke aus den Kunstmärchen des irischen Schriftstellers Oscar Wilde, den Auftakt der zweiteiligen Lesung machte da „Der Geburtstag der Infantin“. Bevor Hoger allerdings zur lesenden Tat schritt, war es an Eric Gouverneur (SPD), dem ehrenamtlichen Beigeordneten für Sport, in Vertretung von Homburgs Bürgermeister Michael Forster (CDU), Gäste und Gast zu begrüßen. Gouverneur nutzte dabei die Gelegenheit, auf die nunmehr sechsjährige Geschichte der Homburger Lesezeit zu verweisen. „Viele namhafte, aber auch weniger bekannte Autoren sind in dieser Zeit zu Gast gewesen und haben ihre Werke vorgestellt.“ Diese besondere Plattform sei vor allem dem Engagement von Patricia Hans und Jutta Bohn zu verdanken, so Gouverneur. „Mit großem Einsatz haben die beiden es von Beginn an geschafft, dass sich die Homburger Lesezeit als eine feste Institution im Veranstaltungskalender der Stadt wiederfindet. Mittlerweile kommen Gäste von nah und fern – und wie ich sehe, ist das Interesse sehr groß, der Raum ist proppenvoll. Stühle gibt’s im Rathaus keine mehr.“ Auch so konnte man den Hoger-Faktor dieses Abends beschreiben. „Das spricht für den Erfolg dieser Reihe!“

Patricia Hans und Jutta Bohn kam die Aufgabe zu, Hannelore Hoger ganz offiziell zu begrüßen – und das wurde mit tosendem Beifall quittiert. Bohn nannte Hoger dabei ein „prominentes Schwergewicht“ und verwies darauf, dass die Schauspielerin selbst darum gebeten habe, nicht zu viel über sie zu erzählen. „Aber ein bisschen was möchte ich doch sagen.“ In der gewünschten Kürze blickte Bohn dann auf das Wirken von Hoger in den vergangenen Jahren auf der Leinwand, im TV und auf der Theaterbühne zurück.

Danach war dann Hannelore Hoger selbst dran. Sie skizzierte, bevor sie zur eigentlichen Lesung kam, das durchaus tragische Leben des Schriftstellers Oscar Wilde und dessen Fall vom „Hätschelkind der damaligen, literarischen Welt“ zum wegen seiner lange geheim gehaltenen Homosexualität Verurteilten, Verschmähten und Gebrochenen. „Homosexualität war in den Zeiten von Queen Victoria verboten. Er wurde verraten, er wurde verhaftet, man hat ihn in einem Aufsehen erregenden Prozess angeklagt. Er kam zwei Jahre ins Zuchthaus.“ Mit den Worten des Journalisten, Schriftstellers und Literatur-Kritikers Friedrich Sieburg beschrieb Hoger die Auswirkungen dieses Prozesses so: „Es war der vollständigste Zusammenbruch, den je eine große Figur der Literatur erlebt hat.“

Das Schizoide der Situation von Homosexuellen wie Wilde im 19. Jahrhundert verdeutlicht auch seine Lebenswelt als verheirateter Mann mit zwei Söhnen. Eben aus Geschichten, die Wilde diesen beiden erzählte, entstanden die Kunstmärchen und so auch „Der Geburtstag der Infantin“, mit dem Hoger in den Abend einstieg. Die Erzählung vom verwachsenen Zwerg, der in falscher Selbstwahrnehmung glaubt, die Infantin (dieser Begriff steht für den Adelstitel von Kindern aus den spanischen und portugiesischen Königsfamilien) des Hofes würde ihn lieben und stattdessen an ihrem Spott zerbricht, war Wildes Aufarbeitung des Zwiespalts eines Künstlers zwischen Eigen- und Außenwahrnehmung, als Teil der Kunstmärchensammlung „Ein Granatapfelhaus“.

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