Jonathan Kaell wieder ein starker Dirigent Schwungvoll durch den „Lackmustest“

Homburg · Beim städtischen Neujahrskonzert meisterte das Homburger Sinfonieorchester Klassiker wie den „Donauwalzer“ spielend.

 Der Tenor Joshua Whitener war einer der Solisten des Homburger Neujahrskonzertes, wie immer gestaltet vom Homburger Sinfonieorchester unter der Leitung von Jonathan Kaell.

Der Tenor Joshua Whitener war einer der Solisten des Homburger Neujahrskonzertes, wie immer gestaltet vom Homburger Sinfonieorchester unter der Leitung von Jonathan Kaell.

Foto: Thorsten Wolf

Die Herausforderung, wenn man als Orchester, Band oder Einzelkünstler ein bestens bekanntes Werk präsentiert, ist riesig: Das Werk ist halt bestens bekannt. Und kaum weiß der Zuhörer, was ihn in den kommenden Minuten von der Bühne aus erwarten wird, da entstehen im Kopf Klangerinnerungen – solche, an denen sich der oder die Künstler dann messen müssen.

Ein Paradebeispiel für ein solches Szenario sind Neujahrskonzerte. Zum einen ist dieses Format nun eh schon geprägt durch große Vorbilder wie solche aus Wien, verbunden mit einer entsprechend erwartbaren Werkauswahl. Zum anderen sind eben diese Werke oft so populär, dass sie im Kopf eines jeden Zuhörers mitklingen. Gerade ein solches Stück hatte sich das Homburger Sinfonieorchester unter der Leitung von Jonathan Kaell beim Neujahrskonzert unter dem Titel „Esprit und Leidenschaft“ am Sonntag gleich auf Platz drei des Programms gepackt: Strauß‘ (Sohn) Donauwalzer, quasi die Maßeinheit, in der Neujahrskonzerte gemessen werden, das Ur-Kilogramm für den musikalischen Start ins Jahr. Dieses Werk, gleichsam ein Best-Of Strauß‘scher Walzer-Kompositionskunst, war damit für das Orchester eine Hürde, die es sicher zu nehmen galt. Und Jonathan Kaell dirigierte seine Musikerinnen und Musiker schwungvoll und mitreißend durch diesen „Lackmustest“ für Neujahrskonzerte. Wobei „dirigieren“ fast schon ein falsches, weil zu schwaches Wort ist. Kaell wurde da fast schon zum bildhaften Spiegel seines Orchesters, mit Augen, Ohren, weit ausgreifenden Bewegungen, direkter Ansprache und jeder Menge Körperspannung navigierte er das Sinfonieorchester, Konzertmeister auch diesmal wieder Vsevolod Starko, gekonnt und sicher durch Strauß‘ Walzerlandschaft.

Mit Strauß (Sohn) hatte der Morgen schon begonnen, da stand dessen Ouvertüre aus der Operette „Eine Nacht in Venedig“ an – auch eines dieser Werke, die beim Zuhörer sofort nachhallen. In dem in diesem Jahr wieder von Holger Hettinger moderierten Neujahrskonzert (am Abend gab es eine zweite Aufführung) sollten diese beiden Werke nicht die einzigen von Strauß sein, so kündigte das Programm bis zur Pause noch dessen Schnellpost-Polka, nach der Pause und gegen Ende des Vormittags seinen Spanischen Marsch an. Im Gespräch mit unserer Zeitung gab Kaell noch vor dem Konzert einen kurzen Einblick in das, was gerade die Umsetzung solcher lokalkolorierter Werke an Anspruch mit sich bringt. „Dieser Spanische Marsch ist total unbekannt. Das ist ein Werk mit unglaublich viel Charakter. Und wenn ein Wiener Komponist einen Spanischen Marsch schreibt, dann ist das ungefähr so, als wenn Rimsky-Korsakow die Capriccio espagnol schreibt – das ist immer mit sehr viel Nationalkolorit versehen. Das ist Spanien durch die Brille eines Wiener Komponisten gesehen. Und da muss man schauen, dass man das, was er sich als spanische Musik vorgestellt hat, so hinkriegt, dass es den Charakter trifft. Das ist ein schwieriges Abwägen. Da ist die Verantwortung als Dirigent sehr groß.“

Dieser Verantwortung wurden Kaell und sein Orchester, weit über Strauß hinaus, am Sonntag, für die Zuhörer ohne erkennbare Mühe, gerecht. Dabei war natürlich nicht alles Strauß, was da zu hören war. So überzeugte der Tenor Joshua Whitener als einer von drei angekündigten Solisten (neben ihm noch die Sopranistin Nelly Palmer und die gerade mal 13 Jahre alte Geigerin Marie Josell Hendel) mit der Arie „Mes amis, écoutez l‘histoire“ aus Adolphe Adam‘s Oper „Postillon von Lonjumeau“ die Gäste im ausverkauften Saalbau.

Eben den Gästen gab Homburgs Bürgermeister Michael Forster zu Beginn des Morgens beste Wünsche für das neue Jahr mit auf den Weg – und er vergaß dabei auch nicht, die gegenwärtig in vielerlei Hinsicht schwierige Situation Homburgs den Besuchern vor Augen zu führen. „Wir haben ein sehr schwieriges Jahr vor uns. Sie kennen die Rahmenbedingungen. Es wäre schön, wenn wir in Homburg mal einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und dann hoffnungsvoll ins neue Jahr blicken könnten. Und einen Neuanfang beginnen können. Das wünsche ich mir auch für dieses Jahr.“ Anscheinend war Forster mit diesem Wunsch nicht alleine, deutlicher Applaus im Publikum kündete davon.

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