Nach Hamburg will noch keiner

Homburg. Rund 400 Mitarbeiter von Praktiker hatten sich am Donnerstag Abend gegen 18.30 Uhr vor der Burghalle in Kirkel versammelt, um mit einem Protest-Fackelzug zur Firmenzentrale am Tannenwald zu marschieren (wir berichteten). Die Gewerkschaft Verdi hatte dazu aufgerufen. Dort fand dann gegen 19

 Am Donnerstag Abend hatte die Gewerkschaft Verdi zu einer Versammlung in der Kirkeler Burghalle aufgerufen. Rund 400 von knapp 800 Beschäftigten der Firma Praktiker waren gekommen. Danach ging's gemeinsam mit Fackeln zur Praktiker-Zentrale in den Tannenwald. Foto: Thorsten Wolf

Am Donnerstag Abend hatte die Gewerkschaft Verdi zu einer Versammlung in der Kirkeler Burghalle aufgerufen. Rund 400 von knapp 800 Beschäftigten der Firma Praktiker waren gekommen. Danach ging's gemeinsam mit Fackeln zur Praktiker-Zentrale in den Tannenwald. Foto: Thorsten Wolf

Homburg. Rund 400 Mitarbeiter von Praktiker hatten sich am Donnerstag Abend gegen 18.30 Uhr vor der Burghalle in Kirkel versammelt, um mit einem Protest-Fackelzug zur Firmenzentrale am Tannenwald zu marschieren (wir berichteten). Die Gewerkschaft Verdi hatte dazu aufgerufen. Dort fand dann gegen 19.15 Uhr eine Kundgebung statt, auf der unter anderem der Verdi-Landesbezirksleiter Alfred Staudt und die Betriebsratsvorsitzende der Praktiker-Zentralverwaltung Kirkel, Kerstin Schäfer, zu den Beschäftigten sprachen. "Es ist ein wichtiges Signal an die Unternehmensleitung von Praktiker, dass die Beschäftigten und das Land nicht kampflos diese Unternehmensentscheidung hinnehmen", erklärte Steffi Recknagel von Verdi.Man wolle von Gewerkschaftsseite den Dialog mit der Landesregierung und den Parteien fortsetzen und im Saarland für eine Unterstützung im Kampf um den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze in der Praktiker-Zentralverwaltung in Kirkel werben, erklärte Recknagel weiter.

Als Hintergrund der Probleme sieht die Gewerkschaft insbesondere eine verfehlte Geschäftspolitik, die zu lange auf die Erfolgsstory des Werbeslogans "20 Prozent auf alles, außer auf Tiernahrung" baute. Schon seit einigen Jahren seien die Erträge des Konzerns rückläufig, trotz fast wöchentlicher Werbekampagnen, betonten einige Mitarbeiter.

Sie äußerten sich freimütig über ihre derzeitige Situation, nur mit Namen wollten sie nicht in unserer Zeitung erscheinen. Die Stimmung sei am Boden, sagte ein jüngerer Mitarbeiter: "Wir haben die Nachricht von der Schließung erst am 2. Dezember erfahren und wurden quasi vor vollendete Tatsachen gestellt." Dass Praktiker Schwierigkeiten habe, sei zwar bekannt gewesen, "aber dass der ganze Standort zur Disposition steht, damit hat keiner gerechnet."

Eine Kollegin aus der Rechnungsabteilung stimmt dem zu: "Dass der Standort nun ganz plötzlich nach Hamburg umziehen soll, war so nicht abzusehen." Auch Familien demonstrierten gemeinsam mit den Kindern, bei rund 40 Ehepaaren tritt sogar der dramatische Fall ein, dass beide bei Praktiker beschäftigt sind und somit gleichzeitig ihren Arbeitsplatz verlieren. "Es gibt nur drei Möglichkeiten: Man fliegt raus, man wird outgesourct oder man muss nach Hamburg umziehen" , betont eine junge Mutter, "und im Fall von Hamburg weiß man ja auch nicht, wie lange das dort überhaupt gut geht."

Die meisten der 400 Mitarbeiter, die zur Demo gekommen waren, wissen nicht, wie es weitergehen soll. Nach Hamburg wollte gestern noch keiner der Befragten mitgehen.

"Die ersten haben schon gekündigt und eine andere Stelle in Aussicht", erklärte ein Mitarbeiter, "diese Kollegen haben Recht, denn es nützt nichts, hier noch auf irgend etwas zu hoffen. Schon gar nicht auf eine Stelle in Hamburg. Das lohnt sich für keinen aus der Region hier." Für die Werbung "20 Prozent auf alles, außer auf Tiernahrung" haben die meisten nur Spott übrig: "Die hätten sich mal was anderes überlegen sollen", meint eine junge Frau. Auch für sie ist ein Umzug nach Norddeutschland keine Lösung: "Meine Familie lebt im Saarpfalz-Kreis. Da oben sind die Mieten viel zu teuer." Bei einem soliden Konzern würde sie über einen Umzug vielleicht noch nachdenken, "aber nicht mehr bei Praktiker." "Die ersten Kollegen haben schon gekündigt und eine andere Stelle in Aussicht."

Mitarbeiter bei Praktiker

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