Nach Detektiv-Affäre Heute entscheiden Homburger über Abwahl des Oberbürgermeisters

Homburg · Am heutigen Sonntag geht es in der saarpfälzischen Kreisstadt darum, ob der suspendierte Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) ins Rathaus zurückkehrt. Die Bürger haben das Wort. Doch wie geht es nach dem Abwahl-Verfahren weiter?

 Am heutigen Sonntag können Homburgerinnen und Homburger bei der OB-Abwahl bis 18 Uhr entscheiden.

Am heutigen Sonntag können Homburgerinnen und Homburger bei der OB-Abwahl bis 18 Uhr entscheiden.

Foto: dpa/Martin Schutt

Es wird für die Homburger ein erster Advent werden, wie sie ihn wohl noch nicht erlebt haben. Zum einen ist er stiller als in Vor-Corona-Jahren, denn der Nikolausmarkt, der eigentlich bereits die Vorweihnachtszeit einläuten sollte, wurde angesichts der heftigen neuen Welle in dieser Pandemie abgesagt. Einen verkaufsoffenen Sonntag soll es aber geben.

 Wird Homburgs suspendierter OB Rüdiger Schneidewind (SPD) am Sonntag abgewählt? Das entscheiden die Homburger Bürger.

Wird Homburgs suspendierter OB Rüdiger Schneidewind (SPD) am Sonntag abgewählt? Das entscheiden die Homburger Bürger.

Foto: Ulrike Stumm

Und mit Blick auf die aktuell angespannte Lage in der Pandemie dürfte vielen auch in diesem Coronawin­ter Nummer zwei deutlich weniger heimelig zumute sein, als sonst. Es ist aber nicht nur deswegen ein erster Advent der besonderen Art.

Denn am Ende dieses Sonntags, 28. November, sollten die Bürger auch wissen, ob ihr suspendierter Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) nun abgewählt wurde oder nicht. Sie bestimmen es selbst. Und jeder hat noch die Chance, seine Stimme abzugeben, bis Sonntagabend, 18 Uhr. Denn die Abwahl läuft organisatorisch genauso ab wie beispielsweise die Bundestagswahl im vergangenen September. Es öffnen also an diesem Sonntag 30 Wahllokale – bis auf drei Ausnahmen sind es dieselben Standorte wie bei der Bundestagswahl – ihre Türen. Auf Änderungen in Beeden und innerhalb der Schule Langenäcker habe man in den jeweiligen Wahlbenachrichtigungen hingewiesen, teilt die Stadt mit.

Wahllokale bis 18 Uhr geöffnet

Geöffnet sind die Wahllokale von 8 bis 18 Uhr. Aufgrund der Pandemie sind sie entsprechend ausgerüstet mit Hygienemittel, Spuckschutz, Abstand. Ihre Wahlunterlagen haben alle, die ihr Kreuzchen machen dürfen, bereits erhalten. Etliche haben bereits per Brief gewählt. Bis zum Freitagmorgen wurde dies gut 7500 Mal beantragt, da das Briefwahllokal im Rathaus an dem Tag bis 18 Uhr geöffnet war, rechnete die Stadt mit insgesamt rund 7600 Anträgen. Zu Beginn hatte es fast schon einen Ansturm darauf gegeben, allerdings hatte der ganz große Zulauf der letzten Wochen auf die Briefwahl dann doch nachgelassen, informierte die Verwaltung.

Auslöser war die Detektiv-Affäre

Die Abwahl, aber vor allem die sogenannte Detektiv-Affäre, beschäftigen die Stadt nun schon seit Jahren. Rüdiger Schneidewind hatte Ende 2015 Mitarbeiter bespitzeln lassen, die Kosten waren aus dem Ruder gelaufen, die Gremien hatte er nicht informiert. Deswegen hat er bereits zwei Prozesse hinter sich. Nach mehrfachen Revisionen landete das Strafverfahren nun vor dem Bundesgerichtshof. Die mündliche Verhandlung soll am 2. März 2022 stattfinden. Er ist von der Kommunalaufsicht seit dem ersten Urteil vor dem Saarbrücker Landgericht Anfang 2019 suspendiert.

Kommissarisches Stadtoberhaupt ist seitdem Bürgermeister Michael Forster (CDU), an der Spitze steht er zusammen mit der Beigeordneten Christine Becker (SPD).

Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Moment noch wegen anderer Vorgänge gegen Schneidewind.

Viel Wirbel verursachte zudem die Sondersitzung des Stadtrates vor kurzem, in der Bürgermeister Forster aus dem Prüfbericht des Landesverwaltungsamtes (Lava) vortrug. Der ließ kaum einen Zweifel zu, dass es im Rathaus zwischen 2013 und 2016 nicht nur gehakt haben soll, sondern dass es um Mängel bis zum zumindest teilweisen Komplettversagen bei der Kontrolle geht.

Stadtrat brauchte lang für Entscheidung

Es hatte gedauert, bis der Stadtrat mehrheitlich für eine Abwahl stimmte. Erst in der Sitzung im September beschloss man mit großer Mehrheit, dass die Bürger nun gefragt werden. Der Abwahlkampf wurde in den vergangenen Wochen hitzig geführt, von beiden Seiten. Und die Plakate von Schneidewinds Gegnern wie Befürwortern bestimmten auch das Stadtbild.

Die Hürden für eine Abwahl sind hoch: Das Ergebnis wird nicht nur von der Mehrheit der Stimmen für oder gegen die Abwahl Schneidewinds abhängen. Es ist auch eine Mindestanzahl von Leuten erforderlich, die wählen. Von den 32 839 Abwahlberechtigten (Stand September) müssen es mindestens 30 Prozent sein. Das heißt: (etwa) 9852 Wahlberechtigte müssten ihr Kreuz bei „Ja“ auf dem Wahlschein machen, und sie müssten mehr sein als die „Nein“-Sager. Zum Vergleich, bei der OB-Wahl 2014 erhielt Schneidewind in einer Stichwahl gegen den CDU-Bewerber Peter Fuchs 7721 Stimmen.

Es wird also auch davon abhängen, wie viele Menschen sich am Sonntag auf den Weg machen, um in die Wahllokale zu gehen.

Wie geht es nach dem Abwahl-Verfahren weiter?

Und wie geht es dann weiter? Kommt die Abwahl-Mehrheit zusammen, dann wäre Schneidewind sein Amt unmittelbar los. Das hatte das Innenministerium, bei dem die Kommunalaufsicht angesiedelt ist, kürzlich erläutert und auch dies: Zunächst habe weder eine Abwahl noch das Scheitern der Abwahl Einfluss auf das Disziplinarverfahren. „Dieses bleibt grundsätzlich bis zur abschließenden Entscheidung im Strafverfahren ausgesetzt.“ Am 28. November wird also nicht über die Suspendierung entschieden. Dazu bedarf es einer eigenen Überprüfung, und zwar, nachdem die anderen Verfahren abgeschlossen sind.

Im Rathaus rechnet man damit, dass am Sonntag die einzelnen Ergebnisse aus den Wahllokalen voraussichtlich ab etwa 18.30 Uhr eintreffen. Später am Abend wird man also wissen, wie die Homburger abgestimmt haben.

Offiziell mitgeteilt wird das Ergebnis des Abwahlverfahrens dann am Dienstag, 30. November, 18 Uhr, in einer Sitzung des Stadtrates im Saalbau.

Zuvor wird an diesem Tag der Gemeindewahlausschuss tagen und das amtliche Endergebnis feststellen, teilte die Stadtverwaltung mit und auch dies: Sollte Schneidewind zu dem Zeitpunkt tatsächlich abgewählt worden sein, dann werde in dieser Sitzung auch ein Tag für die Wahl einer neuen Oberbürgermeisterin beziehungsweise eines neuen Oberbürgermeisters terminiert.

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