Michelin ist die zweite Heimat

Homburg. Reifen, Reifen, Reifen - 35 Millionen Stück rollten vom Hof des Michelin-Werkes in Erbach, seit sich das französische Unternehmen 1971 hier niederließ. Ein Teil der Beschäftigten der ersten Stunde ist bereits im Ruhestand. Inzwischen arbeiten die Kinder oder die Enkel der "alten Micheliner" auch schon wieder bei Michelin

 Patrick Fabing kommt aus dem Bitscherland, um in Homburg zu arbeiten. Seit 30 Jahren ist er bei Michelin beschäftigt. Am Donnerstag gab es für alle Mitarbeiter Grund zu feiern. Foto: Thorsten Wolf

Patrick Fabing kommt aus dem Bitscherland, um in Homburg zu arbeiten. Seit 30 Jahren ist er bei Michelin beschäftigt. Am Donnerstag gab es für alle Mitarbeiter Grund zu feiern. Foto: Thorsten Wolf

Homburg. Reifen, Reifen, Reifen - 35 Millionen Stück rollten vom Hof des Michelin-Werkes in Erbach, seit sich das französische Unternehmen 1971 hier niederließ. Ein Teil der Beschäftigten der ersten Stunde ist bereits im Ruhestand. Inzwischen arbeiten die Kinder oder die Enkel der "alten Micheliner" auch schon wieder bei Michelin. "Wir kennen uns, wir treffen uns privat, wir halten zusammen", sagt Patrick Fabing. Der 50-jährige Feinmechaniker aus Montbronn im Bitscherland arbeitet seit 30 Jahren bei Michelin: "Mein Schwager war schon da, mein Bruder auch. Da habe ich mich ebenfalls beworben." Fabing hatte seinen Militärdienst Ende März 1980 beendet - und konnte zwei Wochen später schon gleich in der Neureifenabteilung in Erbach anfangen. "Viel Ferien hatte ich nicht", sagt er und lacht, "damals brauchte die Industrie dringend Leute, da konnte man nicht zu Hause sitzen und sich ausruhen." Patrick Fabing hat seine Berufswahl nicht bereut, was ihn stört, ist lediglich die lange Anfahrt: "Ich stehe jeden Arbeitstag schon um viertel vor Vier auf und komme nachmittags um diese Zeit erst wieder zurück. Da sitzt man jeden Tag über zwei Stunden im Bus." Aber es gebe im Bitscherland nicht viele Alternativen: "Wenn man eine gute Arbeit finden will, muss man entweder runter nach Straßburg oder hoch bis Saargemünd", sagt er, "da kann ich auch gleich nach Homburg fahren." 1800 Einwohner habe Montbronn, "da kann man nicht im Dorf bleiben, wenn man Geld verdienen will." Michelin ist für ihn in den 30 Jahren, die er dort arbeitet, zur zweiten Heimat geworden. Patrick Fabing erinnert sich gerne an die lustigen Weihnachtsfeiern mit den Kollegen aus Deutschland und Frankreich, an die Familienfeste, die Michelin öfter veranstaltet: "Meine Frau und die Kinder haben mich hier schon öfter besucht, die wissen, wie mein Arbeitsplatz aussieht." Fabing hat einen 17-jährigen Sohn und zwei 15-jährige Zwillingstöchter. Ob die Kinder irgendwann auch zu Michelin nach Erbach kommen? "Hm, das wird man sehen", überlegt der Vater, "ich glaube, die tendieren im Moment nicht so zur Industrie." Aber das könne sich ja noch ändern. 60 Prozent der Beschäftigten bei Michelin sind Franzosen, fast alle sprechen gut Deutsch. "Wir Bitscher reden auch untereinander Deutsch", sagt Fabing, "höchstens die Jüngeren reden Französisch miteinander, aber Deutsch müssen sie auch können, denn alle Verordnungen und Anweisungen, die von oben kommen, sind auf Deutsch." Auf den Festtag am Donnerstag zum 35-millionsten Reifen hat sich Patrick Fabing zusammen mit der ganzen Belegschaft gefreut, denn da gab es ein spezielles Festessen für alle, eine Tombola und drei Hauptgewinne. Übrigens - auch einer der Hauptgewinne war ein Essen: Wer das große Los gezogen hatte, darf demnächst zusammen mit einem Testesser ein Spitzenrestaurant aus dem Michelin-Führer besuchen. "Wir treffen uns privat, wir halten zusammen."Patrick FabingMeinung

Es darf gefeiert werden

Von SZ-RedakteurinChristine Maack Es kamen am Donnerstag viele Gäste, die dem Homburger Werk zu seinem Produktionsjubiläum gratulierten. Obwohl die Zahl 35 Millionen eigentlich gar nicht so jubiläumsträchtig klingt. Man ist eher eine 25 oder eine 50 davor gewöhnt. Aber warum sollte man nicht feiern? Für Michelin Homburg war es eine gute Gelegenheit, seinen Stellenwert innerhalb des Gesamtkonzerns zu zeigen. Denn es gibt ja nicht nur die Konkurrenz unter den weltweit operierenden Reifenherstellern, sondern auch innerhalb der einzelnen Michelin-Werke. Homburg, so erfuhr man am Donnerstag, hat sich im Laufe der vergangenen 39 Jahre einen sehr guten Ruf bei der Konzernmutter in Clermont erarbeitet. Das ist der Garant für weitere Investitionen des Mutterkonzerns. Und darauf sind nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Stadt Homburg als Industrie-Standort angewiesen. Deshalb kann man gar nicht genug feiern. Und so hoffen Stadt, Land und Belegschaft schon auf den 40-millionsten Reifen!

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