Auftritt in Homburg trotz Corona Aris Quartett mit berückender Klangkultur im Saalbau

Homburg · Knapp einen Monat nach den exzellenten Darbietungen des Gyldfeldt Quartetts während der Internationalen Kammermusiktage kam das Homburger Konzertpublikum mit dem Aris Quartett erneut in den Genuss eines auf höchstem Niveau spielenden, jungen Streichquartetts.

 Das Aris Quartett kam im Homburger Saalbau nicht ohne eine Zugabe von der Bühne.

Das Aris Quartett kam im Homburger Saalbau nicht ohne eine Zugabe von der Bühne.

Foto: Michael Reh

Auch Primaria Anna Katharina Wildermuth, Noëmi Zipperling (zweite Violine) und Caspar Vinzens (Viola) spielten mit engagierter Körpersprache im Stehen, und das nicht nur sprichwörtlich auf Augenhöhe mit dem Cellisten Lukas Sieber. Der hatte Stuhl und Instrument eigens dafür auf ein erhöhtes Podest gestellt.

Klaus Gehrke hatte die Besucherinnen und Besucher des zweiten Meisterkonzertes im Deutschlandfunk zu Recht vorgewarnt: „Wer dem Aris Quartett zuhört, rutscht automatisch auf die Stuhlkante!“ Welche Ausdrucksvielfalt entfesselten die vier jungen Musiker in den beiden schnellen Sätzen des Quartetts c-Moll opus 110 von Dmitri Schostakowitsch (1906-1975). Das „Allegro molto“ mit ungestümer Kraft, den Walzer im „Allegretto“ hingegen mit augenzwinkerndem Humor und mit skurrilen Überraschungen. Die schmerzende „Stuhlkante“ war vergessen über der betörenden Zartheit und Melancholie in den drei „Largo“-Sätzen. Das Namensmotiv des Komponisten mit den Tönen d-es-c-h war in den Fugati der Ecksätze allgegenwärtig und wurde in den Trauergesang der beiden Violinen weitergesponnen. „In memoriam der Opfer von Faschismus und Krieg“ schrieb Schostakowitsch in den Titel des Werks, als er 1960 das zerbombte Dresden erlebte und auch die eigenen Erlebnisse im Stalinismus und im Krieg vor Augen hatte. Im weitgespannten „Largo“ des vierten Satzes fand das Aris Quartett ergreifende Ausdrucksmöglichkeiten für diese Erinnerungen.

In seiner berückenden Klangkultur hörte man danach auch das erste der drei Galitzin-Quartette von Ludwig van Beethoven (1770-1827) wie neu. Jenes 1825 vollendete Quartett Es-Dur opus 127 am Beginn des Spätwerks, das bei der Uraufführung auf Unverständnis stieß, es war unter den Bogenstrichen und auf den Saiten der edlen Aris-Instrumente ein einziger Klanggenuss. Zupackend auch hier die schnellen Ecksätze, schwerelos der wienerische Tanz des „Scherzando vivace“ mit seinem virtuos dahin jagenden Binnenteil. Fürs Zuhören „auf der Stuhlkante“ jedoch die berückende Anmut des „Adagio“-Satzes mit seinem ins Innere singenden „Molto cantabile“. Auch nach fünf Varianten hätte sich das Publikum im Saalbau gewünscht, dass der Beethoven-Gesang nie ein Ende nähme.

Für den begeisterten Applaus, der die vier Musikerinne und Musiker immer wieder herausrief, bedankten sie sich mit dem dritten der 1923 komponierten „Fünf Stücke für Streichquartett“ von Erwin Schulhoff (1894-1942). Das Stück „Alla czeca“ entstand nach dem Vorbild tschechischer Bauerntänze im Polkarhythmus, als Schulhoff nach seinem zweijährigen Aufenthalt als Klavierlehrer am Bornscheinschen Konservatorium in Saarbrücken wieder in seine Vaterstadt Prag zurückgekehrt war. Der Riesenjubel zeigte an, dass das Aris Quartett den Saarländern keine größere Freude hätte machen können.

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