Lieber ein Hut als ein schnöder Brief

Homburg · Zwei Mal im Jahr werden in Homburg frischgebackene Doktoren geehrt – im Sommer und vor Weihnachten. Das war nicht immer so. Dekan Michael Menger hat vor acht Jahren zum ersten Mal Doktorhüte besorgt und eine schöne Feier im Anatomie-Hörsaal veranstaltet. Anlass, um zurückzublicken.

 In diesem Jahr waren im Dezember 15 junge Doktoren zur Feier eingeladen. Die erste Doktorin in der Reihe der Hutträgerinnen erwartet ihr zweites Kind. Eine glückliche Familie gehört eben auch dazu. Fotos: Maack/SZ-Redaktion

In diesem Jahr waren im Dezember 15 junge Doktoren zur Feier eingeladen. Die erste Doktorin in der Reihe der Hutträgerinnen erwartet ihr zweites Kind. Eine glückliche Familie gehört eben auch dazu. Fotos: Maack/SZ-Redaktion

Kurz vor Weihnachten 2008 hatte der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Michael Menger, etwas Geld zusammengekratzt, um ein Dutzend schwarze Doktorhüte zu kaufen. Sein Ziel: den Muff von 1000 Jahren wiederherzustellen.

Jedenfalls sagt er das immer wieder gerne mit badischer Selbstironie. Denn er selbst, ein "Nach-68-er", wurde mit einer reformierten Universität konfrontiert, die aus politischer Korrektheit jeglicher Tradition abgeschworen hatte und die Promotionsurkunden mit der Post verschickte. Die jahrelange Plackerei im Labor und am Schreibtisch wurde am Ende nur mit einem Brief vom Dekanat belohnt. Gleichzeitig starrten deutsche Universitäten neidvoll gen USA, wo selbst an drittklassigen Hochschulen großzügig Doktorhüte verteilt und rauschende Campus-Feste gefeiert werden. Unter anderem mit dem Ergebnis, dass die US-Absolventen später niemals ihre Uni vergessen und sie gerne mit einem Spendenscheck bedenken. Was sich eine deutsche Universität nicht zu erhoffen brauchte, schon gar nicht nach dieser nüchternen Entlassung ihrer Absolventen, die fast einem Rausschmiss gleichkam.

Doch die Zeiten haben sich geändert, die Homburger Examensfeier stoße seit ihrer Einführung "auf eine irrwitzige Resonanz", erklärte Menger, "und ich verstehe das auch. Man freut sich, dass man bestanden hat und dass es im Leben nun vorwärtsgeht."

Für die frischgebackenen Doktoren geht's auf alle Fälle vorwärts, die meisten haben oft schon eine Stelle, manche schauen sich noch um. Froh sind sie alle, dass es nun vorbei ist. "Es kostet Zeit, es steckt viel Herzblut drin. Und es zieht sich immer länger hin, als die Betreuer einem sagen", brachte es Daniel Dauer aus Zweibrücken auf den Punkt. Er ist einer derjenigen, die vor acht Jahren zu den Pionieren gehörte, die zum ersten Mal einen Doktorhut bekamen. Vier Jahre saß Dauer dafür an seiner Forschungsarbeit und war am Ende heilfroh, dass sie abgeschlossen war."

Auch das, was damals Katrin Abel aus Augsburg sagte, können die heutigen Doktoren unterstreichen: "Inhaltlich nützt mir die Promotion nichts, ich werde mich hauptberuflich einem anderen Fachgebiet widmen. Aber eines lernt man: Durchhaltevermögen!"

Dass es darauf ankommt, betonen auch immer wieder die goldenen Doktoranden, also diejenigen, die vor 50 Jahren in Homburg promoviert wurden und im Dezember vom Dekan eingeladen werden, um sich den Hut abzuholen, den sie damals nicht bekamen. Anfangs waren es nur wenige, die dazu kamen, doch inzwischen werden es immer mehr, die sich gerne an Homburg erinnern und auch die Fahrt auf sich nehmen.

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 Hut für eine Doktorin, die keine Ärztin ist, sondern demnächst in der Schönheitsbranche arbeiten wird.

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 Im Jahr 1966 wurde dieser Jubilar in Homburg promoviert – im Fach Zahnmedizin. Damals gab es nur vier Absolventen.

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 Sie waren die ersten, die einen Hut bekamen: Die Doktoren aus dem Jahr 2008 im großen Hörsaal. Foto: Thorsten Wolf

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Foto: Thorsten Wolf
 Es ist jedes Jahr bei der Promotionsfeier eine Freude, wenn der Nachwuchs dabei ist, um zu gratulieren.

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 Nach der Ehrung der Doktoren dürfen auch alle jungen Mediziner nach vorne kommen, die „nur“ ihr Examen gemacht haben.

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Auf einen Blick Die Absolventenzahlen im Fach Medizin schwanken. Im Jahr 2015 waren es 119, in diesem Jahr sind es 133. Hinzu kommen die Promotionen. Die umfassen nicht nur Medizin und Zahnmedizin, sondern auch Naturwissenschaften wie Biologie und Biophysik (Dr. rer.nat). Vor einer Woche bekamen 15 Doktoren ihre Promotionsurkunden, bis Februar 2017 werden es 39 Doktoren sein. maa

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