Leserbrief zum Thema Aufklärung

Homburg · "Ein unheilbarer Domino-Effekt droht"

Zu "Die Parteien warten noch ab" SZ vom 9. Januar und weiteren Berichten

Es scheint aktuell gerade so, als ob CDU und SPD ihr Gespür für die Unterscheidung von richtig und falsch verloren hätten. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass beide Parteien mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden der Fremdbespitzelung von städtischen Mitarbeiters immer noch nicht in der Lage sind, dieses Handeln zu verurteilen und Konsequenzen zu ziehen. Man brauchte zuerst eine Hilfestellung ausgerechnet aus dem sonst so ungeliebten Saarbrücken, um die offensichtliche Rechtswidrigkeit zu erkennen, von der moralischen Dimension einmal abgesehen. Doch selbst nachdem klar ist, dass die Aufsichtsbehörden nun handeln werden und nachdem sich OB Schneidewind für Fehler entschuldigt hat, zeigen sich beide Parteien unfähig, die Sache zu bereinigen und verstecken sich hinter Floskeln. Warum eigentlich?

Was hindert zumindest die CDU daran, den SPD-Oberbürgermeister anzuzählen? Einzig logische Antwort: Beide Parteien beherrschen die Stadt seit Jahrzehnten in wechselseitiger Abhängigkeit und müssen nun zu Recht befürchten, dass der mögliche Sturz eines Oberbürgermeisters zu Kollateralschäden in der jeweils anderen Partei führt. Das erste "Opfer" dieser Entente Cordiale von CDU und SPD war bekanntlich Ex-OB Karl-Heinz Schöner, der im Zuge der Ermittlungen gegen den amtieren SPD-OB ernsthafte Probleme bekam. Ein unheilvoller Domino-Effekt droht, sollte allzu akribisch Aufklärung betrieben werden. Und genau diese Angst scheint die beiden großen Parteien auch im Unrecht zusammenzuschweißen. In ihrer Befangenheit wollen oder können sie nicht mehr erkennen, was ihre demokratische Aufgabe wäre: Aufräumen und neu anfangen.

Peter Müller , Homburg

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