Kuriose wie kostspielige Auswüchse rund ums Grünzeug in Blieskastel Dann aber kam das große Erwachen

Blieskastel · Gewaltiger Missbrauch der Grünschnitt-Flatrate in Blieskastel. Dies hat den Steuerzahler viel Geld gekostet.

 Für die Grünschnitt-Deponie auf dem Hölschberg gibt es Flatrate-Karten. Manch einer jedoch hat sein Kontingent reichlich überzogen.

Für die Grünschnitt-Deponie auf dem Hölschberg gibt es Flatrate-Karten. Manch einer jedoch hat sein Kontingent reichlich überzogen.

Foto: VIKING

Nach Beschluss des saarländischen Landtags im Abfallwirtschaftsgesetz obliegt die Entsorgung des Grünschnitts dem Entsorgungsverband Saar (EVS). In Blieskastel ist die Entsorgung so geregelt, dass die Firma Terrag die Bewirtschaftung der Hölschberg-Deponie vom Saarpfalz-Kreis übernommen hat. Dorthin wird der Grünschnitt der Blieskasteler Bürgerinnen und Bürger geliefert.

Nun aber müssen die Gebühren erneut überprüft werden. Zur Erinnerung: Weil man bezüglich der Mengen und des Aufkommens vom Grünschnitt noch nicht über Erfahrungswerte verfügte, führte man in Blieskastel eine so genannte Flatrate ein. Darauf hatte sich der Stadtrat nach längeren Beratungen verständigt. Private Entsorger kauften sich bei der Stadt sozusagen einen Ausweis, mit dem sie ziemlich unbegrenzt Grünschnitt auf der Deponie bei Biesingen entsorgen konnten.

Diese Flatrate ist juristisch zumindest umstritten, sowohl Rainer Schöndorf vom Bauamt wie auch die Juristin Lisa Becker, auch erste Beigeordnete, standen und stehen dieser Flatrate-Lösung skeptisch gegenüber. Wie dem auch sei, nach längeren Diskussionen hatte sich der Stadtrat für die Flatrate entschieden. Man nahm an, dass auf einem „normal großen“ Grundstück im Jahr etwa fünf Kubikmeter Grünschnitt anfallen würden.

Die Firma Terrag, die die Grünschnitt-Deponie bewirtschaftet, erhält für ihre Arbeit 4,50 Euro pro Kubikmeter. Mit weiter anfallenden Kosten rechnete der Stadtrat damals in einem Umfang von rund zehn Euro pro Kubikmeter Grünschnitt. Die Grundlage zur Berechnung der Kosten sind neben dem örtlichen Anteil für das Sammeln des Grüngutes auf Gemeindeebene (hier die Firma Terrag) auch noch die überörtlichen Gebühren, die der EVS den Kommunen im Rahmen der Verwertung des Grünschnitts in Rechnung stellt. Und da zum Januar 2020 noch weitere Kommunen dazugekommen sind, die bisher den Grünschnitt noch nicht an den EVS abgeliefert haben, werden die Kosten des Entsorgungsverbandes sehr wahrscheinlich noch einmal steigen.

Bisher konnte man davon ausgehen, dass bei einer Flatrate von 50 Euro hätte wirtschaftlich und so auch kostendeckend abgerechnet werden können. Aber dann kamen die Realität um die Ecke und der damit verbundene Missbrauch der gut gemeinten Flatrate: Es waren im Jahr 2019 insgesamt 459 Flatrate-Lizenzen ausgegeben worden. Dabei haben nahezu 100 Flatratekarten-Inhaber über 20 Kubikmeter Grünschnitt angeliefert. Wir erinnern uns: Man war von fünf Kubikmetern ausgegangen. Insgesamt 35 Jahreskarten-Inhaber lieferten über 30 Kubikmeter an, weitere elf Faltratekarten-Inhaber hatten über das Jahr sogar mehr als 50 Kubikmeter angeliefert. Und der „unangefochtene Spitzenreiter“, so exakt steht es in der Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung, hatte es gar über das Jahr auf rund 150 Kubikmeter Grünschnitt gebracht.

Nun läge es nahe, gegen diesen Missbrauch juristisch vorzugehen, was sich aber in der Praxis als ziemlich schwierig erweisen dürfte, da die Menge nicht exakt definiert worden war.

Durch den Missbrauch entstand ein Defizit für die Stadt (und damit für den Steuerzahler) von rund 45 000 Euro. Deshalb mussten nun zum Jahresanfang die „Benutzungs- und Gebührensatzung für die Grüngutannahme der Stadt Blieskastel“, wie es im Amtsdeutsch heißt, dahingegen geändert werden, dass die Flatrate-Regelung nun zunächst ausgesetzt wird. Würde die bisherige Regelung nicht geändert, „hätte das zur Folge, dass bereits im Januar 2020 mit dem Erwerb einer Jahreskarte bereits die ersten Defizite für das Jahr 2020 eingefahren werden können“, heißt es in der Begründung der Verwaltung. Für 2020 waren somit Vorkehrungen zu treffen, die einen Missbrauch und seine finanziellen Folgen verhindern.

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